Drei Tage "Bigcitybeats" – Erlebnisse mit Revolution, Glücksgefühlen und viel BassMutwillig glücklich mit der Therapie Tanzen
SCHOTTEN/FRANKFURT. Es dauert drei Tage und ist wohl eines der größten Festivals für Club-Musik, vor allem house, aber auch Electro, Dubstep, Minimal und Trance: die Bigcitybeats im World Club Dome in Frankfurt am Wochenende. Viele verschiedene Floors laden zum beschwingten Austoben – ein Traum für Fans der elektronischen Musik. Jessica Haak war mit Freunden dabei, drei Tage. Die jüngste Autorin für Oberhessen-live kam erschöpft heim von der Commerzbank Arena – happy und randvoll mit Geschichten und Bildern. Sie erzählt von einem unvergesslichen Erlebnis:
Die Zeit eilt und so bleibt mir inzwischen nur noch ein halbes Jahr, bevor ich 18 Jahre alt werde. Da liegt es nahe, die Liste mit Dingen, die man vor der Volljährigkeit unbedingt einmal gemacht haben sollte, zu vervollständigen. Gesagt, getan. Gemeinsam mit fünf Freunden hieß es ein ganzes Wochenende lang zu tanzen, was die Füße hergeben. Zu aller Überraschung mussten wir dafür nicht einmal das schönste Bundesland Deutschlands verlassen – ab ins nahe Frankfurt!
Triumpf auf der Tribüne: Johanna, Laura, Julian, Nils, Pascal und Jessica (2.v.r.). Die jungen Vogelsberger sind der Security entronnen und noch einmal auf der abgesperrten Tribüne.
Über drei erkenntnisreiche Tage auf dem Bigcitybeats World Club Dome in Frankfurt.
Tag 1: Es lebe die Tanzrevolution
Unsere Reise begann am Freitag im Auto, um anschließend von Friedberg aus mit dem Zug nach Frankfurt zu fahren. Ersteres wurde an Belastungsgrenzen gebracht und so glich die Fahrt einer guten Party – laut und basslastig. Wir strahlten mit der Sonne um die Wette und hatten sogar so etwas wie Optimismus gegenüber der deutschen Bahn entwickelt, bei 35° Celsius doch bitte nicht zu streiken oder bei der Klimaanlage einmal nicht zu sparen. Zu aller Verwunderung, sollte sich unsere positive Grundeinstellung bewahrheiten.
Wir checkten ins Hotel ein und ehe wir uns versahen, standen wir in einem völlig überfüllten Zug auf dem Weg zur Commerzbank Arena. Jedenfalls wurde uns das Ausmaß der Menschenmassen spätestens bewusst, als wir für den Einlass anstehen mussten. Es lag etwas in der Luft, und damit meine ich nicht die städtischen Abgase – sondern gute Laune, verpackt in Staub und Erde. Uns wurde die Ehre zuteil, dieser Schlange gefühlte 30 Minuten lang beiwohnen zu dürfen und so erreichten wir, zwischenzeitlich fast schon ohnmächtigen, dann jedoch von Glückseskalationen gerettet, das eigentliche Gelände.
Eine Revolution am Absperrband
Da es mittlerweile 18 Uhr war, entschieden wir uns zur Mainstage zu gehen, und prompt war unser ganzer Optimismus gegenüber der Menschheit erschüttert. Zwischen uns und Avicii flatterte jetzt eine unüberwindbare Hürde– ein Absperrband und das Kommando, Ersteres nicht zu übertreten. Allmählich sammelten sich immer mehr Menschen vor dem besagten Band. Unter den Argusaugen der Securitymänner, braute sich tatsächlich eine Revolution zusammen. Dann ging alles schnell: Ein Schrei. Das Band flog hoch und wir stürmten mit 50 anderen Personen den Eingang.
Dimitri Vegas und Like Mike heizten ein bis zu Avicii
Im Seitenwinkel sah man nur noch den Revolutionsstifter, der sich aus den Armen der Security riss. Mit dem restaurierten Glauben an die Menschheit und angekommen auf dem Boden, wo sonst Fußballspiele ausgetragen werden, sah man nichts außer tanzender, glücklicher Mensch. Nachdem Dimitri Vegas und Like Mike, die ohnehin schon warme Halle aufgeheizt hatten, bahnte sich Avicii um 21.15 als das absolute Highlight an. Alles und jeder sprang, sang, brüllte, warf die Hände in die Luft – und wir waren mittendrin. Die Bühnenshow war spektakulär: Lametta-Schlangen, Laser und die großen LED-Bildschirme. Die Grand Opening Show rundete den ersten Tag mit noch mehr Licht und – Feuerwerkseffekten ab. Das war erst der Anfang etwas ganz großen.
