Große Nachfrage nach Schwimmkursen am Alsfelder ErlenbadVom Wunsch, endlich schwimmen zu können
ALSFELD (ls). Viele Kinder konnten durch die Corona-Pandemie und die geschlossenen Schwimmbäder nicht schwimmen lernen. In den Schwimmbädern gibt es lange Wartelisten, auch im Alsfelder Erlenbad. Wie sie jetzt in kurzer Zeit schwimmen lernen, dabei eine Menge Zauberei erleben und warum am Ende nicht das Abzeichen das Wichtigste ist.
„So, auf geht’s“, ruft Waldemar Dullson, voller Vorfreude springen die Kinder auf, schnappen sich ihre bunten Handtücher auf denen Disney-Prinzessinnen und Zeichentrick-Hunde im Polizeikostüm prangen und dribbeln aufgeregt hinter dem erfahren Schwimmtrainer her, vorbei am großen Schwimmerbecken im Freibad, in Richtung Bewegungsbecken im Hallenbad. Dort, und im Schwimmer-Becken des Freibades finden die Intensiv-Schwimmkurse des Erlenbades während der Renovierungsphase statt. Wo es im Winter, also nach der Freibad-Saison, weiter geht steht noch nicht ganz fest.
Es ist der erste von zwei Kursen an diesem Tag. Innerhalb von zehn Tagen sollen die acht Kinder dabei das Schwimmen lernen, eine Woche zuvor hat das Training begonnen. „Die Nachfrage nach Schwimmkursen ist in diesem Jahr enorm groß, dadurch, dass im vergangenen Jahr einige Kurse durch Corona ausgefallen sind. Wir hatten teilweise so lange Wartelisten, dass wir noch viel mehr Kurse anbieten könnten, was allerdings vom Personalschlüssel nicht möglich ist“, erzählt Dullson. Trotzdem wird jede freie Minute mit Schwimmkursen gefüllt.
Acht Kinder sind es, die an diesem Tag das Schwimmen üben. Fotos: ls
Durch die Corona-Pandemie braucht das Erlenbad ohnehin bereits doppelt so viel Personal wie gewöhnlich. Da müssen Abstände im Wasser und auch auf der Liegewiese kontrolliert werden, ganz zu schweigen von den Hygienevorschriften, die umgesetzt werden müssen. „Wir haben alle Hände voll zu tun, freuen uns aber, dass es möglich ist, endlich wieder zu öffnen.“
Kurse bis Mitte September ausgebucht
Was die aufgestauten Wartelisten angeht, habe man gut aufgeholt, erzählt er. Die meisten Anmeldungen aus dem letzten Jahr sind abgearbeitet, die ersten Kurse mit Anmeldungen aus diesem Jahr hätten begonnen. Zu diesem Zeitpunkt sind es 110 Kinder, die für die Seepferdchen-Kurse angemeldet sind, bis Mitte September sind alle Kurse ausgebucht. Für diesen Tag ist es der erste Kurs für Waldemar Dullson, direkt im Anschluss ist der nächste Kurs dran.
„Hier ist das Wasser mit 27 Grad wärmer als im Freibad“, sagt Dullson beim Betreten des Raumes. Es ist wechselhaft bewölkt an diesem Tag, nicht richtig kalt, aber auch nicht richtig sommerlich. Angekommen beim Bewegungsbecken steigt der typische Schwimmbad-Chlor-Geruch in die Nase, es ist warm in dem hellen Raum, dessen große Fensterfronten den Blick auf die angrenzenden Erlen eröffnen.
Das Wasser ist ruhig während der Kinder vor dem Becken rumwuseln und ihre bunten Handtücher ablegen. Ein Junge platscht mit der flachen Hand auf die starre Wasseroberfläche, die kurz darauf Wellen schlägt, der Startschuss für die anderen Kinder, es ihm gleich zu tun. In Wasser springt keines der Kinder; sie wissen, dass sie das nicht dürfen, wenn Waldemar Dullson noch nicht im Wasser ist. Der ist noch damit beschäftigt die Schwimmhilfen bereit zu legen und sich den Fragen und Erzählungen der Kinder zu widmen. Dann wird es endlich nass: Es geht unter die Zauberdusche, zwei Durchgänge für jeden, einen Zauberspruch und ab geht es ins Becken.
Ab geht es unter die Zauberdusche.
Von Zauberei und Schloris
„Ich arbeite viel mit Zauberei, um den Kindern die Angst vor dem Wasser zu nehmen und sie spielerisch daran zu gewöhnen“, sagt Dullson. Neben der Zauberdusche, die die Kinder im übertragenen Sinn wachsen lässt, gibt es da noch die Zauberkissen, die sich nicht nur wie von selbst mit Luft füllen, sondern den Kindern auch noch wie von Zauberhand helfen, über Wasser zu bleiben. „Das sind unsere Schloris“, erklärt der technische Betriebsleiter. Früher wurden häufig Schwimmbretter, Schwimmflügel oder Schwimmscheiben als Hilfen für die Kinder genutzt wurden, in 2017 hat das Erlenbad auf die Schloris umgestellt – Stofflappen, die sich mit Luft füllen und Kissen bilden, die die Kinder über Wasser halten.
Die Schloris seien ein wesentlicher Teil des Schwimmkurses, denn gleich in der ersten Stunde würden die Kinder damit ausgestattet werden – auch wenn es da noch nicht richtig ins Wasser geht. „Das wichtigste ist für mich, dass die Kinder keine Angst vor dem Wasser haben oder eben genau diese Angst spielerisch abbauen“, sagt er. Den klassischen Sprung ins kalte Wasser gebe es bei ihm nicht, die erste Schwimmstunde starte mit der Wassergewöhnung, wobei sich der Schwimmlehrer anschaue, ob und wo Ängste bestehen.
Erstmal werden die Schloris angelegt.
„Ich versuche da schon spielerisch die Berührungsangst abzubauen. Wir sitzen am Rand vom Nicht-Schwimmerbecken und platschen mit den Beinen ins Wasser, dann wird das Gesicht mit Wasser nass gemacht, die Arme und Beine auch. Irgendwann geht es dann ins Wasser rein und mal versucht das Ohr ins Wasser zu halten“, erklärt Dullson. Schritt für Schritt geht es ein Stück weiter, bis die Kinder irgendwann vielleicht auch mit dem Kopf unter Wasser tauchen.
Früh Berührungsängste nehmen
Die meisten Kinder hätten keine Berührungsängste und seien an das Schwimmbad schon gewöhnt, einige könnten sich sogar schon einigermaßen über Wasser halten. Das liege auch daran, weil das Erlenbad schon früh mit Kursen zur Wassergewöhnungen bei Kleinkindern starte, man sie also schon vom Babyschwimmen über die Wassergewöhnung bis hin zum ersten Schwimmkurs begleite, von den erfrischenden Schwimmbadbesuchen im Sommer mal abgesehen. Doch auch die ein oder andere Träne fließt hin und wieder einmal. „Das versuche ich mit Spaß zu lösen und versuche die Kinder zum Lachen zu bringen, meisten funktioniert das sehr gut. Dadurch versuche ich ihr Selbstbewusstsein aufzubauen.“
Spaß darf natürlich beim Schwimmkurs nicht fehlen.
Man hört das Wasser platschen. Die anfänglich noch stille Wasseroberfläche ist einem wilden Durcheinander aus Wellen und Wasserspritzern gewichen als die Kinder fast zeitgleich und auf Kommando ins Wasser gesprungen sind – manche zögerlich, andere mutig mitten rein. Danach geht es wieder aus dem Becken raus und in eine Reihe: Einer nach dem anderen springt vom Beckenrand ins Wasser und schwimmt eine Bahn zum gegenüberliegenden Beckenrand, mal mit Schwimmhilfe, mal ohne.
„Das machst du super, denk daran zu atmen“, ruft Waldemar Dullson einem Mädchen zu, während die ersten Kinder schon drauf und dran sind, tief unterzutauchen und bunte Ringe vom 1.35 Meter tiefen Beckenboden zu holen. Fest presst das Mädchen die Lippen aufeinander, den Kopf weit in den Nacken gelegt, sodass er bis auf das Gesicht komplett vom Wasser umhüllt bleibt. Die klassische Technik beim Brustschwimmen gilt als einfach: Die typische Frosch-Bewegung der Beine und der wasserteilende Armzug, wobei der Kopf nicht zu weit in den Nacken gelegt werden sollte. „Die Technik ist nicht ganz so einfach wie man denkt. Man kann auch dabei einige Fehler machen, die das Schwimmen erschweren“, erklärt de Schwimmlehrer.
Fest werden die Lippen zusammengepresst.
Sicherheit, vor Schwimmtechnik
Dennoch: Für Dullson ist die Sicherheit im Wasser wichtiger, als eine einwandfreie Schwimmtechnik. „Die Technik ist sehr wichtig, aber wichtiger ist, dass die Kinder sicher sind und sich auch ohne Probleme über Wasser halten können, egal ob sie alle Bewegungen akkurat ausführen, das kann man dann noch korrigieren und den Kids beibringen“, sagt Dullson. Mitunter zeige er den Kids deshalb auch, wie sie federleicht und wie durch Zauberei auf dem Wasser schweben können, indem sie sich wie ein Seestern auf den Rücken legen und einfach entspannt treiben lassen. „Wenn du mal nicht mehr kannst, kannst du dich so erholen und eine kurze Pause machen“, erklärt er einem Jungen. Dullson steht dabei hinter den Kindern und stützt den Kopf.
Für ihn zähle beim Seepferdchen-Abzeichen weder Schnelligkeit noch Schwimmstil, sondern vielmehr, dass sich die Kinder über Wasser halten können und keine Berührungsängste haben. „Stil und Technik kommen danach.“
Das Seepferdchen-Abzeichen sieht er deshalb als Motivation und nicht als Belohnung nach der Prüfung. Eine klassische Schwimmprüfung gebe es in seinen Kursen ohnehin nicht. „Es ist nicht so, dass es einen Prüftag gibt, an dem die Kinder dann die Leistung abrufen müssen. Ich reagiere hier individuell. Manche Kinder sind früher so weit, manche brauchen ein bisschen länger. Wenn die Kinder von selbst so weit sind, dann kommen sie und ich schaue mir an, wie sicher sie sich im Wasser bewegen“, sagt Dullson.
Am Ende der Schwimmstunde sind es an diesem Tag drei Kinder, die sich im Wasser beweisen und nach den 25 Metern im Schwimmer-Becken stolz das wohlverdiente orangefarbene Abzeichen in der Hand halten.
Die Freude über das Seepferdchen ist groß.
Die Anforderungen sind dennoch die gleichen: Ein Sprung vom Beckenrand mit anschließendem 25 Meter Schwimmen und das Tauchen nach dem Ring aus dem schultertiefen Wasser. Manche Kinder im Kurs hätten das Abzeichen schon in der ersten Woche erhalten, in den Kurs kommen sie trotzdem, denn dann wird am Stil gefeilt.
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