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Neu(e)Zeit-Modenschau im Güterbahnhof - Geschwister Galfe präsentieren Mode für und aus dem VogelsbergÜber Stil, Atmosphäre, Mode und einen roten Faden

ALSFELD (ls). Als Frank Galfe nach gut einer Stunde, umringt von seinen Models, den Laufsteg betritt, versteht man seine Worte kaum, so laut ist der Applaus. Er hat es wieder einmal geschafft: Über 70 verschiedene Looks hat er auf den Laufsteg gebracht. Ein Rückblick auf einen Abend voller Atmosphäre, Musik, Stil und natürlich Mode. Made im Vogelsberg.

In dem Moment, in dem Monja mit einer schnellen Bewegung den leichten, grau-weiß gestreiften Vorhang zur Seite zieht und mit einem großen, selbstbewussten Schritt aus der Kabine heraustritt, strahlt sie über das ganze Gesicht. „Das ist es!“, sagt Frank Galfe, der vor der Kabine mit verschränkten Armen wartet. Monjas Lächeln hat auch seine Augen erreicht. Er strahlt. „Das wird der Opener“, sagt er leise, ganz für sich. Der Look, der die Modenschau am Samstagabend eröffnen wird.

Monja Möser bei dem Fitting am Donnerstag. Mit diesem Outfit wird sie die Show eröffnen. Alle Fotos: ls/akr

Es ist Donnerstag, später Nachmittag. 17 Uhr. Im Campus….bei Galfe’s in der Alsfelder Schellengasse ist es ruhig – wieder. gerade einmal vor etwa einer halben Stunde hat das letzte Model die Kabine verlassen. Die Spuren sind schon verwischt. Einzig die drei großen Kleiderständer zwischen den dunkelbraunen Regalen verweisen darauf, was sich hier schon die ganze Woche abspielt. Bügel an Bügel hängen bunte Looks aus geblümten Kleidern, dicken Winterjacken, kuschligen Stickteilen gedrängt an den langen Metallstangen. Mit Zetteln versehen, immer drei verschiedene hintereinander. Fast 40 unterschiedliche Outfits sind es, die an den Stangen hängen. Drei sollen an diesem Abend noch dazu kommen.

Das Campus ist schon seit Jahren bekannt für viele anziehende Aktionen und – für eine Stadt wie Alsfeld – immer wieder aufsehenerregende Shows mit Glamourfaktor. Promibesuch inklusive. Da war bereits Modeschöpfer Michael Michalsky etwa, den Galfe 2000 in der Michalsky-Night in Berlin kennenlernte und der 2010 mit einer eigenen Modenschau, einer Pre-Kollektionsvorstellung, nach Alsfeld kam. Oder Guido Maria Kretschmer, dessen Mode Galfe nicht nur verkaufte, sondern auf dessen Unterstützung er zählen kann. Aber auch einige bekannte Musiker und andere Prominenzen zog es in den letzten Jahren in die beschauliche Stadt in die Mitte von Hessen.

Der rote Faden darf nicht fehlen – in Form des Gürtels.

„Wir schauen genau, welche Styles zu welchem Model passen und nehmen uns – wie im richtigen Leben auch – viel Zeit, genau das herauszufinden und auszuprobieren“, plaudert Frank Galfe aus dem Nähkästchen, während er durch seinen Laden geht und durchdacht ein Teil nach dem anderen aus den Regalen zieht. Schon am Dienstag hat das Fitting der Models begonnen – also der Part, in dem Frank Galfe und Andreas Praeg die Looks, die am Samstag auf dem Laufsteg präsentiert werden, auswählen und an den Models testen. Da wird probiert und verworfen, und am Ende wird alles toll aussehen. Und leicht.

Die Idee der Modenschau: Neue Mode in einer neuen Zeit

Meistens, so erzählt er, hat er schon vor dem Fitting eine bestimmte Vorstellung davon, wie es werden soll. Für den letzten Schliff und die vielleicht alles entscheidende Styling-Veränderung ist eine ausgiebige Anprobe trotzdem unerlässlich – wenn er auch seine Gesichter alle kennt. Sie alle kommen aus dem Vogelsberg. Darauf legt Galfe Wert, denn es passt zu der Idee hinter seiner neuen Show, die eine neue Zeit, eine neue Idee und ein altes Handwerk made im Vogelsberg vereinen wird. Und so kommen sie nach und nach alle in den Laden in der Schellengasse und schauen, was der Mode-Experte aus den Kollektionen der Designer für sie ausgesucht hat. So wie die 23-jährige Monja Möser.

