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Wie es zum Kauf der Villa Raab kam – ein Gespräch mit dem Investoren-Ehepaar Tanja und Ralf Bohn„Wir konnten die Villa nicht ihrem Verfall überlassen“

ALSFELD (ls). Als Tanja und Ralf Bohn an einem Sonntag vor über fünf Jahren an der alten Villa Raab in der Altenburger Straße vorbei gejoggt sind, hatten sie noch keine Vorstellung davon, wie sie wohl einst in Prunkzeiten ausgesehen haben mag. Doch genau in diesem Moment traf das Ehepaar eine folgenreiche Entscheidung: die Raab’sche Villa muss vor dem Verfall gerettet werden. Gesagt, getan. Ein Gespräch mit dem Investoren-Ehepaar Bohn.

Tanja Bohn lächelt, als sie den neuen Tagungs- und Veranstaltungsraum im zweiten Stockwerk der Villa betritt und vorsichtig über den warmen Holzboden schreitet, der zum großen Teil von grauem Malerfließ und schweren Kartons verdeckt wird. Während die Sonne vereinzelte Sonnenstrahlen durch die Fenster wirft und die frisch gestrichenen weißen Wände erhellt, blickt sie sich um. 

Tanja Bohn wirkt zufrieden. Das kann sie sein. Schritt für Schritt hat die leerstehende, durch Verfall gefährdete Villa in den vergangenen Jahren unter dem Unternehmer-Ehepaar zu ihrem alten Glanz zurückgefunden. Jetzt, nach über fünf Jahren Baustelle, ist endlich ein Ende in Sicht – für den Spätsommer dieses Jahres ist die Eröffnung geplant. „Man weiß zwar was man geplant hat, aber es dann fast fertig zu sehen, ist nochmal ein ganz anderes Gefühl“, sagt Tanja Bohn und ihr Blick folgt unbeschwert den Sonnenstrahlen von Wand zu Wand. 

Reichlich verwunschen und unzugänglich erschien die Raab’sche Villa damals hinter dem alten Eingangstor. Fotos: archiv/aep

Heute ist alles anders, als es einmal war – und als es geplant war damals. Während heute die Sonne scheint, regnete es beim ersten Besuch der Bohns in der Villa in Strömen. Und auch dass aus der Villa einmal ein Hotel wird, daran hatten Tanja und Ralf Bohn anfangs nicht gedacht. Nein, tatsächlich wurde zu Beginn des Kaufs sogar ein Hotel ausgeschlossen. Wie es jetzt doch dazu kam, das verrät das Ehepaar in einem Gespräch mit Oberhessen-live. 

Interview mit dem Investoren-Ehepaar Tanja und Ralf Bohn

Oberhessen-live: Am Anfang sprachen Sie davon, aus der Villa Seminar- und Tagungsräume für das eigene Unternehmen zu machen – möglicherweise sogar zusammen mit Wohnfläche. Wieso ist es jetzt doch ein Hotel geworden?

Ralf Bohn: Das stimmt, aber eigentlich hatten wir am Anfang im Allgemeinen noch nicht wirklich einen Plan mit dem Gebäude. Wir hatten verschiedene Ideen, aber keine konkreten Pläne. Es war ein klassischer Kauf mit dem Wissen, nichts zu wissen. Für uns stand eigentlich oben an, dass wir das Gebäude vor dem Verfall retten wollen. 

Tanja Bohn: Genau. Wir haben die Villa natürlich gekannt und sind oft daran vorbei gejoggt. Ich habe immer spaßeshalber gesagt, dass das mein Haus ist. Wir haben immer wieder festgestellt, wie schade es ist, dass sie so verborgen hinter den großen Hecken einfach verfällt. Einen Sonntag, wieder beim Joggen, haben wir gesagt, dass das ein Ende haben muss. Wir haben den Besitzer angerufen und ihn eine Woche danach Zuhause besucht. Ich würde sagen, wir haben den richtigen Moment erwischt. 

Letztendlich haben wir es gekauft ohne wirklich zu wissen, was wir daraus machen. Da gab es ziemlich viele Ideen, die wir in ziemlich vielen Projektsitzungen besprochen haben.

Gemeinsam für ein großes Projekt für die Region: Tanja und Ralf Bohn 2016. Foto: archiv/Anja Kierblewski

Und dann ist es hôtel villa raab geworden. 

