Gesellschaft0

Dr. Steffen Lancee präsentierte seine Methode, Hämorrhoiden zu entfernen30 Chirurgen kamen, um in Alsfeld zu lernen

ALSFELD (kiri). Betroffene reden nicht gerne darüber, sind oftmals peinlich berührt. Mediziner dagegen finden das Thema spannend, zumal es eine neue Methode gibt, um das Leid zu lindern: Die Rede ist von Hämorrhoiden. Zu diesem Thema hat der Alsfelder Chefarzt Dr. Steffen Lancee jetzt eine Weiterbildung angeboten, die rund 30 Chirurgen aus Deutschland wahrgenommen haben.

In einer zweitägigen Veranstaltung hat Lancee die sogenannte HAL-RAR-Methode vorgestellt, die er in den letzten Jahren in Österreich mitentwickelt hat. Das Alsfelder Krankenhaus ist eine der wenigen Kliniken in Deutschland, die diese neue moderne Technik bereits anwendet, die schmerzärmer und organschonender ist, als die bisherigen chirurgischen Behandlungsmethoden.

Hämorrhoiden sind sehr weit verbreitet, schreibt das Kreiskrankenhaus in einer Pressemitteilung. Sie können sich durch zu starkes Pressen bei festem Stuhlgang, durch Schwangerschaft, durch altersbedingte Gewebeschwäche oder „ungesunde Lebensführung“ entwickeln. Dennoch haben Patienten oftmals Scheu, frühzeitig zum Arzt zu gehen. Lieber leiden sie monatelang unter Schmerzen, Blutungen und Juckreiz. Wenn sie dann den Gang zum Arzt wagen, ist die Erkrankung oftmals schon so fortgeschritten, dass ein chirurgischer Eingriff notwendig ist.

Keine schmerzenden Wunden

In den meisten Kliniken werden die Hämorrhoiden – hervorgetretenen Schwellkörper im Bereich des Schließmuskels im Enddarm – abgebunden und weggeschnitten. Die dadurch entstehenden Wunden müssen je nach Methode offen abheilen oder können genäht werden. Beides ist für den Patienten nach der Operation äußerst schmerzhaft, da sich die Wunden in einer sehr empfindlichen Körperregion befinden.

Außerdem gibt es nach Lancees Geschmack zu oft Komplikationen: „Beispielsweise kann durch das Schneiden der Innere Schließmuskel verletzt werden, so dass als Folge eine Stuhlinkontinenz entstehen kann, oder die Wunde entzündet sich und es kommt zu Abszessen oder Fisteln.“ Das mache einen Krankenhausaufenthalt zwischen drei bis zehn Tage erforderlich und der Patient ist wochenlang arbeitsunfähig.

Anders die Methode, die der Alsfelder Chefarzt bereits seit 2014 in der hiesigen Klinik anwendet und mitentwickelt hat. Die Methode basiert auf einer Operationstechnik, die ein Japaner namens Morinaga erfunden hat. Dr. Lancee hatte vor 15 Jahren erstmals auf einem Kongress in Amerika davon gehört. Gemeinsam mit der Agency for Medical (AMI) in Österreich hat er diese Technik weiterentwickelt und um die Recto-Anal-Repair (RAR)-Methode erweitert. Seine ersten klinischen Ergebnisse konnte Lancee bereits 2002 in der renommierten chirurgischen Fachzeitschrift „Chirurg“ publizieren, es folgten weitere auch in der internationalen Fachpresse.

Die neue OP-Methode lockt Ärzte aus ganz Deutschland ins Alsfelder Kranken-haus.

Die neue OP-Methode lockt Ärzte aus ganz Deutschland ins Alsfelder Kranken-haus.

Bei dieser minimal-invasiven Behandlungsmethoden wird besonders organschonend vorgegangen, heißt es: Ein eigens dafür entwickeltes Instrument (Proktoskop) wird in den After eingeführt und an den Hämorrhoiden angelegt. Das Gerät lokalisiert mittels eines Ultraschall-Doppler-Sensors – ähnlich wie beim Ultraschall der Halsschlagadern – die blutführenden Arterien, so dass der Chirurg sicher sein kann, genau an der richtigen Stelle zu sein. Die Gefäße werden vom Chirurgen in einer schmerzfreien Zone des Enddarmes abgebunden (Ligatur). Dadurch sinkt die Blutzufuhr zu den Hämorrhoiden und der Druck in den Gefäßen lässt nach. Die Hämorrhoiden werden kleiner und schrumpfen langsam.

Zurück mit den rausgerutschten Polstern

In Kombination mit der weiterentwickelten RAR-Methode wird eine fortlaufende Naht gemacht –Steffen Lancee macht sie von außen nach innen. Das eingeführte Gerät ist speziell dafür entwickelt, nur das vorfallende Gewebe freizulegen, damit dieses von einer Naht erfasst und damit zusammengezogen werden kann. Dadurch entsteht ein sogenannter „Lifting-Effekt“, ein Hineinziehen des vorfallenden Hämorrhoidalpolsters. Somit sind die „rausgerutschten“ Polster wieder dort, wo sie anatomisch hingehören. Das Gewebe vernarbt mit der Zeit und fügt sich wieder „nahtlos“ in das Enddarmgewebe ein.

„Dies wird sicherlich nicht der letzte Workshop in Alsfeld zur der sanften Hämorrhoiden-OP-Methode sein“, ist sich Chefarzt Lancee sicher. Er hat bereits Anfragen von Kollegen aus Deutschland und aus dem Ausland. Außerdem ist der Alsfelder Arzt als Supervisor in andere Kliniken eingeladen, um die Einführung der HAL-RAR-Methode vor Ort zu begleiten. In dieser Zeit werden dann die Oberärzte der Alsfelder Klinik ihren Chef vertreten, die inzwischen die komplikationsarme Methode auch souverän beherrschen.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren