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In Texten der KreisverwaltungAfD-Antrag zum Verzicht auf Gendersprache abgelehnt

VOGELSBERG (akr). Die einen machen es, die anderen nicht: Das Gendern. In einem Antrag forderte die AfD-Kreistagsfraktion nun, in den Texten der Kreisverwaltung auf „grammatikalisch-falsche Gendersprache“ zu verzichten. Grünen Chef Udo Ornik sah das Problem nicht im Gendern, sondern bei der AfD, die mit ihren „völkischen Begriffen aus dem Nationalsozialismus“ Hass und Hetze verbreiten würde.

„Behördentexte der Kreisverwaltung des Vogelsbergkreises sind ab sofort lesefreundlicher und bürgernäher zu verfassen. In sämtlichen Mitteilungen, Dokumenten, Vordrucken, amtlichen Schreiben sowie im Internetauftritt wird künftig auf grammatikalisch falsche Gender-Sprache (Gendersternchen, Genderdoppelpunkt, Binnen-| usw.) verzichtet“ – das sollte der Kreistag beschließen, wenn es nach der AfD ginge.

Anstelle von Gendersprache soll „den Regeln der deutschen Grammatik und der amtlichen Rechtschreibung entsprechend“ die weibliche und männliche Form verwendet werden. Außerdem werde die Verwaltung sich künftig einer einfachen und leicht verständlichen Sprache und Schriftform bedienen. Auf die unnötige Verwendung von Fremdwörtern oder Fachbegriffen soll laut AfD verzichtet werden.

Pascal Schleich von der AfD begründete den Antrag. „Ob an der Universität, in der Schule, am Arbeitsplatz oder zuhause vor dem Fernseher, die Bürger Deutschlands sind vor dem Gendern nirgendswo mehr sicher“, betonte er. Eine Umfrage hätte ergeben, dass zwei Drittel der Menschen die Gendersprache ablehnen würden. Darüber hinaus ging Schleich darauf ein, dass Deutsch im Allgemeinen eine Sprache ist, die „unglaublich schwierig“ zu erlernen sei. Durch das Gendern würde man den Deutschlernen ein „weiteres Bein“ stellen. „Wir sagen es deutlich. Es ist nicht die Aufgabe der Verwaltung, den Menschen vorzuschreiben, wie zu zu sprechen und schreiben haben“, sagte Schleich.

„Statt weitere Hürden zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Verwaltung und Politik aufzubauen, sollten wir uns dafür einsetzen, dass alle ein und die selbe Sprache sprechen“, heißt es in der schriftlichen Begründung des Antrags. Insbesondere auf die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern, vor allem bei Anreden oder Berufsbezeichnungen, sollte geachtet werden, so die AfD-Fraktion. Menschen mit Migrationshintergrund, um deren, so die AfD, Integration wir uns bemühen, sollten nicht an einer „unverständlichen Behördensprache“ scheitern.

Cornelia Bothe von den Grünen betonte, dass Sprache nichts statisches sei, sondern beständig im Wandel. So habe das Wort „Weib“ früher einfach Frau bedeutet, heute habe es eher eine abwertende Bedeutung. Anders als manche Mitmenschen hätte der Rat der deutschen Rechtschreibung verstanden, dass es nicht seine Aufgabe sei, die deutsche Sprache so zu bewahren, wie sie ist, sondern es sei seine Aufgabe die Entwicklung der Sprache zu beobachten und gegebenenfalls auf Veränderung mit einer Neugestaltung von Regeln zu reagieren.

„Sprachlicher Wandel bildet den gesellschaftlichen Wandel ab“, betonte Bothe. Man solle den Menschen und den Behörden die Freiheit gönnen, sich weiterzuentwickeln. „Sparen wir uns hier so untaugliche kleinkarierte Vorschriften.“ Es gebe im Kreistag keinen Bedarf einen solchen Beschluss zu fassen, denn das, was die AfD ablehne, das sei hier in der Verwaltung gar nicht vorgeschrieben, weshalb man eine solche Vorschrift auch nicht abschaffen müsse.

Auch Grünen-Chef Udo Ornik meldete sich zu Wort. Seiner Meinung nach würde die AfD aus dem Gendern wieder mal ein Problem mache und sie so tun, als müsste der Kreis das unbedingt lösen. Das Problem sei, so Ornik, aber nicht die Gendersprache. Er mache sich Sorgen, was die AfD für sprachliche Konstrukte eingeführt habe und wo sie sozusagen im Bundestag Hass und Hetze verbreiten würde, sie völkische Begriffe aus dem Nationalsozialismus verwende und damit Politik machen wolle. „Wenn sie wirklich Angst um unsere Sprache haben, dann hören sie auf mit dem Hass und der Hetze“, betonte Ornik, ehe der Antrag mit zwölf Ja und 38 Nein-Stimmen abgelehnt wurde.

5 Gedanken zu “AfD-Antrag zum Verzicht auf Gendersprache abgelehnt

  1. Damit in unserem Land niemand durch Sprache diskriminiert wird, sollte die bisherige Regelung beibehalten werden:

    Stellenangebote müssen geschlechtsneutral ausgeschrieben werden. Deshalb der Zusatz (m,w,d). Wird beispielsweise auf das d verzichtet, könnte ein Bewerber einen entsprechenden Betrag wegen Diskriminierung einklagen.

    Wenn also in einem Text von Ärzt*innen die Rede ist, dann werden also männliche und weibliche Personen angesprochen. Ärzte mit diversem Geschlecht werden damit eindeutig ausgeschlossen.

    Wenn hingegen in der bisherigen Form mit generalisiertem Maskulin von „Ärzten“ die Rede war, dann war und ist jedem klar, dass es nicht um das Geschlecht der Person, sondern um dessen Beruf ging bzw. geht.

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  2. Es ist echt eine Crux. Das Gendern artet zum heftigen Glaubenskrieg aus und es scheint nur noch Schwarz-Weiß-Denken in dieser Sache vorzuherrschen. Linke politische Strömungen wollen mit dem Gebrauch und dem Aufzwingen dieser Sprachmode auf die Gesellschaft ihre Progressivität beweisen und die AfD hat etwas dagegen weil es vom politischen Feind kommt. Abgesehen davon hat die AfD eindeutig sexistische und frauenfeindliche Einstellungen. Den braunen Brüdern geht’s natürlich nicht um die Bewahrung der deutschen Sprache, sondern das Thema dient dann nur zur, mehr oder minder unverblümten Meinungsmache, um ihr vorsintliches Frauenbild zementiert zu sehen.

    Aber um es eindeutig auszusprechen: Ich hasse das Gendern. Dies sage ich ganz unverblümt. Doch wer für die Beibehaltung der Sprachkultur stimmt und spricht, ist nicht automatisch ein Anhänger der rechtsextremen AfD. Als Sprachästhet und Liebhaber eines schönen Schreibstils, bekomme ich halt immer Pickel im Gesicht, wenn ich gegenderte Sätze lese oder höre.

    Genauso wie ich nur noch mit dem Kopfschütteln kann, über den inflationären Gebrauch von Anglizismen, wenn sich hieraus kein Kommunikationsvorteil ergibt, sondern teilweise das Verständnis sogar unnötig erschwert wird, nur um seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe angeberhaft damit herauszustreichen. Die schlimmste Form stellt’s dann dar, wenn englische Wörter erfunden („Handy“) oder Begriffe wie „Public Viewing“ (in England „öffentliche Aufbahrung“) im Deutschen falsch benutzt werden.

    Persönlich habe ich mich sehr intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt, weil ich die deutsche Sprache sehr liebe, nun aber gezwungen werde, mich ständig den Auswüchsen diese Modetrends ausgesetzt zu sehen. Zum Beispiel grenzt es doch schon gelinde gesagt an Unverschämtheit, wenn öffentlich-rechtliche Sender meinen pädagogisch tätig werden zu müssen und der deutlichen Mehrheit der Menschen – die übrigens diese Sender finanzieren – einen Sprachstil aufzudiktieren, die diesen aber ablehnt.

    Es gibt aber wirklich sinnvolle Lösungsansätze, um das Schwarz-Weiß-Denken zu durchbrechen.

    Ein sehr gutes Beispiel liefert Alicia Joe. Hier wird die Problematik beschrieben, die ein konsequentes Gendern mit sich bringen würde, aber auch einen interessanten Lösungsvorschlag, der einen Sprachgebrauch fördern könnte, der inklusiver ist.

    https://www.youtube.com/watch?v=aZaBzeVbLnQ&t=1312s

    In diesem Zusammenhang gleichfalls sehenswert:

    https://www.youtube.com/watch?v=UYFClfQALxM

    Quintessenz: Wir schaffen die geschlechtsspezifischen Benennungen ab und sprechen z.B. nur noch vom Lehrer, vom Bäcker usw. aber benutzen keine weibliche Form mehr. Durch die alleinige Benutzung nur einer Form, wird daraus keine Geschlechtsabgrenzung mehr bewirkt (so wie im Englischen). Es gibt dann am Ende schlicht keine Vorstellung mehr, welches Geschlecht der Lehrer hat. Und niemand muss sich diskriminiert fühlen.

