
INTERVIEW mit Wintermärchen-Regisseurin Johanna MildnerWas vier Tiere lehren und Jugendliche auf der Bühne lernen
ALSFELD (-) Das Märchen von den vier Stadtmusikanten ist der Stoff, den die Alsfelder Marktspielgruppe im Dezember beim Wintermärchen auf die Bühne bringt. Vier öffentliche Aufführungen sind geplant: am 14., 21., 27. und 28. Dezember in der Stadthalle. Das Märchen weicht etwas vom üblichen Stoff ab. Die Regisseurin Johanna Mildner gibt dem OL-Mitarbeiter Axel Pries Einblicke: über die Botschaft der Geschichte und Hintergründe der Marktspielgruppe.
Das Wintermärchen weicht ein bisschen vom bekannten Schema ab. Es geht um Tiere. Warum habt ihr das gewählt?
Wir wollten mal ein Tiermärchen auf die Bühne bringen. Das hatten wir tatsächlich auch schon einmal vor ein paar Jahren. Denn der gestiefelte Kater gilt ja auch als Tiermärchen. Aber etwas mit vier Tieren als Protagonisten hatten wir wirklich noch nicht. Wir haben uns mit der Geschichte beschäftigt: Warum heißen die vier Tiere Bremer Stadtmusikanten? Warum machen sie das, warum wollen sie Musiker werden? Und warum stehen die übereinander? Ich dachte immer: na, ja, ein Märchen über Tiere, die nach Bremen ziehen. Aber dann habe ich mir das noch einmal genauer durchgelesen und gedacht: Was hat es für ein tolles Thema! Da geht es um das Leben im Alter. Was passiert, wenn wir älter werden und unsere Arbeit nicht mehr so tun können wie früher? Aber auch wenn wir nicht mehr ganz so fit sind, ist das Leben doch immer noch lebenswert. Darum geht es bei den Bremer Stadtmusikanten. Die entscheiden halt: Wenn wir nicht aufpassen, landen wir beim Schlachter. Wir müssen etwas tun, wir büchsen aus, halten zusammen und werden Musiker.
Also: Man muss etwas tun, wenn man etwas verändern will.
Ja! Man muss nicht nur wollen, dass sich etwas verändert, man muss auch den Mut haben, etwas zu verändern. Letztlich ist Veränderung im Leben so wichtig, aber viele Menschen scheuen sich vor Veränderung.
Wenn du Tiere auf die Bühne bringst, musst du ja auch entsprechende Kostüme haben. Sind die noch aufwendiger als man es von früheren Aufführungen kennt?
Das haben wir im Team besprochen, also auch mit unserer Kostümbildnerin Ruth Henkel. Und wir waren uns einig, dass wir keine Ganzkörperkostüme haben wollen, Wir wollen die Tiere schon ein Stück vermenschlicht haben. So, dass man sie wirklich als Menschen wahrnimmt. Aber natürlich hat der Esel Eselsohren, und natürlich hat die Katze ein schönes Fell. Ein Hund ist auch dabei, und wir haben einen Hahn, der natürlich Federn hat. Aber es sind nur wenige Elemente, mit denen wir die Tiere zum Leben erwecken. Die Kinder im Publikum haben ja so viel Fantasie, da braucht es keine perfekte Kostümierung. Die Tiere haben ihre Charakteristik, und die wird erkennbar.
Wird das unterstützt von Musik?
Ja, genau! Der Dirk Lindemann komponiert wieder unsere Musik, und zum Teil wird auch etwas gesungen. Unsere Schauspieler sind natürlich keine wirklichen Sänger, und das passt sogar ganz gut. Denn die Stadtmusikanten, die Tiere, die können ja auch nicht wirklich musizieren, sie wollen ja nur Musik machen. Das kommt den Schauspielern entgegen. Was sie singen, muss nicht wirklich gut klingen. Der Dirk hat eine tolle Musik komponiert, diesmal auch mit Anleihen bei der Countrymusik. Das kann ich schonmal verraten. Unsere Räuberbande überfällt im Wald halt Leute und bestiehlt sie. Da war mal eine Countryband dabei, von der sie sich Instrumente geklaut haben.
Zwölf Darsteller hast du auf der Bühne. Ist es schwierig, immer wieder Nachwuchs an Darstellern zu finden?
Es kommt immer wieder jemand nach. Im Moment haben wir mit Mädchen mehr Glück als mit Jungs, aber jahrelang hatten wir auch Jungs-Überschuss. Es hält sich insgesamt also die Waage. Ich hoffe, dass auch mal wieder mehr Jungs kommen, das erleichtert die Rollenverteilung. Aber bei den Jugendlichen lässt der Mut manchmal mit dem Alter von 15 oder 16 Jahren auch etwas nach, auf die Bühne zu gehen. Das muss man wollen, vor Publikum zu spielen – erst Recht, Tiere zu spielen.
Das Schauspiel bei dir ist doch aber sicherlich auch etwas, dass die jungen Darsteller in ihrer Person voranbringt. Oder? Es gibt doch auch in der Schule das Fach Darstellendes Spiel.
Ja, das stimmt, wobei das Darstellende Spiel in der Schule noch anders angegangen wird. Was die jungen Leute auf der Bühne für Erfahrungen sammeln, ist schon gut für die Selbstsicherheit. Was sie über die Jahre an Erfahrungen auf der Bühne sammeln, das nehmen Sie mit in ihr Leben, ihren Alltag, später das Berufsleben. Ich sehe es auch so, dass das Bühnenspiel die Jugendlichen stärkt.
Die Jenny Wagner ist seit Jahren an deiner Seite dabei und unterstützt dich. Ist es denkbar, dass du als ausgebildete und erfahrene Schauspielerin auch mal selbst mit einer kleinen Rolle auf der Bühne stehst? So wie der Hitchcock in seinen Filmen auch immer mal selbst aufgetreten ist?
Also… man soll ja nie nie sagen. Aber ich bin ja immer beschäftigt, ich bin die Spielleitung, irgendwer muss ja gucken, dass alles läuft während der Vorstellung. Wenn ich gleichzeitig noch spiele… das könnte ich ja vielleicht auch mal machen… sagen wir mal so: Irgendwann wird es mal soweit sein. Vielleicht. (Lacht)
Eine Frage musst du aber unbedingt noch beantworten: Wie kriegt ihr im Stück den berühmten Turm der Stadtmusikanten hin, der heute noch ein Bremen auf dem Marktplatz zu finden ist? Dass die vier Tiere übereinander gestapelt sind?
Da ist natürlich ein bisschen Bühnenzauber im Spiel, Tricks die wir hier jetzt nicht verraten wollen. Tatsächlich haben wir uns auch ein bisschen in Akrobatik ausgebildet und überlegt: Was geht an akrobatischen Figuren, ohne dass wir Angst um Leib und Leben haben müssen? Ein bisschen was geht damit, und der Rest sind Tricks. Mal schauen, ob die Leute glauben, dass die Tiere übereinander stehen. Man darf gespannt sein.
Tickets im Vorverkauf
Tickets für die Aufführungen sind bereits im Vorverkauf im Buchladen „Lesenswert“, dem städtischen Onlineshop und jeder Eventim-Verkaufsstelle erhältlich.


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