Die Zitterpartie in der Ernte ging gut aus, sagt der Vogelsberger Kreislandwirt. Aber:Preise unter denen der Achtziger setzen den Landwirten zu
VOGELSBERGKREIS – Die Ernte forderte Vogelsberger Landwirten in diesem Jahr wieder Geduld und starke Nerven ab. Doch letztlich sprechen am Ende Experten von einem insgesamt guten Ergebnis. Wenn da nicht die Sache mit den Preis wäre. Denn deutsche Betriebe bekommen mittlerweile für das Hauptgetreide Weizen einen geringeren Preis als in den achtziger Jahren. Ihnen bleibt nur: noch besser werden oder aufgeben.
Erst lange Trockenheit und Hitze, dann rechtzeitig, aber zu lange Regen – und in letzter Sekunde doch noch genügend trockenes Wetter: So lässt sich das Auf und Ab der Ernte in diesem Jahr zusammenfassen. Das Ergebnis sorgte beim Deutschen Bauernverband denn auch für gemischte Gefühle: Die Menge stimmt wieder nach dem ertragsärmeren Jahr 2024. Aber die Qualität fiel regional sehr unterschiedlich aus.
43,5 Millionen Tonnen Getreide geerntet
So kamen nach Angaben des Bauernverbandes beim Winterweizen in Deutschland 21,7 Millionen Tonnen (2024: 17,8 Mio.) zusammen. Die Wintergerste erbrachte 9,3 Millionen Tonnen (2024: 8,9 Mio.). Auch Roggen, Hafer und Triticale legen zu. Mit erwarteten 43,5 Millionen Tonnen liegt die Gesamterntemenge deutlich über den schlechten Ergebnissen des Vorjahres (2024: 39 Mio. Tonnen).
Vogelsberg besser dran als die Wetterau
Wie sehr die Qualität aber regional schwankte, zeigt sich schon im Vogelsberg im Vergleich zum Wetteraukreis, erklärt der Kreislandwirt Andreas Kornmann. Er spricht von guten Erträgen bei Weizen, Gerste und Raps. Der Regen, der die Weizenernte anfangs begleitete, machte es aber aber spannend: Es konnte tage- und wochenlang nicht geerntet werden, und manche Partien drohten bereits auszuwachsen, was die Qualität verschlechtert oder die Pflanze ganz verdirbt.
Frühere Reife bewirkte mehr Qualitätsverlust
Im Wetteraukreis etwa, wo durch eine frühere Reife meist eher geerntet wird, habe der Regen sich stärker ausgewirkt, was dazu führte, dass mehr Weizen, der eigentlich als Backweizen gesäht worden war, nur noch als Futterweizen taugte – der noch weniger einbringt. Die um Wochen spätere Weizenernte im Vogelsberg war vom Regen weniger betroffen. „Die meisten Flächen waren qualitativ gut“, sagt der Landwirt, der in Zell einen modernen Betrieb unterhält.
Sorgen bereitet ihm aber auch die Preisentwicklung, wenngleich er sich den Katastrophen-Szenarien nicht anschließen will, die nach der Ernte deutschlandweit verbreitet wurden: dass Landwirtschaft nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sei. „Ich bin von Beruf Optimist“, sagt Andreas Kornmann.
180 Euro pro Tonne: weniger als in den 80ern
Klar sei aber: Ein Preis von 180 Euro pro Tonne Brotweizen stelle neue Anforderungen an ihn und die Berufskollegen. Ein Vergleich mit den den 1980er Jahren verdeutlicht das Problem: Damals bekamen Landwirte für die Tonne Weißen noch 220 bis 250 Euro, derweil die Kosten sich seither mehr als verdoppelten. Diesel kostete damals zum Beispiel nur rund 35 Cent pro Liter. „Das geht nur mit einer weiteren Wirtschaftlichkeitssteigerung“, erklärt Andreas Kornmann, wie es bei dieser Entwicklung weitergehen kann. Heißt: Landwirte müssen noch mehr technisieren, effektiver werden. „Die Luft wird immer dünner.“
Wer kann, lagert das neue Getreide erst einmal ein, um es zu einem späteren Zeitpunkt in der Hoffnung auf höhere Preise zu verkaufen – eine Praxis, die seit den achtziger Jahren ich immer mehr verbreitet ist. Mancher werde durch den Druck aber auch den Betrieb aufgeben.
Er sieht übrigens Landwirte noch in einer anderen Rolle in Deutschland. Dass dessen Produkte nicht wesentlich teurer werden, habe auf die Kaufkraft der Menschen einen positiven Effekt: „Wir stellen die Inflationsbremse.“ Wenn Brot und Brötchen teurer werden, liege nicht nicht am Grundbestandteil, aus dem sie gemacht werden.
von Axel Pries
Schreibe einen Kommentar
Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.
Einloggen Anonym kommentieren