Vier verschiedene Look sollen es an diesem Donnerstag für die 23-Jährige sein.

Unbekannt ist sie im Vogelsberg keineswegs, auf den Modenschauen von Frank Galfe hingegen schon. Vor zwei Jahren hat sie es fast geschafft, zur schönsten Frau Deutschlands gekürt zu werden und vor wenigen Wochen stand sie im Finale der Miss Universe Germany. Seit dieser Zeit ist Monja viel im Vogelsberg unterwegs. Sie versucht, ihre Heimat immer mit vollem Herzen zu unterstützen, sagt sie während sie nach nur 20 Minuten bereits hinter dem grau-weiß gestreiften Vorhang in Outfit Nummer zwei schlüpft. Ein Gedanke, den auch Galfe schätzt, versucht er doch bereits seit einigen Jahren etwas für die Region zu tun.

Eine ganze Weile war es recht still um die Campus-Crew, doch das mit gutem Grund: Zwischenzeitlich hat der Modemacher gemeinsam mit seiner Schwester, der Modedesignerin Juliane Galfe, eigene Mode erschaffen. Es sind „Schlüsselstücke“, wie Galfe sie nennt. Teile also, die das Zeug zu langjährigen Basics haben und mit ihrem Styling je nach Kombination in so gut wie jede Situation passen. Nachhaltig ist dieser Ansatz ohnehin, noch nachhaltiger wird er durch den Entstehungsprozess, der zu ziemlich 100 Prozent in und um den Vogelsberg stattgefunden hat.

Viel zu tun für die Schlüsselstück-Premiere

Sie arbeiten mit Stoffen aus der Region, beispielsweise mit Leinen der Schlitzer Leinen-Industrie Driessen oder Brokaten aus Trutzhain, aber teilweise auch mit Ware aus Portugal und Italien. Der Zauber aber entsteht im Atelier im Alten Güterbahnhof, wo Schneidermeisterin Antonia Klitsch die „Schlüsselstücke“ näht.

An dem Ort, an dem der Zauber entsteht, ist es einen Tag vorher ruhig und leer. Die Ruhe vor dem Sturm könnte man sagen. Es ist Freitag, Mittag. 12.15 Uhr. Seit fünf Stunden schon ist Schneidermeisterin in dem Atelier am Güterbahnhof zu Gange – mit sichtbarem Erfolg. In den letzten drei Wochen hat die 22-Jährige allerhand Blazer, Kleider, Hosen, Mäntel und Jacken genäht – 15 verschiedene Teile, in unterschiedlichen Farben und Qualitäten und natürlich in jeglichen Größen.

Schneidermeisterin Antonia Klitsch arbeitet auf Hochtouren: die Schlüsselstücke müssen bis zur Show fertig sein. Foto: ls

Ganz fertig ist sie noch nicht, sagt Antonia, während sie weiter absteckt. „Das wird eine Nachtschicht“, lacht sie. In diesen Tagen ticken die Uhren noch ein wenig schneller in der ohnehin schon pulsierenden Atmosphäre des Bahnhofs. Nicht einmal 24 Stunden hat sie noch, bis die Show beginnt.

Schlichte, klare Schnitte, magische Kombinationen und eine stilvolle Atmosphäre

Samstagabend, 18 Uhr. Während über dem Güterbahnhof langsam die Sonne untergeht, stehen bereits die ersten Gäste vor der Glastür. Eine Stunde noch, dann beginnt der Einlass. Während sich der Platz so langsam mit Leben füllt, ist es in der Halle noch ruhig. Backstage bekommt man davon nichts mit. Hier herrscht Trubel. 21 Models sind es in diesem Jahr, die sich zwischen den Kleiderstangen tummeln und auf den Laufsteg warten. An einer weißen Backsteinwand sitzt Monja im hellen Lichten auf einem Stuhl und wird geschminkt. Ihre langen braunen Haare sind schon zu einer wilden Frisur gesteckt. Seit gut eineinhalb Stunden ist sie bereits da – jetzt fehlt nur noch das Make-Up. Ihre Outfits hängen parat.

