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Nach Kritik an den Helfern in Essen: Reportage über die Alsfelder TafelDer Ort, an dem Scham auf ein notwendiges Übel trifft

ALSFELD/ESSEN. Die Essener Tafel nimmt nur noch Menschen mit deutschem Pass auf. Die Debatte darüber bewegt zurzeit das ganze Land. Auch bei der Alsfelder Tafel spricht man darüber. Doch die Hilfsbedürftigen dort haben noch ganz andere Sorgen. Zu Besuch an einem Ort, an dem junge und alte Menschen verzweifelt in Tränen ausbrechen – und der für viele doch auch Halt bedeutet. Eine Reportage von Luisa Stock.

Mathias Köhl steht in der Küche. Ruhig lehnt er an der Edelstahl-Anrichte und nimmt einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse. Neben ihm nimmt ein ehrenamtlicher Helfer einen Bund weiße Schnitt-Tulpen aus dem Topf. Sorgfältig schneidet er die Stiele schräg an und setzt die Tulpen zurück in das Gefäß zu den anderen Blumen. Daneben, ein grüner Korb gefüllt mit Orangen und Mandarinen und eine Tasse Kaffee. Es ist Samstagvormittag. Seit gut zwei Stunden schon wuseln Köhl und sein Team in den Räumen der Alsfelder Tafel umher. Es gibt viel vorzubereiten, sagt der Vorsitzende lächelnd und nimmt sich einen Schokoladenkeks aus einer offenen Tüte. In nicht einmal mehr drei Stunden stehen die ersten Kunden vor der Tür. Die Samstagsausgabe sei immer gut besucht, da könne es schon mal ein bisschen lauter werden, wenn ganze Familien zur Lebensmittelausgabe kommen. Noch aber ist es still.

Ein Mitarbeiter während der Arbeit.

Im gegenüberliegenden Raum klappern Kisten. Eine junge Helferin – eine von etwa einem Dutzend ehrenamtlichen Helfern an diesem Tag – stapelt leere Körbe aus dem großen Metallregal an den Rand des Raumes. Vom Ende des langen Flures hört man ein Lachen. „Wir warten auf die anderen Männer“, sagt Mathias Köhl in der kleinen Küche, legt den Kopf schräg und nickt in Richtung Tür. Wahrscheinlich werde man heute ein bisschen später anfangen als sonst. Über Nacht hat es geschneit und der Schneematsch hat die Straßen rutschig gemacht. Engpässe erwarte er trotz des großen Samstagsansturms aber nicht. „Wir arbeiten mit einem Zeitsystem hier bei uns. Jeder Kunde bekommt einen Termin“, erklärt er auf dem Weg in sein Büro. Kein „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Das habe vieles vereinfacht.

Flüchtlingswelle als starkes Team gut geschultert

Große, helle Regale umsäumen die Wände des kleinen Raums, der fast mittig des langen Flurs liegt. Ein Esstisch und zwei Stühle stehen darin, am Fenster ein vollgepackter Schreibtisch. Seit 2014 ist Mathias Köhl bei der Alsfelder Tafel als Vorsitzender tätig – natürlich ehrenamtlich. Er erklärt nochmal genauer, wie die Ausgabe in Alsfeld abläuft. „Bei uns bekommen die Menschen eine Art Termin. Sie kommen also nicht alle auf einmal, sondern zeitlich ein bisschen gestaffelt – damit haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagt er und lehnt sich auf dem Stuhl zurück. Immer, so sagt er, lehnt sich vor und stützt dabei die Ellenbogen auf den Tisch, sei das so nicht gewesen.

Gerade während der Flüchtlingswelle habe es einen großen Andrang auf die Lebensmittelausgabe der Tafel gegeben. „Da herrschte schon mal verdrossene Stimmung unter den Menschen. Es gab auch den ein oder anderen, der sich geärgert hat“, gibt er mit ruhiger Stimme zu und senkt zögerlich den Blick. Nur für einen kurzen Moment, dann blickt er auf und sagt: „Da haben wir einiges zu schultern gehabt – aber das haben wir als ein starkes Team gut gemacht“.

