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Diskussions- und Informationsveranstaltung der Linken Vogelsberg zu geplanten Gewerbegebieten„Es ist eine Sache der Klimagerechtigkeit“

LAUTERBACH (tsz). Wie kann man sich für die ländliche Region einsetzen, ohne weitere Flächen zu versiegeln: Zur Diskussion um diese Frage lud die Linke Vogelsbergkreis interessierte Menschen ins Posthotel Johannesberg in Lauterbach ein.

Drei große Gewerbegebiete sind derzeit im Vogelsbergkreis in Planung: Das Gewerbegebiet Reuters in Lauterbach, das Gebiet Am Roten Berg in Homberg Ohm und zuletzt das Gewerbegebiet Weißer Weg in Alsfeld, an dem sich in Zukunft DHL Express ansiedeln soll. Um darüber zu diskutieren, wie man in Zukunft die ländliche Region lebenswert erhalten kann, ohne solche Gebiete auszuweisen oder große Flächen zu versiegeln, lud die Linke Vogelsberg gemeinsam mit der Landesfraktion zu einer Fraktion-Vor-Ort-Veranstaltung ein.

Etwa 30 Personen, darunter auch einige Nicht-Mitglieder der Partei, folgten der Einladung zur Veranstaltung, der außerdem auch der , und Wolfgang Dennhöfer, Sprecher des BUND, folgte.

Moratorium für Flächenverbrauch

„Die nächsten 50 bis 100 Jahre werden für uns sehr wichtig sein“, erklärte Wolfgang Dennhöfer vom BUND, der am Abend als Experte für die Naturentwicklung auftrat. Er selbst hatte eine neunseitige Stellungnahme gegen den Bebauungsplan verfasst, welche von diversen Naturverbänden unterzeichnet wurde.

Er appellierte dabei gegen den „Flächenfraß“, welcher nicht nur wertvolle Böden für die Nahrungsproduktion versiegeln würde, sondern auch die Biodiversität einschränken würde: „Wenn wir Flächen versiegeln, dann müssen wir auch überlegen, wie wir einen Ausgleich schaffen können. Es ist eine Sache der Klimagerechtigkeit“, appellierte Dennhöfer.

Er sprach sich klar für eine Trendwende aus, hin zu einem Null-Wachstum bei der Flächenverdichtung. „Wir müssen jetzt die Bremse einlegen und deswegen fordern wir auch ein Moratorium für den Flächenverbrauch“, stellte Dennhöfer seine Forderung und die des BUND dar.

Als Vertreter der Bürgerinitiative „Für ein lebenswertes Neu-Eichenberg“ waren außerdem Britta Mallach und Anja Banzhat vor Ort. Die Bügerinitiative schaffte es zuletzt, eine in ihrer Heimatgemeinde Neu-Eichenberg geplante Logistikansiedlung zu verhindern. Aufmerksam auf das Bauprojekt seien die beiden im Jahr 2017 geworden, damals war der Bebauungsplan allerdings schon festgeschrieben und ein Investor für das Grundstück vorhanden. „Wir wussten damals nicht, ob sich das Projekt überhaupt noch verhindern lassen würde, aber wir wollten wenigstens, dass darüber gestritten wird“, erzählten die beiden.

Dietmar Schnell und Wolfgang Dennhöfer während der Veranstaltung. Fotos: tsz

Deswegen habe man langsam angefangen, die Leute auf das Thema aufmerksam zu machen: Mit Nachfragen bei der Gemeinde, Flyern und später auch Bannern. Dann habe der Protest fahrt aufgenommen, mit Demonstrationen und medialer Aufmerksamkeit immer größer geworden.

„Allerdings wurden wir von den Parteien damals nur belächelt und wir wussten, so geht es nicht weiter. Da war dann für uns klar, der nächste Schritt wäre der zivile Ungehorsam“, rekonstruierte Banzhat die Entwicklung. Im Laufe der Zeit kam es sogar zur langfristigen Besetzung der Ackerfläche, bei den anstehenden Wahlen kam es dann zu einem Wechsel der politischen Mehrheit in der Gemeindevertretung. „Aktuell befinden wir uns in dem Prozess, in dem diese Planung aufgelöst wird“, beschrieb sie den aktuellen Zustand. Für die Schilderung der Entwicklung erhielten die beiden starken Beifall und Zustimmung von den Anwesenden interessierten.

Forderung nach radikalem Umdenken

Für Torsten Felstehausen, dem parlamentarischen Geschäftsführer der Linken im hessischen Landtag, ist die Geschichte aus Neu-Eichenberg eine Ermutigung, dass sich das Engagement gegen solche Projekte doch lohnt. „Wir müssen uns überlegen, ob uns dieses Wirtschaften weiterbringt. Wir müssen die Zusammenhänge für uns und die Natur erkennen und umdenken!“, appelliert er. Für ihn sei es wichtig, in Zukunft bekannte Wirtschaftslogiken in Frage zu stellen und den Fokus stärker auf die regionale Wirtschaft zu lenken: „Es muss klar sein – es darf kein Boden mehr versiegelt werden“, betont Felstehausen.

Gleiches forderte auch Jan Schalauske, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag. „Ich finde es mehr als abenteuerlich, dass in Zeiten von Naturkatastrophen immer mehr Flächen versiegelt werden“, erklärte er. Daraus folge laut Schalauske ein Teufelskreis aus Straßenbau und Logistikansiedlung. Daraus würden Machtkämpfe unter den Kommunen um Flächen entstehen. Das Problem sehe Schalauske dabei auch in einer Unterfinanzierung der Gemeinden.

„Was wir jetzt brauchen ist eine bedarfsgerechte Kommunalfinanzierung, mehr Kooperation zwischen den Kommunen und eine qualitative Entwicklung der Standorte, statt einer quantitativen“, fasste er seine Forderungen zusammen.

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