Tanja Bohn: Ja, ich glaube, die Idee kam schon im Mai. Wir hatten so viele Ideen – ob Wohnungen, Seminarräume, Museum oder eine Praxis. Wir haben ja am Anfang einfach nur geplant, erst einmal denkmalgeschützt zu sanieren. Bei den Sitzungen kamen wir allerdings darauf, dass wir den Alsfeldern ihre Villa nach all den Jahren Verfall und Leerstand wieder zurückgeben und sie nach all den Jahren wieder erlebbar machen wollten. Und dann ist die Idee geboren, einen Erlebnisort zu gestalten mit Gastronomie sowie Räumen für private Feiern und Tagungen mit angeschlossenem Hotel.

Sie kommen beide nicht aus dem klassischen Hotelgewerbe. War die Planung eines Hotels eine Herausforderung für Sie und hatten Sie Bedenken? 

Ralf Bohn: Das stimmt, klassische Hoteliers sind wir natürlich nicht – das müssen wir aber auch nicht sein, schließlich ging es bei uns eher um die Konzeptrealisierung und nicht darum, ein Hotel zu führen. Dafür haben wir uns das Team vom „hôtel schloss romrod“ als Partner mit ins Projekt geholt. Da blicken wir schon auf eine längere Partnerschaft zurück und sind schnell auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. 

Das war ein sehr komplexes ThemaTanja Bohn

Tanja Bohn: Herausforderungen gab es allerdings trotzdem. Zunächst war es natürlich die denkmalgerechte Sanierung. Das war ein sehr komplexes Thema, was viele Projektsitzungen mit dem Architekten in Anspruch nahm. Rückblickend hat das aber sehr gut funktioniert und wir haben immer gute und schnelle Lösungen gefunden. 

Ralf Bohn: Schwieriger waren aber die technischen Voraussetzungen. Das Haus ist natürlich nicht an die Standards des 21. Jahrhunderts angepasst – da gab es sehr viel, was wir bedenken mussten. Was braucht man alles, damit es funktioniert, wie schafft man es, dass das dann auch noch gut aussieht und wie passen dabei Denkmalschutz, modernste Anforderungen, Design, Brandschutz und natürlich Naturschutz unter einen Hut? Da musste man an viele Sachen denken, aber dank der zahlreichen guten und verlässlichen Partner hier vor Ort, hat das sehr gut geklappt. 

Einmal in der Woche treffen sich alle Projektbeteiligten und besprechen die Fortschritte – immer mit dabei: Tanja Bohn. Foto: archiv/lme

„Der alte Glanz ließ sich noch erahnen“

Sie haben es grade schon gesagt, dass das Gebäude natürlich nicht den heutigen Anforderungen entsprach. Was haben Sie vorgefunden, als Sie das erste Mal die Villa betreten haben? 

Tanja Bohn: Ich kann mich noch genau an den ersten Besuch in der Villa erinnern. Es hat geregnet und wir haben mit einer Gartenschere den Weg zum Eingang freigeschnitten. Da hat sich gezeigt, dass sich hinter all dem Wuchs und dem Verfall eine richtige Schönheit verbirgt. 

Ralf Bohn: Ein ähnliches Bild gab es dann auch innen. 

Tanja Bohn: Ja, die Villa wurde zu diesem Zeitpunkt etwa 20 Jahre nicht mehr betreten – aber der alte Glanz ließ sich schon noch erahnen. Die Jugendstil-Türen und – Fenster, der Stuck an der Decke, die kunstvollen Horn-Türgriffe und auch der Boden, das alles konnte man schon noch erkennen. Der Verfall hat sich dadurch, dass der letzte Eigentümer das Dach neu gemacht hat, weitestgehend in Grenzen gehalten.

Im Erdgeschoss gab es in der Decke trotzdem ein großes Loch, durch das Wasser vom Balkon gesickert ist. An vielen Stellen ist die Tapete von den Wänden gerollt. Darunter haben wir eine Schicht Zeitung gefunden, die aus 1932 und 1954 stammten. Es gab also einiges zu tun. Auf dem Außengelände beispielsweise wollte ich gerne noch viel mehr der alten Substanz erhalten – also das Mühlengebäude und die Fabrik. Leider war aber die Bausubstanz zu schlecht.

Ein Blick in die Villa damals. Foto: archiv/aep

Dann dürften Sie mit dem Ergebnis bis jetzt sehr zufrieden sein. 

