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Bürgerversammlung: Protest gegen Natura 2000Feldataler wollen die Windkraft

FELDATAL (aep). Während die Windkraft an den meisten Orten – gar Bürgerinitiativen entstehen lässt – ist es in Feldatal andersherum: Dort forciert die Gemeinde die Ausweisung von Windkraft-Standorten nicht nur, es ist auch kein nennenswerter Widerstand in der Bevölkerung spürbar. So auch nicht in der Bürgerversammlung am Montagabend. Bürgermeister Dietmar Schlosser (FWG) stellte seine Pläne zur Ansiedlung von Windkraft vor und löste bei den Teilnehmern eine Debatte der Empörung aus – gegen Naturschutz-Maßnahmen, die alle Pläne zunichte machen könnten. Es geht für die Gemeinde um viel Geld.

Nicht weniger als 450 000 Euro jährlich könnte die kleine Gemeinde im Tal der Mühlen erzielen, „wenn es optimal läuft“, wie Schlosser zusammenfasste. Dieses Geld könnte das stetig klamme Feldatal von einigen finanziellen Zwängen entlasten, die praktisch jährlich den Haushalt defizitär erscheinen lassen – vor allem seit die doppische Haushaltsführung die Bilanz mit Abschreibungen auf Leichenhallen oder Wirtschaftswege belastet. Damit könnte vieleicht auch die eine oder andere freiwillige Leistung wieder aufgenommen werden, durch die das gemeindliche Zusammenleben gefördert werden kann. Einziges Mittel gegen Defizite derzeit: Anhebung von Gebühren und Grundsteuern und Streichung der letzten Leistungen. „Wir haben hier keine großen Betriebe und keine Inmdustrie“, fasste Schlosser Feldatals Dilemma zusammen.

Wenn es „optimal läuft“, so stellte er zugleich vor, dann bekommt die Gemeinde Windgeneratoren zum Beispiel im Gebiet der „Hölzernen Hand“ an der B49 nahe dem Abzweiger gen Groß-Felda, wo die Interessengemeinschaft Markhohl Flächen anbietet. Generatoren könnten auch an der Erddeponie stehen, bei Windhausen, Zeilbach, am Eckmannshain bei Köddingen und Stumpertenrod – das sei auch die wichtigste Fläche, betonte Schlosser. Allein: Ein Begriff der Europäischen Union steht als Gespenst im Raum, das alle Pläne zunichte machen kann: Natura 2000. Dahinter verbirgt sich ein Schutzprogramm, das vor allem die Vogelwelt schützen soll und ganze Kulturlandschaften betreffen kann. Nämlich dann, wenn irgendwo Schwarzstörche und Rotmilane gesichtet wurden.

Ein Saal mit mäßig besetzten Sitzreihen

Foto: aep

Die gibt es in der Region des höheren und hohen Vogelsbergs, weshalb große Teile der Gemarkungen von Ulrichstein, Feldatal und auch Schotten unter den Schutz von Natura 2000 gestellt werden könnten. Wegen der abstrakten und nicht erwiesenen Gefahr für diese Vogelsarten, so erboste sich Schlosser, könnten fast alle Windgunststandorte unbrauchbar werden – abgesehen von jenen Flächen der Interessengemeinschaft Markhohl. Wie diffus der Schutzgedanke ist, stellte er am Beispiel der Erddeponie dar. Die befindet sich nicht im Wald. Aber ein Schwarzstorch, der in der nahen Waldregion gesichtet wurde, könnte eventuell die Flächen der Deponie und der nahen Bäche als Futtergebiet nutzen wollen – also dürfe dort keine Windkraftanlage stehen. „So kann man große Flächen blockieren“, stellte Schlosser fest. So hätten die Flächengemeinden des Vogelsbergs keine Chance mehr auf Entwicklung. „Wir wollen nicht das Natur-Museum für Besucher aus den Ballungszentren sein!“, schimpfte auch der Feldataler Gemeindevertretungsvorsitzende Michael Schneider.

„Ihr müsst Euch mal wehren!“ Diese Empfehlung an die Adresse aller Vogelsberger Bürgermeister kam anschließend prompt aus der vielleicht 25-köpfigen Versammlung im Kestricher Dorfgemeinschaftshaus, und der Ärger über allzu freigiebig verteilten Umweltschutz dehnte sich aus auf mehr Knackpunkte. Zum Beispiel, dass die Infrastruktur auf höchstem Niveau für Wasser- und Abwasser die Einwohner immer teurer zu stehen kommt, weil ihre Zahl abnimmt. Aber vor allem Schutzprogramme, die den flächigen Gemeinden übergestülpt werden, erbosten die Teilnehmer. Alle Bürgermeister der Region, so hieß es, sollten gemeinsam nach Wiesbaden ziehen und bei der Landesregierung protestieren. „Dann klappt das auch!“

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