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Ulla Meinecke las und sang in Alsfeld im Rahmen von "Der Vulkan lässt lesen"Treffende Texte mit Erinnerungswert

ALSFELD (aep). So wie sie da steht und singt – doch, das ist die Ulla Meinecke, die einst große Hallen füllte und als Ikone deutschsprachiger, intelligenter Popmusik in der Plattensammlung  jeder bewegten Frau ihren Platz hatte. Wenn sie heute mit knapp über 60 auf die Bühne kommt, so wie am Samstagabend in Alsfeld, denkt man bei ihrer Frisur zuerst an Hannelore Elsner. Aber mit ihrer stimmtiefen Begrüßung „Hallo!“ fällt es wieder ein: Das ist die Tonlage, in der Ulla Meinecke sich ihr Publikum eroberte – damals in den 80er Jahren. Wie war das mit der Tänzerin?

 

Es ja eigentlich eine Lese-Reihe, die die Künstlerin am Samstag nach Alsfeld führte: „der Vulkan lässt lesen“ – jener kulturelle Veranstaltungsreigen, durch den regionale Buchhändler zusammen mit der OVAG prominente Autoren nach Oberhessen holen. Unter die Autoren ist Ulla Meinecke inzwischen auch gegangen, und in Alsfeld stellte sie zu neuen Liedern auch Erzählungen aus ihrem jüngsten Buch „Ungerecht wie die Liebe“ vor. Ihr drittes Werk ist eine Geschichtensammlung, die durchaus an ihre eigenwillige Betrachtung menschlicher Zweisamkeit in ihren größten muskalischen Werken erinnert: zwischenmenschlich immer auch ein bisschen stichelnd, auf jeden Fall treffsicher.  War deshalb das Publikum da, das der Alsfelder Buchhändler Helmar Bünnecke im voll besetzten Autohaus Deisenroth begrüßte?

 

Es ist für einen Künstler wohl extrem schwer, Popularität über das Leben zu erhalten und an große Erfolge anzuknüpfen. So hat Ulla Meinecke auch heute noch ihr Fan-Publikum, doch wer sich unter den 250 Besuchern umschaute, entdeckte zum größten Teil Menschen, die ebenfalls ihre lebhaftesten Zeiten in jenen achtziger Jahren hatten und sich heute mit mehr oder weniger großen Grauanteil im Haar zum entspannten Rotwein-Genuss auf dem Stuhl zurücklehnen.

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Ungewohntes Bild: Ulla Meinecke als lesende Autorin.

Diese Leute dürften genossen haben, ließ sich am lebhaften Beifall ablesen. Denn Ulla Meinecke bewies mit ihrem vielseitigen Begleiter Ingo York auf der kleinen Bühne, dass sie es noch kann: musikalisch, poetisch, kritisch mitzunehmen, etwa, wenn sie über scheinbare Perfektion von Internet-Selbstdarstellungen lästert oder das Geschäft mit dem Älterwerden besingt. Sie hat die Lacher auf ihrer Seite, wenn sie das Thema ankündigt mit: „Anti-Aging ist so sinnvoll wie eine Katzenklappe an einem U-Boot!“ Allein: Feine Töne ihrer Art sind heute beim Jungvolk nicht mehr angesagt.

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Nach dem Konzert konten sich Fans Bücher und Schallplatten signieren lassen.

Ein bisschen Lesung, ein bisschen Konzert, so kamen zwei unterhaltsame Stunden zusammen, die den echten Ulla Meinecke-Fan schwelgen lassen. Enttäuscht dürfte nur gewesen sein, wer ihren vielleicht größten Erfolg noch einmal mit Original-Stimme hören wollte: „Die Tänzerin“ blieb Erinnerung an ihre Vergangenheit.

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