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Meistens liegt der Muttertag vor dem VatertagErst jede Menge Bier, dann teure Blumen

VOGELSBERGKREIS (kiri). Nanu? Sonntag war der 1. Mai, heute ist bereits Vatertag und am Wochenende ist schon wieder Muttertag – drei Feiertage in einer Woche! Und ist die Reihenfolge von Vater- und Muttertag normalerweise nicht andersherum? Zeit, mal nachzuforschen und auch nachzuhaken, wie die Vogelsberger die Feiertage so verbringen.

Es ist richtig. Meistens liegt der Muttertag vor dem Vatertag. Aber halt, nicht immer – so wie in diesem Jahr. Dies liegt daran, dass der Muttertag einen festen Termin hat, der Vatertag hingegen in Deutschland an einen christlichen Feiertag gebunden ist, der beweglich ist. Muttertag ist immer am zweiten Sonntag im Mai, Vatertag an Christi Himmelfahrt. Christi Himmelfahrt wird stets 39 Tage nach dem Ostersonntag und damit immer an einem Donnerstag gefeiert. Aber eben immer wieder in einer anderen Woche. Denn wann das Osterfest, der älteste christliche Feiertag, begangen wird, hängt vom Mond ab. Ostern steht nämlich in der Tradition des jüdischen Pessach-Festes, und das ist ein uraltes Mondfest.

Christi Himmelfahrt – immer zur gleichen Zeit?

In Wikipedia ist nachzulesen: Nach der Loslösung vom Judentum beschlossen die Christen im vierten Jahrhundert nach Christus, Ostern fortan immer am ersten Sonntag nach der Tagundnachtgleiche im Frühling (21. März) zu feiern. Der früheste Ostertermin ist daher der 21. März – falls dieser ein Sonntag mit Vollmond ist –, der späteste der 20. April. Auf Basis des Ostertermins werden dann die Termine für weitere kirchliche Feiertage berechnet – Pfingsten zum Beispiel 50 Tage nach Ostern oder eben Christi Himmelfahrt. Andere Feiertage – wie zum Beispiel Weihnachten oder Dreikönig – richten sich dagegen nach dem Sonnenjahr. Daher liegen ihre Termine immer auf demselben Kalenderdatum.

Für den Vatertag bedeutet dies: Frühestmöglicher Termin ist der 30. April, spätester Termin der 3. Juni. Und so kommt es immer mal wieder vor, dass erst die Väter mit Leiterwagen und Bier losziehen, bevor die Mütter ihre Blumen bekommen. Zuletzt war dies in2013 und vor acht Jahren, also 2008, der Fall. Da fiel der Vatertag auch noch ausgerechnet auf einen anderen Feiertag, nämlich den Tag der Arbeit am 1. Mai. Der Muttertag folgte erst zehn Tage später am 11. Mai. Auch in diesem Jahr drängt sich der Vatertag wieder höchst uncharmant vor den Muttertag.

Elisabeth Lippert - hier mit ihren Zwilligen Moritz und Carla - geht an Muttertag mit ihrer Mutter essen, schenkt ihr auch eine Kleinigkeit und bekommt auch Selbstgemachtes von ihren Kindern. Fotos: kiri

Elisabeth Lippert – hier mit ihren Zwilligen Moritz und Carla – geht an Muttertag mit ihrer Mutter essen, schenkt ihr auch eine Kleinigkeit und bekommt auch Selbstgemachtes von ihren Kindern. Fotos: kiri