    Also, ich für meinen Teil warte sehnsüchstig drauf, dass im Sprachgebrauch endlich Vernunft einkehrt und die bisherige Genderei verschwindet.
    Noch etwas sehnsüchtiger warte ich sogar darauf, dass sich endlich die AfD wieder im politischen Nirwana auflöst und nur noch eine unangenehme Erinnerung wird.

    Befreit Euch vom Lagerdenken: Es kann beides abgelehnt werden, das Gendern – und – die AfD. Das ist kein Widerspruch.

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    1. Sehr gelungener Beitrag.

      #StopWar
      #StopAfD
      #StopVerschandeln unserer Sprache

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    2. Mir sind noch ein paar Anmerkungen wichtig, die ich zu meinem obigen Startkommentar ergänzend geben wollte.

      Auch mein ursprünglicher Kommentar, den ich gestern Nacht im schlaftrunkenem Zustand geschrieben hatte, enthält Flüchtigkeits- und Tippfehler, (die dabei falsch gesetzten Kommata verschenke ich öffentlich und gebe sie zur sinnvollen Weiterverwendung frei ;-)
      Dies nur als prophylaktischer Hinweis für mögliche Kommentatoren, die sich möglicherweise „Futter“ suchen, um laut zu rufen „Du kannst ja selbst kein Deutsch“. Ich habe tatsächlich solch blöde Diskussionen erlebt, in denen vom Gendern begeisterte Menschen mit solchem Kram kommen, um berechtige Kritik abzuweisen. So alles nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.
      Auf diesem Niveau möchte ich aber nicht diskutieren, das wäre mir zu kindisch.

      Wichtiger ist jedoch der Hinweis, dass mir natürlich klar und bewusst ist, dass es schon immer Sprachwandel gab und geben wird. Der große Unterschied zum aktuellen Thema besteht aber darin, wie es in diesem Punkt geschieht. Eine mehr oder minder große gesellschaftliche Gruppierung, die in der – Minderheit! ist, versucht wirklich mit unverblümten Druck, in den Auswirkungen extreme und massive Sprachänderungen hervorzurufen, die jeden von uns betreffen. Sprachwandel geschieht natürlicherweise fließend und entwickelt sich automatisch, ohne großen moralischen Zensor. Da werden mal Benennungen ausgetauscht, Formulierungen angepasst, Worte verschwinden oder werden neu kreiert, usw. aber in verdaubarem Maß und … – aber auch wieder zurückgenommen, wenn es untauglich erscheint oder gar das Sprachverständnis verschlechtert.
      Doch hier führt der verständliche Wunsch, Diskriminierungen zu vermindern, dazu, dass man weit übers Ziel hinausschießt und die deutsche Sprache zum Kollateralschaden eines Glaubenskrieges wird.

      Und das Allerwichtigste zuletzt:

      Der Hinweis von Udo Ornik in der Kreistagssitzung ist absolut richtig und ein sehr wichtiger Hinweis. Die Verrohung der Sprache in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen, die durch die AfD massiv befeuert wird, ist nicht nur ärgerlich, sondern gefährlich und muss daher bekämpft werden. Wer Begriffe wie „Umvolkung“, „Lügenpresse“, „Journaille“, „völkisch“ benutzt, oder, wie es Höcke tut, von „tausend Jahren Deutschland“ schwadroniert, sollte sich nicht als Sprachbewahrer darstellen.
      Die Vertreter der AfD betreiben bewusst sprachliche Provokationen, die dazu dienen sollen, eines Tages Begriffe wieder „sagen zu dürfen“, die in unserer demokratischen Gesellschaft nichts zu suchen haben.
      Wie war das noch mit dem Sprichwort „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“?

      Wer die AfD als wahren Bewahrer der deutschen Sprache ansieht, kann auch einen Zuhälter als Security-Kraft vor eine Mädchenschule stellen, das hat genau die gleiche Qualität.

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    3. Ich bin auch prinzipiell gegen das gendern, weil es die deutsche Sprache unnötig schwer macht. Denkt doch nur mal an die Menschen die deutsch lernen. Gendern ist der absolute Schwachsinn.
      Bevor einer fragt: Ich bin gegen Gendern und bin bei einer relativ linken Partei im Vogelsbergkreis im Vorstand aktiv.

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