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Gute Platzierung der Klinik bei „Deutschlands Beste“Alsfelder KKH schmückt sich mit Studie, die Fragen aufwirft

ALSFELD (jal). Das Alsfelder Kreiskrankenhaus verweist stolz auf eine Online-Studie, bei der es gut abgeschnitten hat. Doch bei genauem Hinsehen können Fragen darüber aufkommen, wie aussagekräftig die Untersuchung tatsächlich ist. Eine Verbraucherschützerin rät zur Vorsicht.

„Vor ein paar Tagen landete eine Mail im Postfach von Ingo Breitmeier, der Inhalt: Eine Gratulation zur Marke ‚Kreiskrankenhaus Alsfeld’ und ein Auszug mit den relevanten Seiten der Studie ‚Deutschlands Beste’. Darin findet der Krankenhaus-Geschäftsführer Zahlen, die mehr als erfreulich sind. Alle Krankenhäuser, die mindestens 60 Punkte erreicht haben, werden als ‚Deutschlands Beste‘ ausgezeichnet – das haben von knapp 2.000 Krankenhäusern nur 159 geschafft. ‚Und wir sind mit 74,6 Punkten auf einem hervorragenden Platz 28, das ist ein fantastisches Ergebnis, das mich wahnsinnig freut!’“

So beginnt eine Pressemitteilung, die der Vogelsbergkreis vor kurzem an die Medien in der Region verschickt hat. Wenn das heimische Krankenhaus gut bei einer Studie abgeschnitten hat, ist das auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Doch wie bei jeder Untersuchung sollte man sich auch hierbei fragen, wie die Studie zustande gekommen ist, wer sie aus welchen Gründen und mit welcher Datengrundlage erstellt hat. Und genau da wird es etwas komplizierter.

Hinter der Studie „Deutschlands Beste“ und der dazugehörigen Marke Deutschlandtest steckt der Burda-Verlag, der auch das Magazin Focus und Focus-Money herausgibt. Der Verlag macht kein Geheimnis daraus, dass er mit dem Entwickeln von Tests und dem Lizenzverkauf dazugehöriger Siegel gutes Geld verdient. Auf die Frage, welches Geschäftsfeld ihm am meisten Freude bereite, antwortete BurdaNews-Chef Burkhard Graßmann in einem Interview: „Das ist unser gesamtes Siegelgeschäft von Focus und Deutschlandtest. Wir testen Produkte und Dienstleistungen und die Unternehmen dürfen mit den unabhängigen Siegeln werben, wenn sie uns dafür eine Lizenzgebühr zahlen. Damit erreichen wir inzwischen einen zweistelligen Millionenumsatz mit wunderbaren Renditen.“

Der Verlag sieht sich mitunter dem Vorwurf ausgesetzt, aufgrund des Gewinnstrebens die Tests so zu designen, dass möglichst viele Kategorien mit möglichst vielen potenziellen Gewinnern entstehen, die dann ermuntert werden, die Werbelizenz für die Auszeichnung zu kaufen. Von abstrusen Ranglisten sprechen manche Beobachter. Vor Kurzem berichtete das ARD-Magazin Plusminus über einen Fall, in dem ein Arzt als empfohlener Herzchirurg in seiner Region ausgezeichnet wurde. Das Problem: Der Mediziner hatte zwar mal als Herzspezialist gearbeitet, ist seit 14 Jahren aber als Hausarzt tätig. Dem Bericht nach wurde er dennoch als Herzchirurg ausgezeichnet – und zwar aus dem einfachen Grund, weil er der einzige Spezialist in diesem Gebiet in seinem Landkreis war. Für 1900 Euro im Jahr hätte er mit der Empfehlung werben dürfen.

Auch die Methodik hinter dem Test, in dem das Kreiskrankenhaus gut abgeschnitten hat, kann Fragen aufwerfen. Denn offenbar basiert der Test im Kern auf der Auswertung von frei zugänglichen Internettexten. Vereinfacht formuliert haben die Macher der Studie sich offenbar Internetseiten angeschaut, die sich zum Beispiel aufgrund der Endung .de Deutschland zuordnen lassen. Eine Künstliche Intelligenz soll anschließend ausgewertet haben, wie oft sich eine Marke in dem durch eine Suchanfrage erstellten Datensatz finden lässt – und wie viel Prozent der Erwähnungen positiv, negativ oder neutral sind. Erfasst wurden dabei auch „mehrere Millionen Social-Media-Beiträge“, heißt es auf der Homepage des Tests. Je höher der Anteil der positiven Nennungen im Vergleich zu den negativen, desto besser schnitt die Marke in dem Ranking ab. 20.000 Unternehmen und Marken sollen so untersucht worden sein.