Den Vatertag gibts seit Ende des 19. Jahrhunderts

Der Vatertag – regional auch Herrentag genannt – ist ein in verschiedenen Teilen der Welt begangener Tag zu Ehren der Väter. Die heutige Form des Vatertagfeierns in Deutschland soll Ende des 19. Jahrhunderts im Raum Berlin aufgekommen sein – unter anderem, um die Jüngeren in die Sitten und Unsitten der Männlichkeit einzuweihen. Zu den Unsitten gehört, sich nach dem Genuss mehrerer Biere noch ans Steuer zu setzen. Wie aus den Zahlen des Statistische Bundesamtes zu entnehmen ist, verdreifacht sich am Vatertag die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel ist. Damit sei der Vatertag gemeinsam mit dem Neujahrstag der unfallträchtigste Tag des Jahres, so das Amt. Grund: Die Männer machen an „ihrem Vatertag“ – egal ob sie bereits Väter sind oder nicht, Hauptsache Mann – Wanderungen oder gemeinsame Ausfahrten. Ziele sind traditionelle Ausflugspunkte, Gaststätten, Schützenfeste oder Fußball-Hobby-Turniere. Wenn die Männer so durch Wald und Wiesen laufen, ziehen sie oft einen Bollerwagen hinter sich oder schieben eine Schubkarre voll mit gekühlten Getränken vor sich her.

Ursprung: 500 weiße Nelken aus Liebe zur verstorbenen Mutter

Der Muttertag ist quasi das Pendant zum Vatertag, wird bei weitem aber nicht so feuchtfröhlich und in großen Runden gefeiert: Ein Tag zu Ehren der Mütter und der Mutterschaft. Der Muttertag in seiner heutigen Form wurde in der englischen und US-amerikanischen Frauenbewegung geprägt. Als Begründerin gilt die Methodistin Anna Marie Jarvis. Sie veranstaltete am 12. Mai 1907, dem Sonntag nach dem zweiten Todestag ihrer Mutter, einen Memorial Mothers Day Meeting. Im folgenden Jahr wurde auf ihr Drängen hin wiederum am zweiten Maisonntag in der Methodistenkirche in Grafton allen Müttern eine Andacht gewidmet. 500 weiße Nelken ließ sie zum Ausdruck ihrer Liebe zu ihrer verstorbenen Mutter vor der Kirchen an andere Mütter austeilen.

Jarvis widmete sich ab da an hauptberuflich dem Ziel, einen offiziellen Muttertag zu schaffen und startete eine Initiative, indem sie Briefe an Politiker, Geschäftsleute, Geistliche und Frauenvereine schickte. 1914 wurde der Muttertag zum ersten Mal als nationaler Feiertag in den Vereinigten Staaten gefeiert. Was einst aus Liebe geschah, wurde zunehmend kommerzialisiert – so sehr, das sich Jarvis später wieder dafür einsetzte, den Feiertag abzuschaffen.

Bereits 1922/23, als in Deutschland der Muttertag eingeführt wurde, war es der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber, der sich dafür stark machte. Der Muttertag ist – im Gegensatz zum 1. Mai „Tag der Arbeit“ oder Christi Himmelfahrt – nicht gesetzlich verankert, vielmehr basiert dessen Datum auf Übereinkünften von Wirtschafsverbänden. Mit Erfolg: In den USA werden die finanziellen Ausgaben für den Muttertag nur durch Weihnachten übertroffen. In Deutschland gibt jeder Deutsche im Durchschnitt 25 Euro für Muttertagsgeschenke aus. Laut dem Deutschen Handelsverband geht der Trend immer mehr hin zu Sachgeschenken, dennoch werden noch immer größtenteils Blumen verschenkt.

Wie verbringen die Vogelberger die Feiertage?

Diese Angaben bestätigen auch die Alsfelder Geschäftsleute. „Vor Muttertag ist hier sehr viel los“, bestätigt Hans-Henning Schmidt vom Alsfelder Geschäft „Ramspeck“. „Alles was mit Herzchen zu tun hat, Gutscheine, Gartenaccessoires und vor allem Schilder und Sprüche werden gerne gekauft.“ Privat wird in seiner Familie weder der eine noch der andere Tag groß gefeiert. „Wir sind froh, wenn wir mal frei haben und wir sowohl Himmelfahrt als auch Muttertag gemeinsam mit der ganzen Familie verbringen können.“

Hans-Hennig Schmidt hat es an den Feiertagen gerne ruhig. Im Familiengeschäft "Ramspeck" ist die Tage vorher so viel los, weil jeder noch eine Kleinigkeit für Mutter, Vater, Frau oder Mann sucht, dass er an den freien Tagen die Zeit mit der Familie genießt.

