Sanierung dringend nötig – Einwohner helfen mit Spenden – Sonntag Konzert mit "Halb6"Für die Windhäuser Kirche legen alle zusammen
WINDHAUSEN. Gerne lädt die Pfarrerin Susanne Gessner zu einem Blick in „ihre“ Kirche in Windhausen. Die steht mitten in dem Feldataler Dorf, wie es sich gehört, ist mit ihrem hohen Turm schon von weitem zu sehen. Der Kirchenraum ist einladend hell und evangelisch schlicht. Man muss schon genauer hinschauen, um das Problem zu erkennen: Es bröckelt und reißt an allen Ecken. Dieses Kleinod von dörflicher Kirche braucht dringend eine Sanierung – dafür setzen sich die Einwohner ein. Ein Baustein ist ein Mundart-Konzert mit „Halb6“ am kommenden Sonntag.
In Windhausen und im nahen Kestrich ist man einigermaßen stolz auf die Kirche, die seit 1842 über das Feldatal blicken lässt und mit ihrer flachen Decke über den Kirchenschiff eher eine Ausnahme unter den regionalen Gotteshäusern darstellt. Die von hölzernen Säulen getragene, großzügige Empore vergrößert den Innenraum, über dem Altar leuchten aufwendige Bilderfenstern mit Szenen aus dem Leben Jesu.
Gibt am kommenden Sonntag ein Konzert zugunsten der Kirche in Windhausen: die Mundartgruppe Halb6. Foto: privat
Damals legten die beiden benachbarten Dörfer zusammen, um eine Kirche mit 300 Sitzplätzen zu bauen, und man einigte sich auch auf eine gemeinsame Sitzordnung für beide Orte – die bis heute Bestand hat, erzählt Susanne Gessner, die 2006 ihr Amt als Pfarrerin in der Kirchengemeinde antrat.
Quasi vom Start an zählte auch die eigentlich fällige Kirchensanierung zu ihren Aufgaben. Denn seit 1842 hatte es nur vier Renovierungen gegeben, durch die sich mittlerweile drei Farbschichten auf den Wänden sammeln. Weil die Schichten nicht überall richtig aufeinander haften, blättert die Farbe teilweise großflächig, und der Putz darunter bröckelt mit. Ein neuer Anstrich wäre nötig – womit der Aufwand seinen Anfang nimmt. Eine vierte Schicht einfach aufzutragen, wäre kurzfristiges Flickwerk, sagt die Pfarrerin: „Um die Kirche streichen zu können, braucht man einen tragfähigen Untergrund.“
Ein Blick weit übers Feldatal, wenn es nicht diesig ist. Pfarrerin Susanne Gessner auf dem Turm der Kirche.
Also: ein großes Gerüst in die Kirche, alle Farbe runter bis auf den Putz; Putz sanieren, neue Farbe rauf – und das flächig. Dazu die Risse, die sich der Länge nach an der Decke bilden. Die entstehen, weil die Schilfmatten, die den Putz halten, im Laufe der Zeit arbeiteten, und wo sie „Stoß an Stoß“ liegen, entstehen Risse. Diese Arbeiten, so stellte ein Architekt mittlerweile fest, dürfte locker eine sechsstellige Summe kosten. Susanne Gessner hat Glück bei diesem Projekt: „Die Leute hier identifizieren sich stark mit ihrer Kirche. Sie setzen sich für sie ein.“
Das merkt man schon daran, dass die traditionelle Sitzordnung aus dem 19. Jahrhundert bis heute weitgehend Gültigkeit hat, erzählt die Pfarrerin. Wenn sie beim Gottesdienst vom Altar aus über ihre Schäfchen blickt, dann sieht sie linker Hand die Besucherinnen aus Kestrich, deren Männer wiederum rechts auf der Empore zu finden sind. „Von dort aus haben die Männer ihre Frauen im Blick“, zwinkert die Pfarrerin. Spiegelbildlich sitzen die Besucher aus Windhausen auf der anderen Seite des Ganges. Einstmals gab es auch noch eine Staffelung nach Alter und Familienstand von vorne nach hinten: „Man begann quasi auf den vorderen Plätzen, und im Laufe eines Lebens rückte man immer mehr nach hinten.“
Und die Einwohner sind auch dabei, wenn wieder eine Veranstaltung zugunsten ihrer Kirche stattfindet. Das sind Grillabende, Kirchenkonzerte, Filmabende, bei denen die Spendenkasse um Beteiligung bittet. In der Kirche fand die Hubertusmesse statt, und Vereine spenden seit Jahren die Erlöse ihrer Veranstaltungen. Da kommen ordentliche Summen zusammen: Im vergangenen Jahr waren es knapp 23.000 Euro. Aber es wird mehr Geld benötigt, ergibt ein Finanzplan, in dem auch die Landeskirche vorkommt.
Die würde nämlich mit 65 Prozent an der Innensanierung beteiligt sein, wenn die Kirchengemeinde einen entsprechenden Betrag beisteuert. Erster Schritt war auf Empfehlung der Bausachgebietsleitung in der Landeskirche, einen Architekten zu beauftragen. Dann kam ein Restaurator, der die historischen Farbschichten ermittelte. Das alles, um den Finanzplan für ein Projekt weit jenseits dcer 100.000 Euro-Grenze zu erstellen. Die genaue Höhe steht noch nicht fest – aber sicher ist: „Der Finanzplan muss stehen, und die Kosten müssen gedeckt sein.“ Erst dann gibt es den Zuschuss.
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Es gibt ein Spendenkonto für die Kirche in Windhausen:
Evangelische Regionalverwaltung
IBAN: DE93 5309 3200 0001 4224 21
BIC: GENODE51ALS
Verwendungszweck: Sanierung Kirche Windhausen
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Nun hat auch die populäre oberhessische Mundart-Gruppe „Halb6“ Unterstützung angekündigt: mit einem Konzert in der Windhäuser Kirche am kommenden Sonntag ab 17 Uhr. „Ean un fer die Kerch“, heißt das Konzert, für das kein Eintritt erhoben wird – mit der Bitte um Spenden für die Windhäuser Kirche.
Spender belohnt die Landeskirche übrigens auch noch mit Zuschuss, erklärt die Pfarrerin: „Matchingfund“ heißt das Programm und bedeutet: Für drei Euro Spende gibt es einen vierten dazu. Oder: „Jeder Euro Spende ist 1,33 Euro wert“.
Von Axel Pries
Großzügig: das Kirchenschiff mit 300 Sitzplätzen. Die traditionelle Sitzordnung wird noch heute befolgt.
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