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Projekt einer Max-Eyth-Schülergruppe im RambachhausKontakt zwischen Generationen will gelernt sein

ALSFELD. „Wer möchte als Erstes probieren?“ Als die Schülerin Lena Noll sich mit dieser Frage an die Tischrunde wendet, erntet sie eher skeptische Blicke. Augen verbinden? Obst kosten? Die alten Leute schütteln die Köpfe: Nein. Es dauert ein wenig, bis sich ein Freiwilliger meldet – so wie alles etwas länger dauert, bei dieser Begegnung: Eine Schülergruppe bemühte sich einen Tag um Senioren im Rambachhaus – das Projekt geriet zu einem kleinen Sozialexperiment.

Es war die 11 BAS 2 der Max-Eyth-Schule in Alsfeld, die dem Rambachhaus Ende vergangener Woche einen Besuch abstattete: 16 Schülerinnen und Schüler rund um die Volljährigkeitsgrenze auf dem Weg zur Sozialassistenz. Der Umgang mit Menschen gehört zur Ausbildung – bei diesem Projekt lernten die jungen Leute noch mehr: nämlich eines zu planen und umzusetzen. „Ich habe keinen Einfluss genommen“, erklärt die Lehrerin Angelika Weigner. Die jungen Leute hätten das Projekt „Umgang mit alten Leuten“ in ihrem Wahlpflichtkurs völlig alleine gestaltet. Es galt, ein Programm mit Inhalt zu füllen und einen Ort dafür zu finden. Es brauchte mehr als eine Anfrage, ehe die Schülergruppe fündig wurde: „Im Rambachhaus hat man sofort zugesagt.“

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Nicht einfach, einen Freiwlligen zu finden: die 17-jährige Lena Noll beim Geschmacksquiz mit dem 82-jährigen Ernst Horn.

Und da standen sie nun, die jungen Leute bei den Alten, die durchaus ihre Urgroßeltern sein könnten – und lernten Zuwendung in Langsamkeit. Fünf verschiedene Angebote an Aktivitäten hatten sie mitgebracht, unter denen Heimbewohner wählen konnten: ein Geschmacksquiz, das Malen von Mandalas, ein Spaziergang, Waffelbacken und Entspannung mit Wellness. Aber so flott, wie die jungen Leute den Umgang untereinander gewohnt sind, funktioniert es bei über 80-Jährigen eben nicht.

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Angebot: Mandalas malen. Ernst Horn zeigt Werke, die mit seiner Ehefrau Erika angefertig hat.

Mandalas gemalt, nun das Quiz mit den vorbereiteten Obst- und Gemüsehäppchen und Augenbinde – das geht zu schnell. Da braucht die 17-jährige Lena Noll schon einige Überzeugungskraft, ehe sie am Tisch wenigstens den 82-jährigen Ernst Horn zum Mitmachen überredet. So von der Seite angesprochen zu weden: Den Frauen ist die Skepsis anzumerken. Die jungen Leute setzen sich also zu ihnen – und führen das Quiz untereinander einfach vor.

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Freudige Begegnung: Rosemarie Krieger, frühere MES-Lehrerin, und ihre Kollegin Angelika Weigner.

Zwei Stockwerke tiefer sitzen fünf Schüler mit einigen Heimbewohnerinnen zusammen am Küchentisch: Es werden Waffeln gebacken. Eigentlich hatten die Jugendlichen auf ein Gespräch dabei gehofft, auf Erzählungen, aber der Kontakt kommt nur spärlich zustande, derweil der Waffelberg wächst. Es dauert eben, ehe die Kluft von 70 Jahren überwunden ist, und es braucht behutsame Ansprache – etwas, das die angehenden Sozialassistenten an dem Tag gelernt haben könnten.

Am Rande aber gibt es plötzlich ein großes „Hallo. Eine weitere Heimbewohnerin kommt dazu, stellt sich vor: Rosemarie Krieger, und sie war doch mal Lehrerin an der Max-Eyth-Schule- Sie strahlt, als sie den Besuch erklärt bekommt. Als Angelika Weigner dann ihre Hand nimmt, hält und die beiden Kolleginnen sich über Schulerlebnisse austauschen, da kann man der alten Dame ansehen: Von dem Tag wird sie noch länger zehren.

Von Axel Pries

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Überzeugungsarbeit: Die Schüler führen das Geschmacksquiz untereinander vor.

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Wärmende Begegnung: die junge und die alte Lehrerin.

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