Nicht erfasst bei der Auswertung wurden der Homepage nach jedoch Artikel bei Online-Zeitungen, die hinter einer Bezahlschranke stehen. Daraus kann sich ein Problem ergeben. Denn für Zeitungen mit Abo-Modell, die vielleicht investigativ über Missstände in einem Krankenhaus berichten, ist es gerade lukrativ, genau für diesen aufwändigen Text Geld zu verlangen. Solche Recherchen sind nämlich mitunter teuer und zudem ein Aushängeschild, mit dem es sich gut zahlungswillige Leser an sich binden lässt. Der Abo-Zugang verhindert jedoch, dass der kritische Text in die Onlineauswertung mit einfließt. Pressemitteilungen, in denen Kliniken oder andere Unternehmen gerne positiv über sich selbst berichten, finden sich hingegen oft an verschiedenen Stellen frei verfügbar im Netz, weil sie an viele unterschiedliche Empfänger versendet werden. Sie hinter eine Bezahlschranke zu stellen ergibt wenig Sinn.

Geprüft im Sinne eines Qualitätstests wurde offensichtlich nichts.Christiane Köber, Verbraucherschützerin

Christiane Köber ist Juristin und arbeitet bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main. Sie hat sich bereits in der Vergangenheit mit den Siegel-Geschäften des Burda-Verlags kritisch auseinandergesetzt und kommt auch in dem oben erwähnen ARD-Beitrag zu Wort. Von Oberhessen-live zum Testergebnis des Alsfelder Kreiskrankenhauses gefragt, sagt Köber: „Ob der ‚Test’ seriös und belastbar ist und wissenschaftlichen Anforderungen standhält, kann ich Ihnen mangels entsprechender Fach- und Sachkenntnis nicht sagen. Die Datenerhebung rechtfertigt aber nach meiner Auffassung weder die Bezeichnung ‚Deutschlands Beste’ noch ‚Test’ noch ‚auf dem Prüfstand‘. Geprüft im Sinne eines Qualitätstests wurde offensichtlich nichts. Es mag sein, dass die Unternehmen bei der Auswertung von Kundenstimmen gut abgeschnitten haben, das macht sie aber nicht zu den ‚Besten’, denn damit wird ja auch eine qualitative Komponente suggeriert.“

Zur Methodik des Tests sagt Köber weiter: „Wie ‚belastbar’ Bewertungen im Internet sind, wissen wir alle. Hinzu kommt das […] Problem, dass Texte hinter Bezahlschranken offensichtlich nicht erfasst werden.“

Danach gefragt, ob sie es für eine gute Idee hält, dass ein Krankenhaus unreflektiert mit seiner Nennung in dem Test wirbt, antwortet die Verbraucherschützerin: „Nein, ich hielte es für keine gute Idee, wenn ein Unternehmen mit ‚Das Beste‘ wirbt, denn das erweckt den Eindruck, es handele sich um das Ergebnis eines Qualitätstests.“

Burda verweist auf renommierte Fachleute

Der Burda-Verlag betont hingegen die Integrität seiner Tests. Auf der dazugehörigen Homepage ist zu lesen: „Unterstützt wird Deutschland Test von renommierten Fachleuten, Forschungseinrichtungen, Instituten und Medien. Die vielfach erprobten Verfahren basieren auf klaren und nachvollziehbaren Kriterien, die auf dieser Internet-Seite veröffentlicht werden.“

