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Theatergruppe der Evangelischen Christusgemeinde Schlitzerland überzeugt mit Agatha-Christie-Klassiker„Mord im Orientexpress“ begeistert in Schlitz

SCHLITZ (ol). Vier ausverkaufte Aufführungen im Hahnekiez: Mit Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ stellte die Theatergruppe der Evangelischen Christusgemeinde Schlitzerland ihr Können erneut eindrucksvoll unter Beweis. Unter der Regie von André Niemann präsentierte das Ensemble eine detailreiche Inszenierung mit eindrucksvollen Kostümen, Bühnenbildern und Licht- und Toneffekten. Neben großem Applaus nahm das Publikum vor allem eine Frage mit nach Hause: Was ist eigentlich gerecht – und kann Rache jemals Gerechtigkeit sein?

Gleich viermal ausverkauftes Haus hatte am vergangenen Wochenende die Theatergruppe der Evangelischen Christusgemeinde Schlitzerland im Hahnekiez. Unter der Leitung von André Niemann hatten sie sich in diesem Jahr einen Krimi vorgenommen – einen, der es in sich hat und das Publikum mit einer bedeutenden Frage zurückließ: „Was ist eigentlich gerecht?“

Das Ensemble hatte sich des Agatha-Christie-Klassikers „Mord im Orient-Express“ angenommen und mit viel Kreativität, wunderbaren Kostümen, gut ausgewählten Accessoires, Ton- und Lichteffekten sowie einem wandelbaren Bühnenbild die perfekte Kulisse geschaffen, auf die sich das Publikum vom ersten Moment an einlassen konnte, so heißt es in der Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats Vogelsberg. Schon die Auftaktszene der Theater-Bearbeitung von Ken Ludwig entführte die Zuschauer in das bunte Treiben des Hotel Istanbul. Hier wurden die ersten Charaktere vorgestellt – mittendrin natürlich der Meisterdetektiv Hercule Poirot – und von hier startete der legendäre Zug seine geplante Fahrt nach Calais.

Wie man weiß, wurde sie von einer Schneewehe in der Nähe des Ortes Vinkovci unterbrochen, und nicht nur davon: Der Mord an dem von Anfang an sehr unsympathischen Amerikaner Samuel Ratchett steht im Mittelpunkt der Handlung. Hercule Poirot sieht sich einer sehr verwirrenden Spurenlage gegenüber. Die Reisenden, eine bunt zusammengewürfelte Truppe aus verschiedenen Ländern, geben sich gegenseitig Alibis, doch was sie verbindet, findet der Meisterdetektiv erst im Lauf der Ermittlungen heraus. Einig sind sich alle, dass sie einen Unbekannten mit einer Schaffner-Uniform gesehen haben – der jedoch in dem eingeschneiten Zug unauffindbar bleibt.

Früh wird klar, dass Samuel Ratchett nicht der war, für den er sich ausgab. Als Mafioso Bruno Cassetti hatte er vor einigen Jahren die kleine Daisy Armstrong entführt und umgebracht – eine tragische Geschichte, die später noch viele Menschen in Daisys Umfeld das Leben kostete. Verurteilt werden konnten er dafür aus verschiedenen Gründen nicht. Am Ende des Stücks erfahren die Zuschauer, dass alle Reisenden außer Poirot und Madame Bouc, die Chefin des Orient Express, den Mord an Samuel Ratchett gemeinsam begangen haben. Sie alle hatten persönliche Beziehungen zu Menschen im Umfeld der ermordeten Daisy – auch zu Menschen, die in Folge der Bluttat starben. Was sie eint, ist das Misstrauen in die Justiz, nachdem Bruno Cassetti einfach untertauchen und mit falschem Namen ein neues Leben konnte. Ihre Rache rechtfertigen sie mit diesem Justizversagen.

Hercule Poirot kann sich dem natürlich nicht anschließen: Er ist ein Mann des Gesetzes. Dennoch fühlt er mit den Betroffenen, die im Showdown ihre Beweggründe und Schmerzen vor dem Detektiv ausbreiten. Schließlich entscheidet Madame Bouc, welche Version des Verbrechens an die Polizei geleitet werden soll: Einzelner Verbrecher oder konzertierte Gruppenaktion? Hercule Poirot folgt ihrem Vorschlag: Die Polizei wird auf die Fährte des nichtexistierenden Einzeltäters gesetzt und am Ende sind alle frei – nur das Publikum nicht. Denn der Sprecher – in Gestalt des Bahnwärters – entlässt sie mit der Frage: „Hat Hercule Poirot richtig gehandelt?“ Diese Frage passt zu einem Stück einer Kirchengemeinde: Was ist Recht, was ist gerecht? Kann Rache gerecht sein? Soll man sich dem Unrecht ergeben?

Mit viel Spielfreude und Liebe zu kleinen und großen Details sowie kleinen Witzen – wie den Beschilderungen der Asservate, wie man sie aus heutigen Krimis kennt – spielten sich die Akteure auch in dieser Saison wieder in die Herzen der Zuschauer. Stellvertretend für alle Mitwirkenden, die an ihren jeweiligen Plätzen allesamt glänzten, seien hier Achim Prütz und Ute Gutermuth-Jörns genannt, die als Hercule Poirot und Madam Bouc mit französischem Akzent gekonnt den Überblick behalten, sowie Caroline Jöckel, die mit ihrer Präsenz die Rolle der Drahtzieherin im Gewand einer etwas unterbelichteten Amerikanerin perfekt darbot und viel Lachen und Staunen auf ihrer Seite hatte – nicht zuletzt für eine herausragende Tanzeinlage.

Auch die anderen Akteure – Maike Habermehl, Luca Heil, Ruben Prütz, Reiner Riek, Kerstin Metzendorf, Maren Dietz, Thomas Schmidt, Nina Schmidt, Karla Lips, Jan Lips, André Niemann und David Köckeritz – machten ihre Sache sehr gut: Die Rollen waren ausnahmslos gut besetzt und die Chemie in der Gruppe stimmte so gut, dass der Funke zum Publikum direkt übersprang.

Mit „Mord im Orientexpress“ ging die Erfolgsgeschichte der Schlitzer Theaternächte weiter. Das Publikum wusste dies zu schätzen, spendete reichhaltig Applaus und wird sich schon auf die Saison 2026 freuen.

Fotos: Traudi Schlitt

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