Tag 2: Schulterakrobatik, Security-Festnahmen und qualvoll endende Gummihühner
Der zweite Tag begann mit einem ausgiebigen Frühstück mit der Devise: Jetzt oder nie – denn später würden wir unsere Zeit sicherlich anders zu nutzen wissen. Im Allgemeinen entpuppte sich unser Trip als eine Art Zwangsdiät zwecks Prioritätensetzung. Bereits um 12 Uhr waren wir auf dem Gelände, bestehend aus kleinen und größeren Bühnen, Wiese und Zelten, angekommen. Schon jetzt stampfen sich die ersten Menschen ihre Füße auf den kleineren Floors wund. In der Commerzbank-Arena bebte der Bass so laut, dass man ihn beim Sitzen auf der Tribüne spürte.
Wir blieben auf dem Kontorfloor hängen. Der war so überfüllt, dass die Party auf, neben und vor die Bühne verlagert wurde. Abgesehen davon, dass die DJ’s von DNB ziemlich gut waren, verleitete uns die Wasserdampfpistole zum Bleiben. Hier galt die Devise: Klein, aber unglaublich fein!
Stichwort „klein“ bildet die Überleitung zu einem Zugeständnis, das sich Personen meiner Größenordnung nach unzähligen Sprüchen tatsächlich machen mussten. „Sag mal, siehst du von da unten überhaupt was!“ Ich schwieg, ließ die Leute sich in einem Selbstversuch bücken, die Sachlage wurde genau analysiert und prompt landete ich auf irgend wessen Schultern, inmitten tausender Menschen und hat absolut keine Kontrolle darüber, ob die Person springt oder in irgendwelche Pogolöcher rennt.
Aber eins muss man diesen hilfsbereiten Menschen lassen – erstens ist die Aussicht ziemlich gut und zweitens weht da oben eine kalte Brise. Nicht selten wird „klein“ mit einer Konjunktion in Verbindung gebracht: „Dafür, dass du klein bist, trittst du mir aber ganz schön oft auf die Füße“ Da muss man eben mit 1,60 Metern abwägen wie die Großen: Entweder jemand stützt sich mit seinem Ellenbogen auf deinem Kopf ab oder du weichst aus und sorgst für Plattfüße. Im Allgemeinen kann man sich sowieso nicht davor bewahren, irgendwelche Blessuren davon zu tragen.
Nach den drei Tagen muss man davon ausgehen, dass die Schultern vom Turnbeutel-Tragen durchgerieben sind und die Haut ein einzig großer blauer Fleck mit Sonnenbrand ist – ein Gesamtkunstwerk eben.
Oliver Heldens und Steve Aoki
Als Highlight war für Samstag nicht nur Oliver Heldens , sondern auch Steve Aoki für den Abend angesetzt. Natürlich ist es günstig, eine halbe Stunde früher zu erscheinen, um dann die bittere Enttäuschung über die bereits geschlossenen Tore zum Feld besser zu verkraften. Mit unserem sich anstauendem Unmut kamen immer mehr Menschen dazu. Eine Revolution schien dennoch ausweglos. Auf der Tribüne wollten wir auch nicht sitzen – wir wollten tanzen. So begaben wir uns still und heimlich in den mehr oder weniger abgesperrten oberen Bereich der Tribüne.
Hier eröffnete sich uns eine Aussicht, die mit Worten kaum fassbar war. „Wenn ich meine Hand hebe, ist das die höchste im ganzen Stadion“, so Nils. Wir genossen die Aussicht und den kleinen Triumph über die Security, wollten anschließend noch ein Foto machen – freuten uns jedoch zu früh und wurden abgeführt. „Nicht mit uns!“, dachten wir, gingen zurück und knipsten das Gruppenbild, um uns dann in das mittlerweile geöffnete Feld zu begeben und die Fußschmerzen regelrecht weg zu tanzen.