Und was sagt der Kreis dazu? In ihrer Pressemitteilung erwähnt die Behörde zwar, dass der Test durch die Auswertung von Internettexten zustande gekommen ist. Eine kritische Einordnung fehlt jedoch. Stattdessen verweist die Pressestelle darauf, dass Mitte Oktober „ein Focus-Sonderheft mit ausführlicher Berichterstattung zum größten Marken-Test Deutschlands“ erscheint. Außerdem wird KKH-Chef Breitmeier mit folgenden Worten zitiert: „ […] unsere gute Platzierung zeigt, dass Menschen online deutlich positiv geschrieben und bewertet haben. Für mich zeigt das, dass sich unsere Patientinnen und Patienten gut behandelt fühlen, ob vom Pflegepersonal oder den Ärzten. Das macht es so bedeutsam: Hier geht es nicht wie in den meisten anderen Krankenhaus-Rankings darum, ob das neueste Modell eines Computertomografen zur Verfügung steht oder ob das Haus alle denkbaren Fachabteilungen vorhält. Es geht um das persönliche Empfinden, hier gut aufgehoben und versorgt zu sein.“

Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Ingo Breitmeier schaut sich die Studie an.Foto: Gaby Richter

Doch wie verhält sich der Kreis gegenüber der nun vorgebrachten Kritik? In die Umfrage sind wie oben beschrieben unter anderem etliche Online-Kommentare eingeflossen. Immer wieder gibt es Berichte über die Manipulierbarkeit solcher Bewertungen. Mit Influencern gibt es mittlerweile sogar Menschen, deren Beruf es ist, für Geld positiv über eine Marke im Netz zu sprechen. Gefälschte, automatisierte Profile in sozialen Netzwerken, so genannte Social Bots, sind ein weiteres mögliches Problem. Sie können dafür eingesetzt werden, Meinungen und Debatten zu beeinflussen – theoretisch auch über Thematiken der Krankenversorgung.

Die Kreispressestelle schreibt dazu: „Uns liegen keine konkreten Informationen darüber vor, dass die Äußerungen von Kunden über Krankenhäuser – und hier speziell über das Kreiskrankenhaus Alsfeld –  durch Social Bots oder käufliche Influencer manipuliert worden wären. Fakt ist jedoch, dass die bisher im Focus veröffentlichten Krankenhaus-Rankings auf regen öffentlichen Wiederhall gestoßen sind.“ Ähnlich argumentieren auch Vertreter anderer Kliniken in dem ARD-Beitrag. Kunden würden gezielt nach ausgezeichneten Krankenhäusern suchen, heißt es da als Begründung, warum die Einrichtungen mit den Siegeln werben.

Der Kreis verteidigt sich dieser Linie entsprechend weiter, indem er schreibt: „Viele Unternehmen – auch Krankenhäuser – die in den Rankings gut abschneiden, nehmen die Platzierungen sogar in ihrem Briefkopf auf und werben offensiv damit. Es lässt sich aus der Tatsache, dass mit solchen Rankings/Siegeln Geld verdient wird, nicht automatisch ableiten, dass die Methoden zur Erstellung solcher Rankings unseriös sind.“

Danach gefragt, ob der Kreis seine Pressemitteilung über die Studie erneut in dieser Form senden würde, heißt es schließlich in der Mail an OL: „Für uns war die Darstellung der Systematik plausibel und nachvollziehbar, deshalb würden wir unsere Pressemeldung auch genauso wieder veröffentlichen. Wir haben mit keinem Wort behauptet, es handele sich um das ‚Ergebnis eines Qualitätstestes‘, sondern wir haben die Methodik dieser im Übrigen wissenschaftlich begleiteten Studie in unserer Pressemitteilung beschrieben – darauf weist offenbar auch die von Ihnen zitierte Anwältin hin.“

Die Fragen, ob das Kreiskrankenhaus in den vergangenen drei Jahren Geld für ein Siegel aus dem Hause Burda ausgegeben und ob der Verlag dem Kreis auch eine Lizenz für das Werben mit dem aktuellen Testergebnis angeboten hat – und wenn ja, zu welchem Preis – ließ die Pressestelle in Lauterbach unbeantwortet.