Hans-Hennig Schmidt hat es an den Feiertagen gerne ruhig. Im Familiengeschäft „Ramspeck“ ist die Tage vorher so viel los, weil jeder noch eine Kleinigkeit für Mutter, Vater, Frau oder Mann sucht, dass er an den freien Tagen die Zeit mit der Familie genießt.

So ähnlich hält es auch die Familie Wallenstein aus Kirtorf. Familienoberhaupt Peter Wallenstein: „Bei uns feiern wir seit Jahren den Vatertag nicht traditionell, es ist für uns ein Familientag und da gibt es auch keine Geschenke.“ Bei Muttertag sieht es anders aus, verrät seine 34-jährige Tochter Elisabeth Lippert, selber schon Mutter eines süßen Zwillingspärchens. „Ich gehe an Muttertag mit meiner Mutter meist essen, da gönnen wir uns beide etwas Gutes. Ich schenke meiner Mutter auch meist eine Kleinigkeit und von meinen Kindern bekomme ich auch etwas – Selbstgebasteltes oder Gemaltes mit Hilfe vom Papa.“

Familie ist auch Nadine S. aus Heidelbach wichtig. Der traditionelle Herrentag findet in ihrer Familie nicht statt – kein Mann geht alleine auf Tour. Vielmehr sitzt die junge Familie mit Eltern und Schwiegereltern beisammen, trinken Kaffee und Grillen am Abend. „Ich bin allerdings gespannt, ob ich an Muttertag etwas geschenkt bekomme“, schließlich ist es ihr erster und sie weiß noch nicht, ob sich ihr Mann etwas dafür einfallen lässt.
„Liebe geht durch den Magen, deshalb lade ich meine Frau zu einer Pizza beim Tatort am Sonntag ein“, so ein vorwitziger Passant. „Das Blumenzeug ist sowieso ruckizucki welk. Meiner Mutter bekommt eine schöne SMS von ihrem Lieblingssohn. Sie wurde durch meine Geburt genug beschenkt.“

Tradition wird größtenteils bewahrt, wichtig ist für viele aber etwas anderes

Auch wenn viele der Befragten, nicht mehr so traditionell feiern und ihnen die Familie oder die eigenen Entspannung am freien Tag im Vordergrund stehen, scheint es doch noch genügend Vogelsberger zu geben, die die Tage ganz traditionell verbringen. „Wir haben heute sehr viele Kunden, die sich für morgen mit Bier eindecken, ähnlich wie zum 1. Mai – ich denke, die gehen morgen auf große Vatertagstour“, so die Getränkefachverkäuferin. Auch die Floristin im Einkaufszentrum bestätigt: „Es werden nach wie vor – wie seit Jahren schon – viele Blumen gekauft und verschenkt. Auch die erhöhten Preise an den Tagen schrecken nicht ab.“ So kann eine normale Rose für eigentlich 2 Euro schon mal 3,50 Euro oder gar 4 Euro kosten. Auch im Elektrofachhandel ist deutlich zu merken, dass die sogenannten „Ehrentage“ für Väter und Mütter vor der Tür stehen. „Wir haben in den letzten Tagen viele typische Männer-CDs oder DVD und Blue Rays verkauft“, erzählt Kassiererin Bernadette Degenhardt. „Für die Frauen wurde hier noch nicht viel gekauft, aber die Männer warten immer ab was sie kriegen, um dann entsprechend ein Gegengeschenk auszusuchen.“

In einem Punkt sind sich alle einig – sowohl die befragten Passanten und Geschäftsinhaber: „Viel wichtiger ist es doch, das ganze Jahr über seinen Eltern und auch seinen Kindern zu zeigen, wie sehr man sie liebt und schätzt… und ihnen so mal eine kleine Freude und Überraschung zu machen, anstatt an einem gesetzlich oder wirtschaftlich festgelegten Feiertag.“

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