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150 Besucher beim Vogelsberger Gipfel Kabarett mit Chin MeyerBrüller mit Bosheiten über Banker und Co.

ALSFELD (aep). Wer angesichts des Themas auf einen Abend voller satirischer Spitzen á la Hildebrandt gehofft hatte, der war wohlmöglich enttäuscht. Aber alle anderen haben sich wunderbar amüsiert in dem Worte-Inferno, das der Kabarettist Chin Meyer am Donnerstagabend in Alsfeld für das  Vogelsberger Gipfel Kabarett entfesselte. „REICHmacher! – Reibach sich wer kann!“ heißt sein Programm, mit dem er tourt. Ums Geld geht es, um Steuern und Banken – aber auch um alle anderen menschlichen Schwächen, über die man Witze reißen kann.

Es war die letzte Veranstaltung der Saison im Rahmen des von der Sparkasse Oberhessen präsentierten Gipfel Kabarett, und die zeigte noch einmal einen Künstler, der landauf, landab die Säle füllt, mittlerweile auch mit diversen Auftritten in Funk und Fernsehen von sich reden machte – als wahnsinnig wortgewandter, kesser bis klamaukiger Schnellredner, der scharfzüngig  alle Gesellschaftsschichten auf die Schippe nimmt. Mit Erfolg: Knapp über 150 Zuschauer bogen sich in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule beim Auftritt von Chin Meyer und dem Pianisten Andreas Gundlach vor lachen – viele von ihnen, so stellte sich heraus, kommen aus der von Meyer am meisten bewitzelten Finanzbranche.

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Internes aus dem Finanzamt: Steuerfahnder Siegmund von Treiber

Bei „REICHmacher! – Reibach sich wer kann!“ drehen sich seine Wortspielerein und Kalauer natürlich überwiegend ums liebe Geld: im Allgemeinen mit bösen Seitenhieben auf gierige Banker real existierende Politiker und im Speziellen mit den enthüllenden Einsichten des Steuerfahnders Siegmund von Treiber – einer von Chin Meyer seit Jahren erfolgreich gepflegten Figur.

Die Brüller sind ihm sicher, wenn er den Gebrauch von Wirtschaftssprech auf die Spitze treibt, und so etwa aus Hartz IV ein „steueroptimiertes Burnout-Prophylaxe-Stipendium“ macht oder Obdachlosigkeit in „Open Air Adventure-Livestyle“ umbenennt. Meyers bisweilen schnodderiges Gag-Stakkato spielt zielsicher mit den Klischees und verteilt dabei in alle Richtungen Bosheiten. Warum „die Ökos“ die Rentenkasse schädigen: „Die leben ewig und das auch noch schlecht gelaunt.“ Die Risiken der Ehe im Spiegel der Mordstatistiken schätzt er so ein: „Ein Gang durch Kabul ist statistisch gesehen sicher als der Gang zum Altar.“

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Spaß mit dem „Freiwilligen“ aus dem Publikum.

Dem Thema näherte er sich aber gekonnt wieder mit auf Finanzschelte umgetrimmten Schlager- und Hit-Parodien – auf die Spitze gebracht mit seiner Persiflage von „Private Dancer“, das er mit im Schwung einer Tina Turner in „Privat-Banker“ umtaufte: „Ich bin dein Privat-Banker, ich verzock deine Kohle im Nu“.

Nach zwei Stunden Show eroberte er das Herz des heimischen Publikums ganz zum Schluss mit einer verblüffenden Improvisationseinlage, in dem er aus einer Reihe von Alsfelder Schlagworten aus dem Publikum eine Arie reimte, in der Angelika an der ewig roten Ampel stirbt in einer Stadt ohne Geld und mit kurzem A – mit Freundin Liese an einer innerstädtischen Wiese.

 

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