Robin Schulz, Sigma, Krewella, Hardwell und David Guetta
Die Zugfahrt zum Hauptbahnhof erwies als Schauplatz neuer, unentdeckter Comedytalente: Eine Gruppe 20 Jähriger sang Geburtstagslieder für irgendeinen, den sie mal eben Max genannt hatten – in der Hosentasche ein Gummihuhn, das so klang, als würde es gerade sehr qualvoll und langsam sterben.
Tag 3: Alterserscheinungen, Dorfdisco, Kindheitstrauma und Herzensmenschen
Der letzte Tag brach an und inmitten kleiner Wehmutsanfälle, schmerzender Gelenke und Müdigkeit – stand Motivation. Das Line Up versprach heute einiges: Robin Schulz, Sigma, Krewella, Hardwell und David Guetta. Da war es nicht verwunderlich, dass ersterer aus seinem Dorfdisco-Festzelt prompt auf die Mainstage geholt wurde. Auch die kleinere Bühnen fuhren heute mächtig auf: Verstörende Bilder, die sich mit meinen Kindheitserinnerungen tangierten, lieferte ein auf dem Hypercat Floor tanzender Elmo bekannt aus der Sesamstraße. Toleranz und der Bass unterstützen mich bei der Bewerkstelligen dieses Traumas, ebenso wie unsere Partytruppe.
Auch kam es heute zu Ausmaßen, wie sie sonst die Queen unter ihrem Gefolge verursacht: Denn nur ein, auf der Tribüne stehender, Hardwell kann die Massen für Minuten in eine Art Wink-Starre fallen lassen. Das Schwänken der Deutschen Fahne verlieh dem attraktiven Niederländer noch mehr Sympathiepunkte. Jedenfalls hielten wir uns seit 17.00 Uhr in der Nähe der Mainstage auf, um unnötigen Wutanfällen gekonnt zu entgehen. Absolut genial und ich sich stimmig traten schließlich Sigma und anschließend Krewella auf. Beide Gruppen performten live und sorgten für weitere Tonnen Glücksgefühle.
Eine Stimmung zum glücklichen Weinen
Als schließlich Hardwell auf die Bühne kam, was das Fass der Freude am Überlaufen. Die Masse war bewegt, glücklich und einfach unglaublich gut drauf. Wahrscheinlich sahen wir alle aus, als würde wir versuchen das Feuer auszutreten, das wir mit unseren Händen von rechts nach links anfeuerten. Jedenfalls verlor sich unsere Gruppe aufgrund aufkommender Pogo- Löcher, und so stranden Johanna und ich bei einem uns nicht bekannten Freundeskreis. Während David Guetta Mitsinglieder wie „What I did for love“ und „Bang Bang“ trällert, wurden wir unter herzlichen Gebärden aufgenommen und genossen gemeinsam den Moment. Verteilte Lichtröhren machen das Ganze fast schon sentimental.-. nach kurzen Überlegen war das nicht der richtige Ort zum Weinen… Naja vielleicht zum Weinen vor Glück, aber das wäre zu stereotyp für blonde, kleine Mädchen.
Das sind Momente im Leben, da klopft man sich in zehn Jahren auf die Schulter und sagt wehmütig: Wir waren dabei! Wieder einmal zeigt sich, dass die Menschen hier so unglaublich offen und freundlich sind – das macht es leicht neue Kontakte zu knüpfen und genau das sollte man tun. An der Stelle eine große Umarmung an viele neue netten Kontakte! Vielleicht ist die beste Therapie gegen Stress einfach nur Tanzen und mutwillig glücklich sein. Während David Guetta uns zuschrie, dass er uns liebt, erwiderten wir mit heftigen Beifall. Der World Club Dome schloss mit einer großen Ending Show.
Wir – das sind Johanna, Laura, Julian, Nils und Pascal – fuhren müde, aber auch grinsend zufrieden mit dem ein oder anderen Ohrwurm nach Hause. Das waren drei unglaublich schöne, befreiende und von Glück erfüllte Tage abseits des Alltags! Vielen Dank!
P.s. Ihr lieben Menschen da draußen: Lasst eure Selfie-Sticks Zuhause und tanzt, denn ihr lebt nur einmal und zwar jetzt!
von Jessica Haak
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