10 Gedanken zu “Alsfelder KKH schmückt sich mit Studie, die Fragen aufwirft

  1. Dieses KKH sollte Mann ganz genau beobachten, „mehr Schein als Sein“ ist der Verdacht.

  2. Sehr gute Recherche und kostenloser Zugang zu den Artikeln. OL macht sehr gute Arbeit. Weiter so.

  3. …eine von mir selbst in Auftrag gegebene und auch gleich selbst verfasste Studie eindrucksvoll bestätigt, wurde ich soeben unter Millionen Usern als Anwärter auf einen von zehn Gutscheinen für ein Freilos bei der Rubbeldikatz-Rubbel-Lotterie ausgezeichnet. Vielleicht kann mir OL („Finde Dein Ding“) einen Rat geben, für welches kommunale Spitzenamt mich das qualifiziert. Ergänzend möchte ich noch mitteilen, dass sich Rubbeldikatz-Rubbellose unter Rubbellos-Freunden einer steigenden Beliebtheit erfreuen. Fakt ist zudem, dass die bisher im WWW veröffentlichten Beglückwünschungen von Verlosungsteilnehmern, die zur Teilnahme an der jeweiligen Verlosung durch den jeweiligen Verlosungsveranstalter ungefragt und rein zufällig (wenn man mal das unerforschliche Schicksal außer Acht lässt!) ausgewählt wurden, auf regen öffentlichen Wiederhall gestoßen sind und zukünftig prognostisch auf noch größeren Widerhall (schreibt man übrigens ohne „ie“!) stoßen werden.

  4. Lob für „OL“! Gegen Lüge und Schönfärberei sowie die Kumpanei zwischen Wirtschaft und Politik hilft nur schonungslose Aufklärung. Es geht den „Eliten“ doch nur noch darum, die Bevölkerung ruhig zu halten, indem man sie planmäßig über den Zustand des Gesundheitswesens, des Bildungswesens, der Pflege, der Jugendämter, des Trinkwassers usw., usw. desinformiert. Der Missstand ist heute der Normalzustand, in dem man sich von Legislatur zu Legislatur häuslich einrichtet. Die Aufgabe der staatlichen Kontrolle hat längst der Verbraucherschutz übernommen, der natürlich gegen die Macht der Konzerne nicht ankommt, während Politik und Wirtschaft über ihre „Pressestellen“ nur noch potemkinsche Dörfer „imaginieren“. Ein alter Zeitungsartikel von 2012 (https://www.giessener-allgemeine.de/vogelsbergkreis/eine-gute-zukunft-alten-vulkan-12088095.html) zeigt bereits, worin der „Plan“ bestand: Mit ein paar hunderttausend Euro Fördermitteln Party machen (Tanz auf dem Vulkan) und eine „gute Zukunft“ in den Himmel zu malen. Motto: Die Stimmung ist besser als die Lage. Und bevor der Schwindel auffliegt, startet auch schon das nächste Förderprogramm. Die „neuen Wege“, die man zu gehen versprach, bestanden mangels kommunalpolitischer Kompetenz statt in der Entwicklung zukunftsweisender Konzepte in Gamer-Software mit virtuellem Feuerwerk. Piff, paff, puff.

    1. wenn man einen Landrat wählt, der beruflich bei der voll verschnarchten Telekom sozialisiert wurde (Hast du Breitband am Schuh / kommt noch Vectoring dazu!), und dazu noch einen ehemaligen Richter als kostenpflichtigen Ersten Kreisbeigeordneten (halbe Stelle hätte eigentlich genügt), der außer der seinem Berufsstand nachgesagten Weltfremdheit (siehe https://www.zeit.de/1969/20/sind-juristen-weltfremd) und einem die Vermutung bestätigenden Gesichtsausdruck nur wenig Ehrgeiz mitbringt, sich in komplexe Sachgebiete einzuarbeiten. Man hält die Füße still und lässt die Hunde schlafen. Grübel, grübel und studier… kaufen wir ne falsche Studie oder fälschen wir die Statistik gleich hier?
      Nur Innen- und Heimatmuseum, äh -minister Horst Seehofer, auch nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte, sieht vor dem Hintergrund dieses Politikstils und wachsender Ungeduld des Bürgers Ungemach aus der Gamer-Szene dräuen. Zu Recht, wie man hier sieht: https://www.youtube.com/watch?v=KC-l2Ve7v84