Fallbeispiel Essener Tafel: „Dass sie Handeln, ist gut“

Großer Andrang, Verdrossenheit unter den Kunden und Gerangel bei der Ausgabe. Das sind die Punkte, die die Essener Tafel zu ihrem Schritt bewogen haben, über den jetzt schon seit einigen Tagen ganz Deutschland diskutiert  – sogar die Kanzlerin. Auch nach heftiger Kritik bleiben die Essener dabei, nur noch Neukunden aufzunehmen, die nachweislich Deutsche sind. Die Begründung dafür: Der Anteil der ausländischen Bedürftigen sei auf 75 Prozent gestiegen und viele von ihnen würden sich rücksichtslos verhalten. Seitdem ist die Stimmung angespannt. Der Vorsitzende Jörg Sator wird öffentlich angefeindet, die Lieferfahrzeuge mit Beschimpfungen wie „Nazis“ beschmiert. Die ganze Republik diskutiert: Ist der Schritt richtig? Selbst der Bundespräsident schaltet sich ein und warnt, Bedürftige nicht gegeneinander auszuspielen.

Mathias Köhl (links) zusammen mit seinem ehrenamtlichen Team am Samstag vor der Ausgabe.

Köhl, ein freundlicher Mann mit herzlichen Augen, grauem Haar und dunkelblauer Fleecejacke, schüttelt den Kopf. Ein saloppes Urteil über die Entscheidung der Kollegen aus Essen zu fällen sei schwierig, schließlich seien es in Essen andere Dimensionen. Während die Alsfelder Tafel derzeit 456 Kunden versorgt – darunter 120 Kinder – habe die Essener Tafel eine deutlich höhere Aufnahmefrequenz. „Dass sie Handeln, ist gut. Ob es dann richtig ist, sich für den einen und gegen den anderen zu entscheiden, ist eine andere Sache“, sagt er mit starker Stimme. Als Schnellschuss will er das Handeln seiner Kollegen nicht bezeichnen. Man habe dort eine Entscheidung getroffen, für sich und für die Kunden, und das sei wahrscheinlich einfach nötig gewesen.

Da machen wir aber keinen Unterschied zwischen der Hautfarben.Mathias Köhl über Probleme bei der Alsfelder Tafel

Köhl beugt sich vor und legt die Hände auf den Tisch. „Man muss sofort reagieren“, sagt er bestimmt. Auch er und seine rund 50 helfenden Hände – immer auf der Suche nach neuen Ehrenamtlichen – sind schon auf Probleme gestoßen. Wenn jemand unfreundlich wird, die Ehrenamtlichen angreift, pöbelt oder aber stark alkoholisiert erscheint – das sind Situationen, in denen sie auch in Alsfeld Menschen abweisen. „Da machen wir aber keinen Unterschied zwischen der Hautfarben“, versichert er. Auch Menschen mit deutschen Pass sind schon abgewiesen worden.

Alsfelder Tafel als ein offenes Miteinander

Generell betrachtet komme es aber in Alsfeld zu wenig Konflikten mit den Kunden. Für Köhl ist das nicht nur ein Verdienst der guten Organisation durch seine Ehrenamtlichen Helfer, sondern auch der Caritas und des diakonischen Werkes. Sie helfen bei der Anmeldung neuer Kunden. Das habe einiges vereinfacht – zum Beispiel was das Überwinden von Sprachbarrieren bei einigen Neukunden angeht. „Es ist ein offenes Miteinander“, fasst Köhl die Stimmung in Alsfeld aus seiner Sicht zusammen.

Köhl geht noch etwas ganz anderes durch den Kopf: „Die Kunden der Alsfelder Tafel bilden einen ganz guten Querschnitt der Bevölkerung ab“, sagt er. Kinder, Erwachsene, Senioren, Studenten, Einheimische, Zugezogene – eine bunte Mischung. Trotzdem weiß der Vorsitzende, dass nur ein kleiner Teil der wirklich Bedürftigen zu ihm in die Tafel kommen. Einige wüssten nicht, dass sie Anspruch hätten, viele würden sich schlicht und ergreifend nicht trauen. Zu groß die Scham und die Angst vor der Stigmatisierung. „Hier muss sich niemand schämen“, sagt er mit Nachdruck und weiß außerdem, dass oft Einzelschicksale die Menschen an die Tafel führen.

Am Dienstag: Volle Regale – die Lebensmittelausgabe hat begonnen. Verteilt wird auch Gemüse aus den örtlichen Supermärkten.

