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Bauland am Büchnerweg - darf die Wiese weichen oder nicht?Romrod ringt mit RP um Planungskompetenz

ROMROD (pw/jal). Wer hat das letzte Wort darüber, wo in einer Stadt was gebaut werden darf? Die Stadt selbst oder das Regierungspräsidium? Darüber streitet sich Romrod gerade mit dem RP Gießen. Denn die Behörde hat Plänen der Stadt eine klare Absage erteilt.

Worum geht es genau? Vor kurzem hatte der Romröder Bauausschuss beschlossen, eine Wiese am Büchnerweg am Rande der Stadt als Baugebiet auszuweisen. Somit sollte einem Bauherrn erlaubt werden, sein Wohnhaus dort zu errichten. Schon vor der Sitzung Ende September hatte das RP Gießen als Obere Landesplanungsbehörde Bedenken angemeldet – und forderte von der Stadt Romrod einen sogenannten Nachverdichtungsnachweis, damit man überprüfen könne, ob das Planungsziel „Innen- vor Außenentwicklung“ eingehalten worden sei.

Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach. Denn um nicht mehr Umwelt zuzubetonieren als unbedingt nötig, hat die Landespolitik beschlossen, dass zunächst innerhalb einer Stadt möglichst dicht gebaut wird, ehe sich die Siedlung nach außen hin vergrößert und was einst Wiese war plötzlich Parkplatz oder Bauland ist.

Die Wiese, um die sich der Streit dreht.

Romrods Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg wies bei der entsprechenden Ausschusssitzung die Bedenken des RPs zurück. Sie bezeichnete das Agieren der Behörde als einen Eingriff des RPs in den parlamentarischen Aufgabenbereich, der ein „absolutes Novum“ sei und die Kompetenzen der Behörde übersteigen dürfte. „Das ist vollkommen unverhältnismäßig“, sagte die CDU-Politikerin damals.

Auf Anfrage widersprach das Regierungspräsidium dieser Auffassung. Es handele sich weder um ein Novum, noch um eine Kompetenzüberschreitung. „Der beschriebene Nachverdichtungsnachweis wird regelmäßig im Rahmen aller Bauleitplanungen gefordert, die mit einer baulichen Inanspruchnahme außerhalb von regionalplanerischen Bestandsflächen verbunden sind“, so die Stellungnahme des Regierungspräsidiums. Gerade weil die Fläche für das geplante Haus nicht übermäßig groß sei, müsse man genauer prüfen, ob man das Gebäude nicht auf schon ausgewiesenen Bauflächen innerhalb der Stadt errichten könne.

RP verweist auf Regionalplan Mittelhessen

Das RP verwies auf den Regionalplan Mittelhessen, dem Masterplan für die Art und Weise, wie und wo in der Region gebaut werden soll, in dem diese Strategie festgelegt sei. In der Tat heißt es unter Plansatz 5.2-5 des Dokuments: „Vor der Ausweisung von Siedlungsflächen muss durch die Gemeinden der Bedarf vorrangig in den Vorranggebieten Siedlung Bestand durch Verdichtung der Bebauung (Nachverdichtung) und durch Umnutzung von bereits bebauten Flächen gedeckt werden.“

Aus Sicht des RPs muss Romrod in jedem Fall eine Liste mit Grundstücken erstellen, auf denen schon jetzt gebaut werden dürfte oder auf denen man im Innenbereich der Stadt das Haus bauen könnte – um sicher zu gehen, dass nicht mehr Natur für Bauvorhaben geopfert wird, als zwingend notwendig.

Das RP hat die Stadt aufgefordert, diese Nachverdichtungsnachweis genannte Liste nachzureichen, noch bevor die Stadtverordneten im November darüber abstimmen, ob das Wohnhaus auf der Wiese gebaut werden darf oder nicht. Die Behörde ist eigenen Angaben nach bereits gemeinsam mit der Stadt auf der Suche nach Ausweichflächen innerhalb Romrods.

Ein Gedanke zu “Romrod ringt mit RP um Planungskompetenz

  1. „Vor der Ausweisung von Siedlungsflächen muss durch die Gemeinden der Bedarf vorrangig in den Vorranggebieten Siedlung Bestand durch Verdichtung der Bebauung (Nachverdichtung) und durch Umnutzung von bereits bebauten Flächen gedeckt werden.“
    Um den Romröder Einzelfall zu beurteilen, fehlen mir die Detailkenntnisse. Dass der Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“ aber ein sinnvolles Prinzip darstellt, kann jeder am Ortsbild der Stadt Ulrichstein ablesen, wo so ziemlich alles falsch gemacht wurde, was nur falsch zu machen ist. Das Elend begann im Grunde schon, als 1826 das vollkommen intakte Schloss auf Abbruch an einen Privatunternehmer verkauft wurde, statt sich um eine zeitgemäße Nutzung zu bemühen. Dann kam in den 1970er/80er Jahren die Zeit des Größenwahns mit Riesenrathaus, sog. „Innovationszentrum“ und der zweifelhaften Rolle als „Windkraftgemeinde“. Zwischen Ohmstraße und Hauptstraße wurde ein viel zu großes Baugebiet ausgewiesen. Die Stadt wirkt z.T. vollkommen zersiedelt, während ein „historisches Zentrum“ bestenfalls noch an Leerstand und Zerfall des alten Baubestands zu lokalisieren ist. Wo die Ulrichsteiner Tourismuswerbung „ein verträumtes Städtchen“ mit „malerischen Straßen und Gässchen“ sieht, erschließt sich mir nicht. Das historische Stadtbild hat man einem „Möchtegern“-Modernismus geopfert. Und immer noch scheint man zu glauben, dass die Touristen, deren Zahl in den letzten 30 Jahren auf nur noch ca. 10 Prozent des ursprünglichen Aufkommens gesunken ist, in Scharen anreisen würden, um die ständig wachsende Zahl von Windkraftmonstern zu bestaunen. Die Stadt ist seit vielen Jahren im Abwind, und es musste sogar das Stadtparlament verkleinert werden, nachdem die Einwohnerzahl unter 3000 gefallen war. Dass die Obere Landesplanungsbehörde mal ein Auge darauf wirft, was die Lokalpolitik so treibt, erscheint mir vor diesem Hintergrund durchaus notwendig!

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