    2. Am besten kriegt jeder erst mal ein „Sehr gut“. Das motiviert. Und wer die ungeklärten Todesfälle besonders sorgfältig dokumentiert, statt sie lediglich zu vertuschen, bekommt noch ein Fleißsternchen für gute, ehrliche Arbeit obendrauf. Und gibt es denn eine bessere Informationsquelle für die Qualität von Kliniken als ihre Hausprospekte? Man muss an sich selber glauben, dann kann man alles erreichen. Siehe http://www.vogelsberg.de! Die Welt will betrogen sein. Da ändern auch ein paar lächerliche Verbraucherschützer nichts dran, deren Miesmacherei nicht ohne Grund mit geringstmöglichen staatlichen Zuschüssen „gefördert“ werden. Ohnehin wird der Verbraucherschutz wie ein ungeliebter Wechselbalg mal dem einen und mal dem anderen Ministerium untergeschoben derzeit Bundesministerium für Justiz, in Hessen Kultusministerium). Wo die Justiz und alle sonstigen prüfenden und kontrollierenden Instanzen unter akutem Personalmangel ächzen und ihre Arbeit zur Freude aller nordhessischen Ekelwurstfabrikanten, Familienclans und Steuerhinterzieher weitgehend eingestellt haben, müssen Qualitätskontrollen eben privatisiert werden. Da kommen kostenpflichtige „Prüf-Siegel“ doch gerade recht. Nix geprüft und dann alles versiegelt.

  5. Bisher hieß es doch immer, daß das KKH nicht kostendeckend arbeitet. Sollten wir tatsächlich ein überdurchschnittlich gutes Krankenhaus im Kreis besitzen, würden sich dort auch gut zahlende Privatpatienten (auch aus dem Ausland) einfinden. Das ist augenscheinlich aber nicht der Fall. Gut sein und immer nur Defizite produzieren schließt sich aus. Außer, man ist ein sehr schlechter Geschäftsmann.

  6. „Für uns war die Darstellung der Systematik plausibel und nachvollziehbar, deshalb würden wir unsere Pressemeldung auch genauso wieder veröffentlichen.“
    Ja, werter Herr Auel, was soll er denn sagen, dieser Landkreis, der sich für 13.000 Euro LEADER-Fördermittel eine von Viertsemestern erarbeitete Jubel-„Studie“ der Hochschule Fulda kaufte, deren Validität auf Interviews mit ganzen vier Vogels-Bürgern (zwei von Demenz Betroffene und zwei Angehörige) zum Thema „Gutes Leben mit Demenz im Vogelsbergkreis“ basierte. Gegenstand der Befragung war ein Angebot zur Tagesbetreuung, das einmal in der Woche für zwei Stunden stattfand.
    Am Goldhelg steht ein Vogelhaus / Da schauen die komischsten Vögel raus… Keiner von denen heißt Donald Trump. Aber sie sind nicht weniger verlogene Tatsachenfälscher. Und dann auch noch dreist wie Sau!