Leise öffnet sich die Tür. Hallendes Gelächter durchdringt die Ruhe des Büros. Eine Mitarbeiterin kommt rein. Nicht einmal mehr zwei Stunden, bis die Ausgabe starte und die Fahrer mit den Lebensmitteln sind noch nicht da. Die Stimmung in der Küche ist trotzdem gelassen. Zusammen wird Kaffee getrunken und gewartet – „Die Ruhe vor dem Sturm“, witzelt ein Mitarbeiter, denn schon bald wird der Flur zur Eingangstür vor der Alsfelder Tafel voll sein. Besonders samstags ist viel los, wie Köhl erklärt. 70 Prozent der Kunden ohne deutschen Pass würden da kommen, unter der Woche seien sie oft in Sprachkursen zu den Ausgabeterminen. Manchmal kommen sie alleine, manchmal mit der ganzen Familie. „Da kann es schon ziemlich laut werden, aber das ist eben das Leben“, sagt er.

Einzelschicksale bringen die Menschen zur Tafel

Zeitsprung. Richtig voll ist der Flur zur Ausgabe am Dienstagmittag nicht. Ein Hund ist an das Geländer vor dem Eingang angeleint und lässt die Sonne auf sein dunkelbraunes Fell strahlen. An der Hauswand lehnen die ersten Tafel-Kunden. Sie warten. Im Flur stehen weitere. Sie unterhalten sich. „Die Tafel ist mittlerweile zu einem Treffpunkt geworden, an dem man sich unterhält und gegenseitig unterstützt“, sagt eine Frau mit langen, blonden Locken, die draußen wartet. Ihr scheint, es nichts auszumachen, hier einkaufen zu müssen.

Taschen, Tüten und den Tafel-Taler halten sie schon in der Hand. So nennt man den festen Betrag, den der Einkauf hier kostet. Zwei Euro sind es für einen Erwachsenen und 50 Cent für ein Kind. An diesem Dienstag sind es überwiegend Erwachsene und Senioren, die auf die Ausgabe warten. Geschätzt haben maximal die Hälfte von ihnen ausländische Wurzeln. Diejenigen, die man anspricht, verstehen weder Deutsch noch Englisch. Geduldig warten alle vor der schweren, blauen Eingangstür, bis sie sich öffnet und sie aufgerufen werden. Erst dann treten sie ein. Einer nach dem anderen.

Drin sind die Regale bereits gefüllt. Obst, Gemüse, Schnittblumen, diverse Konserven und frische Backwaren – ganz wie ein normaler Supermarkt. Hektik und viel Betrieb herrscht hier allerdings nicht. Ruhe und Anonymität dominieren. „Es sind oft Schicksalsschläge, die die Menschen hier her bringen“, erklärt eine Mitarbeiterin, die gerade noch damit beschäftigt ist, frisches Brot und Brötchen in die Auslage zu legen. Auch sie weiß, wie groß die Scham bei einigen Menschen ist. Nämlich so groß, dass es nicht selten vorkomme, dass Menschen durch die Räume der Tafel laufen und dabei weinen. Nicht nur alte Leute, auch junge.

Wenn Scham allgegenwärtig ist

Eine ähnlich große Scham ist auch im Flur vor der Eingangstür zu spüren, wo die Kunden geduldig warten, aufgerufen zu werden. Warum ist er hier? Was treibt ihn dazu, bei der Tafel einkaufen zu gehen? Darüber sprechen möchte kaum jemand – schon gar nicht vor der Kamera, die die Reporterin mit hat.

Die meisten sind unverschuldet hier.Eine Tafel-Kundin

„Die meisten sind unverschuldet hier“, erklärt eine Kundin. Auch sie möchte ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Lange geht sie noch nicht zur Tafel, sagt sie und stellt ihre Tüten ab. Knapp zwei Monate sind es jetzt. Früher, so erzählt sie uns blickt dabei in den blauen Himmel, habe sie selbst einmal als Ehrenamtliche bei einer Tafel geholfen – jetzt sei sie selbst hier. „Man kommt sich blöd vor. So schwach“. Während sie erzählt, schiebt sie sanft ihre leicht verrutschte Brille hoch auf die Nase. Jahrelang hat sie gearbeitet und dann hat sich mit einem Schlag alles verändert. Seit dem sei sie arbeitsunfähig. So wie ihr sei es vielen Menschen bei der Alsfelder Tafel ergangen – Krankheit, arbeitsunfähig oder einfach eine zu geringe Rente. „Einzelschicksale“, sagt sie traurig lächelnd, hebt ihre Tüten auf und geht weiter.