Tanja Bohn: Das bin ich, absolut. Es ist schon ein schönes Gefühl jetzt alles endlich in den Endzügen zu sehen, nachdem man so viel Arbeit, Zeit und vor allem Herzblut in das Projekt gesteckt hat. Die Villa jetzt zu sehen, nach all der Planung, der Wechsel von den Bauplänen in die Realität ist wirklich enorm und es fühlt sich unwirklich an. Aber es ist greifbar vor uns. 

Ralf Bohn: Wir haben uns eigentlich nichts anders vorgestellt – es ist im Gegenteil sogar noch viel schöner geworden als das, was wir uns noch ganz am Anfang vorgestellt haben. Natürlich haben sich die Pläne mit der Zeit immer mal wieder verändert – Einbußen gab es dabei aber keinesfalls. Ganz im Gegenteil – jede neue Entscheidung hat das Projekt noch schöner und effektiver gemacht.  

Tanja Bohn: Dem kann ich nur zustimmen. Natürlich hatte man ab und an einmal Bedenken, aber ganz ehrlich: Ich würde mich immer wieder dazu entscheiden. 

Im Spätsommer wird der Villa wieder neues Leben eingehaucht

In wenigen Wochen wird das Unternehmer-Ehepaar die Villa samt dem umliegenden Areal offiziell an das Schlossteam und nun auch Betreiber vom hôtel villa raab übergeben, die von Anfang an im Projekt involviert waren. Ralf und Tanja Bohn wird man in der Villa sicher auch immer mal wieder antreffen. Zwar wird man das Unternehmer-Ehepaar nicht hinter der Theke stehen sehen, doch weitreichende Entscheidungen werden sie auch weiterhin gemeinsam mit dem Projekt-Team treffen, erklärt Tanja Bohn auf dem Weg nach draußen. Bis dahin wünschen sie den Betreibern erst einmal einen guten Zuspruch und den Alsfeldern viele schöne Stunden in ihrer Villa. 

Bei einer Sache kann man sich also sicher sein: die Raab’sche Villa am Mühlgraben wird nicht wieder zurück in den Dornröschenschlaf verfallen, ganz im Gegenteil. Ab der Eröffnung im Spätsommer diesen Jahres wird ihr endlich wieder Leben eingehaucht und die Stadt Alsfeld um ein weiteres Eckchen attraktiver. Dafür haben Ralf und Tanja Bohn gemeinsam mit dem Team vom hôtel schloss romrod und allen Bau- und Planungspartnern in den vergangenen fünf Jahren mit Herzblut gesorgt.    

3 Gedanken zu “„Wir konnten die Villa nicht ihrem Verfall überlassen“

  1. Ein tolles Projekt! Aber 3 Berichte zu innerhalb kürzester Zeit, das hat wirklich mit informieren nichts mehr zu tun. Dieser hört sich auch mehr an wie „Die unendlich lange Geschichte“, ja ein bißchen „fabelhaft“.

    1. Märchenland Vogelsberg. Der heißeste Scheiß ist die Story nun wahrlich nicht. Alter Tee in schon mehrmals aufgegossenen Beuteln. Nicht lecker. Vielleicht möchte „OL“ am nächsten Dreikönigstag ja die Kür des Bohnenkönigspaars als neue „Tradition“ einführen. Wieder eine Gelegenheit, um reichlich zu berichten (Wie fühlte man sich a) bei der Kandidatur, b) kurz vor der Wahl, c) während und kurz nach der Wahl, d) während der Amtszeit, e) kurz vor der Wiederwahl usw. …). Und wenn ihr brav gewesen seid, erzähle ich euch als Bohnus dann noch die Geschichte von der Raupe Nimmersatt.

  2. Wenn Eltern den Kindern allzu oft vor Augen führen, was sie alles für deren gedeihliches Aufwachsen getan haben und wie schwierig das Leben mit dem Nachwuchs doch war, führt das nicht unbedingt zu gesteigerter Dankbarkeit, sondern wirkt auf Dauer sehr leicht anstrengend.
    „Investor“ oder „Investorenehepaar scheint der neue Traumberuf zu sein. Die Medien schauen dir wie gebannt beim Investieren zu und rücken in regelmäßigen Abständen Beiträge in Blätter, Online-Magazine usw., die zeigen sollen, wie’s beim fleißigen Investieren menschelt und welchen Fortgang die Investitionsvorhaben zur Freude aller nehmen.
    Nach „LuWiA“ und „Villa Raab“ wird es nun auch mal wieder Zeit für Themen wie „Erneut Vandalismus im ehemaligen Landhotel Romrod“ oder „Hakenkreuz aus Dung auf Kirtorfer Acker gestreut“.

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