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Geschichtsunterricht am Computer: Assassins Creed macht's möglichIn die Welt des antiken Griechenlands eintauchen und Geschichte erleben

ALSFELD (ol). In immer mehr Bereichen unseres Lebens spürt man die Digitalisierung und die Einbindung digitaler Medien in den Alltag. Warum sollte das nicht auch an den Schulen passieren? Die Schüler könnten in virtueller Realität durch längst vergangene Zeiten reisen. Jörn Sündermann von der Presse-AG der Albert-Schweitzer-Schule hat einen Beitrag über virtuellen Geschichtsunterricht am Alsfelder Gymnasium verfasst.

Zu diesem Thema hat Kai Ruffing, Professor für Alte Geschichte an der Universität Kassel, vor wenigen Tagen einen Vortrag an der Albert-Schweitzer-Schule gehalten, dem das Spiel „Assassin’s Creed Odyssey“ zugrunde lag. Dieser Vortrag fand im Rahmen der Fachkonferenz Geschichte statt, heißt es in einer Pressemeldung der Schule.

„Assassin’s Creed Odyssey“ ist ein Computerspiel, das von der Firma Ubisoft programmiert wurde und in dem antiken Griechenland spielt. Doch „Assassin’s Creed Odyssey“ ist nicht das erste Geschichts-Computerspiel von Ubisoft. Das Action-Adventure-Computerspiel ist bereits der elfte Teil aus der Assassin’s Creed-Serie, bei der jeder der elf Teile eine andere Geschichtsepoche behandelt. Dabei erzählt jedes Spiel eine fiktive Geschichte, die den jeweiligen historischen Hintergrund als Setting nutzt. In Schulen wird die „Discovery-Tour“-Version des Spiels verwendet.

Geschichts-Computerspiele bereits in den 90er Jahren

Ruffing eröffnete seine Präsentation mit der Tatsache, dass es bereits in den 90er Jahren Geschichts-Computerspiele gab. Auch für Archäologen waren Computerspiele dabei. Dennoch waren in den Animationen die Gebäude, wie zum Beispiel das Pantheon, nur weiß dargestellt. Natürlich waren die Gebäude damals in der Wirklichkeit keinesfalls nur weiß.

Diese Sehgewohnheiten wurden mit dem Spiel „Assassin’s Creed Odyssey“ gebrochen. Man kann jetzt das Pantheon in seiner Farbvielfalt sehen sowie Statuen, die man in der Realität lange nicht mehr hat bewundern können. Außerdem erstrahlen nicht nur die Gebäude in Farbe, sondern die Straßen wirken belebt. Zum Beispiel laufen Menschen über den Markt oder gehen einer Tätigkeit nach. Zusätzlich ist das Spiel so detailgetreu, dass man auf dem Markt verschiedene Handwerke erkennen kann.

Ruffing sagte bei seinem Vortrag, dass, wenn man schon einmal in Rom gewesen sei, man keinen Spielkarten-Stadtplan in dem Computerspiel brauche. So genau seien die Straßen nachgebaut worden. Dennoch muss der Spieler nicht den ganzen Weg in dem Spiel laufen, da die Verhältnisse zu der realen Welt geändert wurden, damit der virtuelle Mensch schneller an seinem Ziel ist. Sollten einem die Wege trotzdem noch zu lange sein, kann man auch die Schnellreise-Funktion benutzen, wobei man auf der Karte den Ziel-Punkt auswählt und man sich nach einer Animation an dem gewünschten Ort befindet.

Vielleicht kennt man in den sozialen Medien „Let´s-Player“, denen man beim Spielen eines Computer-Spiels zuschauen kann. Dies gibt es auch von Assassin’s Creed Odyssey. An der Universität Kassel, so berichtete Ruffing, bekamen die Studierenden allerdings während des Lernens zu Hause aufgrund der Corona-Pandemie den Auftrag, ein „Let´s Analyze“, also eine Analyse, zu erstellen.

Bei dieser Analyse haben die Studenten das Spiel gespielt und verschiedene Themenbereiche analysiert. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden dann in einem selbst erstellten Video zusammengefasst. Teilweise bemerkte man dabei, dass das Spiel mitunter von der historisch akkuraten Wiedergabe abweicht, um eine bessere Spielbarkeit zu erzeugen. Zum Beispiel werden die Höhlen, in denen Rohstoffe abgebaut wurden, waagerecht dargestellt, dabei waren sie in Wirklichkeit enge, senkrechte Tunnel.

Streaming-Plattform als alternative zu guter Hardware

Aufgrund der detailgetreuen Spielwelt von „Assassin’s Creed Odyssey“ braucht man für das Spiel einen Computer mit sehr guten Hardwareeigenschaften, beispielsweise einen schnellen Prozessor, die der Schule nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Daher hat sich das Gymnasium für eine andere Option entschieden: Man spielt nicht mehr über seinen langsamen Computer, sondern über das Internet mit Google Stadia, einer Streaming-Plattform für Spiele. Durch diese neue Möglichkeit ist das Spiel auch mit einem langsamen Computer spielbar.

In Schulen gibt es außerdem nicht das normale Spiel, sondern die „Discovery-Tour“-Version. Die Discovery Tour ist eine Art historisches Museum in Form einer Spielwelt, bei der auf die Action-Abschnitte des Spiels verzichtet wird. Sie wurde in Kooperation mit Historikern erstellt und umfasst eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten, zum Beispiel in Form von geführten Touren zu verschiedenen Themen wie Mythologie, Alltag oder Politik.

Bei der Discovery-Tour kann man nicht nur die Antike erkunden. Bei Ubisoft findet man auch noch weitere Discovery-Touren wie „Viking Age“ oder „Das alte Ägypten“; auch für Letzteres hat die Schule bereits eine Lizenz. Die Lehrkraft kann beispielsweise die Schüler herausfinden lassen, wie man am schnellsten von einem Punkt zu einem anderen Punkt in der Antike gekommen sein könnte. Außerdem können die Schüler auswählen, für welchen Themenbereich sie sich am meisten interessieren (beispielsweise der Bereich Musik und Theater).

Freie Plätze für interessierte

Für interessierte Schüler ab der neunten Klasse gibt es an der Albert-Schweitzer-Schule außerdem die Möglichkeit, sich in eine Arbeitsgemeinschaft einzuwählen, in der man die Discovery-Version von Assassin’s Creed Odyssey erkundet. Angeboten wird die AG von den Fachlehrern Florian Meister, Andreas Scheuermann und Christian Magold.

Die AG hat zwei Ziele, die sehr konkret sind: Zum einen soll sie herausfinden, was Schüler mithilfe der Discovery Tour über Geschichte lernen können. Zum anderen soll sie die Authentizität der Discovery Tour untersuchen und beurteilen, was gut umgesetzt wurde und wie groß die Abweichungen zwischen Fakt und Fiktion sind. Die abschließende Evaluation der Arbeitsergebnisse erfolgt wahlweise über ein Review Video oder eine abschließende Diskussion in einem Podcast.

Vielleicht wird es in Zukunft immer mehr digitale Unterrichtsmaterialien geben, mit denen Schüler unterschiedliche virtuelle Welten erkunden können. Die AG hat übrigens noch Plätze frei, und interessierte Schüler sind zum Schnuppern eingeladen.

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