Der Flur der Alsfelder Tafel.

Die dunkelblaue Tür öffnet sich. Die Kundin mit den blonden Locken kommt wieder nach draußen. Krankheitsbedingt ist auch sie bei der Tafel gelandet, zusammen mit ihrem Mann. Seit sieben Jahren kommt sie schon her. „Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt“, sagt sie frei heraus. Anfangs aber sei auch ihr der Weg zur Tafel schwer gefallen. Das hat sich geändert. In sieben Jahren habe sie hier viel Halt erfahren – aber auch Gegensätzliches. Besonders während der Flüchtlingswelle. „Ich habe schon mitbekommen, wie darüber spekuliert wurde, ob die Menschen eventuell bevorzugt werden – etwas bekommen, was wir nicht bekommen“, erzählt sie. Mit der Zeit habe sich das gelegt. Die Einheimischen und die Fremden seien sich mit der Zeit näher gekommen.

Trotzdem findet sie den Schritt der Essener Tafel mutig. Dass die Organisation deshalb als ausländerfeindlich bezeichnet wird, dafür hat sie kein Verständnis. Sie schüttelt den Kopf. Die Tafel, das sei für sie über die Zeit nicht nur ein notwendiges Übel geworden,  sondern auch ein Treffpunkt, an man sich gegenseitig unterstütze und soziale Kontakte pflege, sagt sie mit einer Stimme, in der eine gewisse Heimeligkeit mitschwingt, nimmt ihren Einkauf und geht – nicht ohne ein lautes „Tschüss“ in die Runde zu rufen.

„Brücke zwischen Überfluss und Armut“ steht auf dem Schild am Eingang zur Alsfelder Tafel. Auf die Frage, warum im reichen Sozialstaat Deutschland ehrenamtliche Vereine ausgemusterte Lebensmittel an Bedürftige ausgeben müssen, lacht Mathias Köhl laut. Ihm wäre es auch lieber, man könne alle Tafel schließen, sagt er. Dann senkt er den Blick und lächelt resigniert.

3 Gedanken zu “Der Ort, an dem Scham auf ein notwendiges Übel trifft

  1. @ Johannes
    Richtig!!! Nur hält sich die Politik eben nicht raus, sondern vereinnahmt jedes ehrenamtliche Engagement, um die noch reicher werden zu lassen, die ihre Politikerkarrieren finanzieren. Definiert man Politik als Machtstrategie der Reichen mit dem Ziel, die „öffentlichen Angelegenheiten“ im Sinne der eigenen Interessen zu „gestalten“, dann haben wir es doch mit mindestens zwei politischen Ebenen zu tun (die Interessen ausländischer Mächte kämen jeweils noch hinzu): Eine wirtschaftlich einflussreiche Minderheit, die ihren Reichtum dazu nutzt, die Gesetzgebung der Parlamente mit legalen wie mit illegalen Mitteln aus dem Hintergrund in ihrem Sinne zu beeinflussen, und die „Gewählten“ in den Parlamenten, die wir als „eigentliche Politiker“ wahrnehmen, die aber zu einem erheblichen Teil längst nicht mehr die Vertreter des gesamten Volkes und die Wahrer des Gemeinwohls sind, sondern bewusst oder unbewusst nur noch Interessenvertreter von Banken, Industrie, Kirchen usw..
    Von letzteren können Sie kaum erwarten, dass diese „die Tafeln mit politisch richtigen Entscheidungen überflüssig zu machen!“ Denn die Tafeln sind bereits Ausdruck des Sozialabbaus im Interesse der Reichen und zu einer festen Größe innerhalb der Versorgungsstruktur geworden. Wem Hartz IV und ALG 2 nicht reichen, den schicken die Ämter zur Tafel! Ja, Bezug dieser Sozialleistungen ist geradezu Voraussetzung für die Aufnahme bei den Tafeln oder anders ausgedrückt: Die Tafeln sind längst fester Bestandteil staatlicher Versorgungsstrukturen. Die Ehrenamtlichen arbeiten in Wahrheit für den Staat. Und natürlich für umme. Genau deshalb bezeichnet die Zeitschrift Cicero das ganze Theater der Politik um den angeblichen Rassismus des Essener Tafelvorstands als pure Heuchelei (vgl. https://www.cicero.de/innenpolitik/essener-tafel-armut-auslaender-joerg-sartor-sawsan-chebli-sahra-wagenknecht). Und Sie werden es erleben, dass Groko 2018 den Bauplan dieser Gesellschaft, der die Interessen der Besitzenden absichert und dafür 30, 40 und demnächst 50 Prozent der Bevölkerung in Armut und Elend schickt, nichts ändern wird. Die Verteilungskämpfe im unteren Drittel der Gesellschaft werden bewusst in Kauf genommen, um die Solidarisierung der Armen mit den noch Ärmeren zu verhindern!