Während sie so dasitzt und der kräftige blau-türkis-farbene Lidschatten aufgetragen wird, wird rund herum geföhnt, geschminkt und gestylt. Der Zeitplan ist straff, denn vor den weißen Paletten, die den Backstage-Bereich abschirmen, läuft der Einlass auf Hochtouren. Zwischen vielen bekannten Gesichtern aus Alsfeld, dem Vogelsberg und dem ganzen Land, tummeln sich auch bekannte Gesichter wie Axel Kahn und Alina Wolf, Laurita Spinelli, Patrick Weilbach und Julia und Nina Meise, bekannt als die Werbezwillinge der Pharmamarke Ratiopharm. Aber auch Sänger und DJ Paul Lomax, Sängerin Ela und die preisgekrönte Designerin Anja Gockel sind zwischen den Gästen, die sich mittlerweile einen Platz auf den Stühlen am Laufsteg suchen.

Hinter der Bühne werden die Models für die Show fertig gemacht.

„Es geht um Spaß, ums Treffen, um das Zusammenkommen hier im Vogelsberg“, versucht Frank Galfe seine Gefühle vor der Show zu erklären. Viel Zeit hat er nicht, der Backstagebereich wartet. 15 Minuten sind es nur noch. Seine Shows, so erklärt er, das ist eine Leidenschaft für ihn – und wer sich schon einmal mit Frank Galfe unterhalten hat, der weiß, dass das er damit Recht hat. Galfe brennt für seinen Beruf, hat sich mit seinem ganzen Herzen der Mode und ihrer Welt verschieben.

20.17 Uhr. Sängerin Laurita Spinelli betritt den langen weißen Laufsteg, der durch den alten Güterbahnhof gelegt ist. Die Musik wird laut gedreht und die Gäste werden leise. Die ehemalige ESC-Teilnehmerin singt und leitet damit den Höhepunkt des Abends ein: Die Modenschau, für die so viele Gäste aus Nah und Fern nach Alsfeld gekommen sind. Auftritt Monja. Mit dem glitzernden, dunkellila Kleid von Gast-Designerin Anja Gockel – das Kleid, mit dem sie zwei Tage vorher beim Fitting als erstes aus der Kabine kam – eröffnet sie die Show.

Schlichte, klare Schnitte und magische Kombinationen sind es, deren Ursprung bewusst in Gegensätzen liegen. Sie sorgen für Erdung und Spannung gleichermaßen. Mode in ihrer Ursprungsform. Klassisch und gut tragbar, in Kombinationen, die in den Herbst und Winter begleiten. Von bunten Mustern, über klassische Basic-Teile hin zu schicken Kleidern, kuscheligen Strickjacken und dicken Winterjacken – und darunter: Immer wieder die von Frank Galfe und seiner Schwester Juliane Galfe entworfenen Schlüsselstücke.

Er wollte etwas Neues schaffen, sagt der Modemacher und Lookbauer nach der Show und erklärt damit gleich das Motto seiner „Neu(e)Zeit – echtsaisonmodenschau“. Aber nicht nur etwas Neues, sondern auch etwas, was in die Zeit passt, etwas Echtes – und das zieht sich wie ein roter Faden durch sein Galfes Leben. „Es ist eine Geschichte, die schon lange vorher begonnen hat, nämlich bei unserem Urgroßvater. Er war der Schneider von Stöben“, sagt Galfe.

Frank Galfe bahnt sich nach der Modenschau, umringt von seinen Looks, den Weg über den Laufsteg und erntet viel Applaus.

Ohne es zu wissen, hatten die Geschwister Galfe ihre Liebe für gute Kleidung in den Genen – und das sollte in der Kollektion aufgegriffen werden. Zurück zum Ursprung, zurück zur Nachhaltigkeit und zu ehrlicher, echter Mode.

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