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OL-KolumneWas sagt Ida … zur Etikette ?

REGION. „Gutes Benehmen hat noch gar niemandem geschadet“, schreibt unsere Brauchtums-Kolumnistin Ida Lautenschläger – und erklärt, warum sie dabei an die Diskussion über das Alsfelder Industriegebiet „Weißer Weg“ denken muss.

 „Unser Charakter ergibt sich aus unserem Benehmen.“
Aristoteles

Es herrscht die verbreitete Meinung, dass man sich gut und aufrichtig benehmen soll, um seinem Gegenüber Respekt und Anerkennung zu schenken. Das ist richtig. Doch viel wichtiger und sinnvoller ist ein gutes Benehmen für sich selbst. An dieser Stelle rate ich jedem immer erst bei sich anzufangen. Verändert man sich, verändert sich die ganze Welt. Es gibt gewisse Regeln des Anstandes, auf die ich gerne eingehe. Aber vorab die Frage, warum es eigentlich so wichtig ist, dass wir gut und anständig miteinander umgehen.

Ist es nicht gleichgültig, wie wir etwas sagen oder tun? Warum soll an eine Anweisung ein „bitte“ angehangen werden, wenn sich an deren Inhalt nichts ändert? Ganz klar brauchen wir Menschen die Benimm-Regeln, damit ein geregeltes Zusammenleben untereinander ermöglicht wird. Denn die individuelle Freiheit des Menschen hat dort seine Grenzen, wo er die individuelle Freiheit eines anderen Menschen beeinträchtigt. Die Freiheit ist also keineswegs grenzenlos, sondern sie ist stark eingeschränkt allein durch die Anwesenheit anderer Menschen. Soll also das Miteinander nicht im Chaos und Aggressionen münden, bedarf es der Rücksichtnahme und eben gewisser Benimm-Regeln.

Wenn man weiß, wie man sich gut benimmt, dann kann man unglaublich punkten. Zum einen im Privatleben, weil Menschen, die sich gut benehmen, sehr sympathisch und anziehend sind und zum anderen im Berufsleben, weil es eine Grundlage für den Erfolg ist. Man sollte allerdings nicht diesen Trugschluss unterliegen, dass gutes Benehmen im Verspeisen von Austern oder einer richtigen Vorstellung seiner Person ausmacht, das reicht nicht. Viel wichtiger als vorgeschriebene Umgangsformen, die man per se auswendig lernen und nachahmen kann, ist eine echte Grundhaltung zu entwickeln, die Klasse und Stil widerspiegelt. Das sind zum einen Tugenden und Verhaltensweisen, die man in der Kinderstube kennengelernt hat oder mit dem Fluss des Lebens.

Gelassenheit, Rücksicht, Taktgefühl

Eine echte Grundhaltung machen einige Mosaiksteinchen aus. Zum einen die Gelassenheit: Es gibt zahlreiche Gründe, um sich aufzuregen und auf diesem Wege sein gutes Benehmen zu verlieren. Man kann und soll sogar zum Ausdruck bringen, was einem nicht passt, aber auf eine beherrschte und souveräne Art und Weise.

Zum anderen die Rücksicht: Gerade in der Pandemie hat sicherlich der eine oder andere entweder eine rücksichtsvolle oder rücksichtslose Verhaltensweise kennengelernt. Dabei kann jeder von uns sich genauestens umschauen, die egoistische Sichtweise beiseitelegen und sich fragen, was den Mitmenschen um einen herum guttun würde.

Ein wichtiges Wesensmerkmal für ein gutes Benehmens ist ein gutes Taktgefühl zu besitzen. Ein sensibles Gespür dafür entwickeln, um zu wissen, wann man etwas sagt oder es sich vielleicht doch verkneift. Wann man wie handelt, ohne sein Gegenüber zu brüskieren oder zu beschämen, mit etwas Fingerspitzengefühl und einem diplomatischem Geschick ein einfühlsames Verhalten entwickeln.

Wenn ich lese, wie der Bürgerdialog zum Industriegebiet „Am weißen Weg“ teilweise chaotisch ausartete, dann lässt mich das schon nachdenklich werden. Die Menschheit weiß es oft gar nicht zu schätzen, dass hier eine Initiative geboten wurde, um sich auf Augenhöhe Informationen auszutauschen, Ideen zu sammeln und konstruktive Kritik anzubringen – ganz im demokratischen Sinne. Dabei ist sowohl bei Veranstaltungen dieser Art als auch im Social-Media-Bereich Etikette gefragt, denn gutes Benehmen hat noch gar niemandem geschadet.

Ida Lautenschläger, Jahrgang 1985, gebürtig aus Kasachstan, kam mit ihrer Familie als Aussiedlerdeutsche nach Deutschland und ist in Alsfeld heimisch geworden. Ihre Lieblingsbeschäftigung neben der Betreuung ihrer zwei Kinder: Steuerrecht sowie das Nachsinnen über Sprichwörter und Brauchtum.

2 Gedanken zu “Was sagt Ida … zur Etikette ?

  1. Der Charakter ergibt sich aus dem Benehmen? So ein Unfug! Aus dem Benehmen kann man vielleicht auf den Charakter schließen, wenn man zufällige oder situative Aspekte mal heraus rechnet. Aber er e-r-g-i-b-t sich durch ganz andere Faktoren, die man unter „Sozialisation“ zusammenfasst. Und sogar genetische „Veranlagungen“ dürften eine gewisse Rolle spielen, wenn man dieses auch lange nicht wahrhaben wollte. Warum lügt Putin wie gedruckt und verbreitet Zerrbilder der Wirklichkeit, die aber bei 81% der russischen Bevölkerung auf fruchtbaren Boden fallen? Woher kommt das Streben dieses Spargeltarzans, kleptokratischer Beherrscher eines russischen Großreichs zu sein? Und woher kommt das Bedürfnis seiner Anhänger, von einem „starken“ Autokraten regiert zu werden? Mangelndes Fingerspitzengefühl?

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  2. Hallo Frau Lautenschläger…

    Ich weiß nicht wo sie die Informationen her haben zu dem Bürgerdialog bezüglich Industriegebiet Weiser Weg….
    Ich selbst war an diesem Abend da zu diesem besagten Bürgerdialog…..
    Und ich kann nur sagen …
    Chaos….war da nicht….alles lief ruhig und sachlich ab…
    OL ….hat da maßlos übertrieben in ihrer Berichtserstattung….. LG und ihnen einen schönen Abend…und bevor man einfach los schreibt ….. besser vorbereiten…

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