  2. >> Es wird den Deutschen suggeriert, ihr müsst jetzt den Gürtel enger schnallen, weil die Flüchtlinge da sind. Das ist fatal und völlig falsch. Der Staat hat 20 Milliarden Euro Überschüsse gemacht im vergangenen Jahr. Es ist genug Geld da […] und die Politik sollte unbedingt widerstehen, einen Verteilungskampf zwischen Deutschen und Flüchtlingen hochzustilisieren (Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/vermoegensverteilung-keinen-verteilungskampf-zwischen.769.de.html?dram:article_id=347173).<<
    Diese Sätze aus einem Interview des Deutschlandfunks mit dem Chef des DIW, Marcel Fratzscher, konnte man noch vor zwei Jahren hören. Natürlich eine durchsichtige politische Lüge zur Beruhigung des Volkes, wie auch die Mär von den sicheren Renten, den sicheren Spareinlagen, den sicheren Straßen und Plätzen, der sicheren Energieversorgung, den blühenden Landschaften nach der Wende, der sicheren Zukunft in Wohlstand und Freiheit. Die Welt ist aus den Fugen. Und unser Staatsoberhaupt sinniert darüber, was der Kitt sei, der unsere Gesellschaft zusammenhalte. Grübel, grübel.
    Lügen und Beschwichtigungen werden jedenfalls nicht ausreichen, um die drohenden Verteilungskämpfe zwischen Arm und Reich, Einheimischen und Migranten, schlecht und gut Ausgebildeten, Alten und Jungen usw., usw. zu verhindern.
    Nun diskutiert man also über die gerechte Verteilung ausgemusterter Lebensmittel zwischen den Schwachen und den Robusten unter den Benachteiligten in dieser Gesellschaft. Die Tafeln, die es in einem Land wie dem unseren gar nicht geben dürfte (gegen die Verschwendung noch essbarer Lebensmittel gibt es schließlich auch Foodsaver u.a.m.), werden nun plötzlich zu Katalysatoren der Erkenntnis, dass es trotz Milliardenüberschüssen des Fiskus offensichtlich doch nicht für alle reicht. Ja, da schau her!
    Aber anstatt dies nun als Menetekel der inneren Spannungen unserer Gesellschaft zu erkennen und schleunigst über grundlegende und seriös finanzierte Veränderungen unseres gesamten Sozialsystems nachzudenken, verliert sich die öffentliche Debatte wieder nur im Klein-Klein der betriebswirtschaftlich optimierten Mangelverwaltung. Na klar: Auf dieser Ebene sind kurzfristige Lösungen durchaus denkbar. Statt bestimmte Personengruppen auszuschließen, bekommt halt jeder seinen persönlichen Abholungstermin für die Tafel-Tüte. Und wenn das nicht mehr ausreicht, bringt man diese demnächst jedem ins Haus. An Ehrenamtlichen scheint ja kein Mangel. Und Charity 4.0 wirft ihre Schatten voraus. "Sieh da, sieh da, Timotheus, die Helfer mit dem Überschuss! Und in Zukunft wissen Drohnen, wo die Hilfsbedürft'gen wohnen…". Ach, die Lebensmittel reichen nicht mehr für alle? Kein Problem: Verschärfen wir doch einfach die Auflagen für den Einzelhandel. Backwaren dürfen nur noch verkauft werden, so lange sie warm sind. Und spätestens nach zwölf Stunden springt der Frischeanzeiger von Obst und Gemüse auf Rot. Und schon sind die Tafel-Regale wieder voll. Und die Politiker lächeln stolz in die Kameras der internationalen Presse.

  3. DANKE
    Ihr macht das richtig und seid eine der letzten „Brücken der Menschlichkeit“.
    Politiker sollten sich hier raushalten, sich weder damit schmücken noch massregeln.
    Ihnen steht es zu, die Tafel mit politisch richtigen Entscheidungen überflüssig zu machen!

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