    1. In Wirklichkeit war es ja noch schlimmer! Insgesamt drei Projekte unter der Überschrift „Gutes Leben mit Demenz im Vogelsbergkreis“ wurden angeblich in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda durchgeführt. Man ließ die Studierenden (4. Semester) zweier Studienjahrgänge zunächst zwei Semester lang einen vollkommen wertlosen Ratgeber verfassen, der Ratsuchende statt zu den Einrichtungen der Daseinsvorsorge (die es gar nicht gab!) im wesentlichen auf irgendwelche Webseiten verlinkte, in denen sich irgendwelche Kreisbediensteten über die Anforderungen ausließen, die an Einrichtungen zu stellen wären, wenn sie im Landkreis denn existiert hätten. Einzige Informationsquelle hierbei: Die Kreisverwaltung. Da das ganze zwei Semester dauerte, machte man daraus „zwei Projekte“, die es aber gar nicht gab (siehe https://www.vogelsbergkreis.de/kreisverwaltung/presse/ansicht.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=5049&cHash=44e507c4bdc182fec74f98a91ef82f8e). Urteil des Landrats: „Ein Ratgeber für Angehörige und Personen mit Demenz, den es im Vogelsberg in dieser Art noch nicht gab“. In der Tat. Immerhin formulierte die studentische Projektgruppe auf der Grundlage von einschlägiger Fachliteratur folgende Empfehlungen an den Vogelsbergkreis: „Innovative Wohnformen auf Realisierbarkeit prüfen, fortlaufende Schulung von Pflegefachkräften bezüglich Demenz, Ergänzung von spezifischen Assessmentinstrumenten in stationären Einrichtungen, Beratungsangebote zum Thema Demenz erweitern, flächendeckende Telefonberatung anbieten und Case Manager implementieren.“ Umgesetzt wurde davon nichts.
      Im darauffolgenden Semester dann also das bereits angesprochene „Demenz- Forschungsprojekt“, eine groteske Parodie auf die Methodik wissenschaftlicher Untersuchungen. Diesmal schwang sich Gesundheitsdezernent Dr. Mischak zum Laudator auf (https://osthessen-news.de/n11561868/gesundheitsdezernent-mischak-lobt-zusammenarbeit-mit-der-hochschule-fulda.html). Und auch hier setzte es am Ende studentischen „Empfehlungen“, die sich aber merkwürdig eng an dem orientierten, was im Vogelsbergkreis bereits gängige Praxis war. So zum Beispiel,
      „den Ratgeber ‚Gutes Leben mit Demenz‘, der im Land Hessen bereits viel Aufmerksamkeit erzeugt [habe], flächendeckend zu verbreiten [Toll!!!] und ggf. einen weiteren Ratgeber zu erstellen [!!! War der erste also doch nicht so hilfreich!?], der sich auf die Unterstützung von pflegenden Angehörigen im Vogelsbergkreis bezieht [Äh, worauf bezog sich denn dann der erste Ratgeber???]. Ferner regen die angehenden Gesundheitsmanager von der Hochschule Fulda „spezielle[n] Schulungen für bestimmte Berufsgruppen“ an, „die in Kontakt zu Menschen mit Demenz stehen“. Und zuletzt erteilen sie den Rat, „das Ehrenamt und die Nachbarschaftshilfe zu stärken, nicht zuletzt, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten.“ Damit „fordern“ sie genau das, womit sich der Vogelsbergkreis bereits seit Jahren brüstete und seine Stärke sah: Die in einigen Dörfern und Kleinstädten bereits bestehenden Nachbarschaftshilfe-Vereine. Peinlich nur, dass eine – diesmal tatsächlich wissenschaftliche – Studie ihrer eigenen Hochschule unmissverständlich feststellt, dass „Bürgerhilfevereine […] es mittelfristig nicht leisten [können], als Co-Produzenten der Daseinsvorsorge die Kommunen und Landkreise zu entlasten“ (vgl. https://www.sozialbank.de/expertise/publikationen/bfs-trendinfo/03-18/bfs-trendinfo-03-18-03.html). Die doch ach so wertvolle Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda wurde übrigens anschließend beendet. Zu viele Empfehlungen?

      1. Um das gute Leben mit Demenz oder allgemein gesundes Altern im Vogelsbergkreis unter Beweis zu stellen, verweist die Kreisverwaltung gern auf das Bündnis für Familie und die vom Aufgabenfeld Pflege und Gesundheit veranstalteten „Samstage gegen das Vergessen“ (https://www.oberhessen-live.de/2017/05/25/samstage-gegen-das-vergessen-ueber-demenz-informieren/). Diese Veranstaltungsreihe (an zwei Orten pro Jahr!!!) war wohl so ein Knaller, dass man sie 2015 einstellte. Im Februar 2018 startete dann die Neuauflage der Reihe unter dem Titel „Samstage für gesundes Altern“, wobei auf ausdrücklichen Wunsch des Landrats Görig der Schwerpunkt auf demenzielle Erkrankungen zu Gunsten einer allgemeinen Gesundheitsberatung aufgehoben wurde (https://www.oberhessen-live.de/2018/01/30/auftaktsveranstaltung-samstage-fuer-gesundes-altern/). Wenn man nun bejubelt, man habe mit diesem Programm in zehn Jahren 2000 Menschen im Vogelsberg erreicht, so ist dies im Zeitalter digitaler Medien ein absoluter Fliegenschiss. So viel öffentliche Resonanz erreicht ein Youtuber locker in der Viertelstunde! Aber das ist eben Daseinsvorsorge im Vogelsberg. Hadschi Halef Görig zieht mit seiner Karawane durch Vulkanistan, die Vogelsberger schauen zu, wie am Whiteboard (hui, wie modern!) der Edding trocknet. Ehe mal der „Gesundes Altern“-Tross in ihrem Bürgerhaus Station macht, waren der „Circus Salto“, der „Circus Baldoni“ und der „Circus Probst“ bereits zum dritten Mal da.

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