Störche im Vogelsbergkreis – Warum das Alsfelder Nest leer blieb – Das Abenteuer eines JungstorchsMeister Adebar leidet unter dem extremen Wetter dieses Jahres
VOGELSBERGKREIS – Die Störche im Vogelsberg leiden und sie reagieren: Es gibt weniger Nachwuchs als in anderen Jahren. Schuld ist das Wetter mit Hitze und Trockenheit, erklärt Annette König, Diplom-Biologin und beim Nabu Vogelsbergkreis zuständig für die Beobachtung von Meister Adebar. Sie hat die Vögel im Blick – und weiß, warum das Alsfelder Nest leer geblieben ist.
Dabei freut man sich doch mancherorts, dass die beliebten Vögel, die der Nabu im Logo führt, gerade erst verstärkt wiedergekommen waren – etwa in Alsfeld, wo das Nest auf dem Leonhardsturm nach vielen Jahren wieder besetzt war. Aber das Weibchen, das schon mehrere Jahre dort war, ist nach der Brut im letzten Jahr bei einem Blitzeinschlag während des Stadtfestes ums Leben gekommen.
Kein Nachwuchs in Alsfeld auf dem Turm
Seither ist Nachwuchs ausgeblieben. „Das Männchen kam im Frühjahr wieder und musste sehr lange auf eine neue Partnerin warten“, erzählt die Diplom-Biologin. „Mit dieser hat er sich zwar verpaart, aber es kam zu keiner Brut. Möglicherweise war das Weibchen noch zu jung“, meint Annette König. Störche werden erst mit drei bis fünf Jahren geschlechtsreif. Sie können aber auch ein Höchstalter von über 30 Jahren erreichen!
Auch an anderen Orten blieben Elterntiere in diesem Jahr erfolglos oder hatten weniger Nachwuchs, erklärt die Biologin. Grund war zunächst ein „sehr trockenes Frühjahr“, das die aus dem Winterquartier zurückgekehrten Störche mit einer Hungerkur empfing. Normalerweise suchen sie sich Mäuse und Regenwürmer, die es wegen Trockenheit aber viel weniger gab. Die Eltern in spe mussten sich mit Käfern und Spinnen begnügen. „Das ist zu wenig.“
Hungrige Weibchen legen weniger Eier
So legten die nicht gut genährten Weibchen von vornherein weniger Eier, und dennoch hatten die Vögel dann große Not, den Nachwuchs zu ernähren. Immerhin: Wenn die Kleinen zwar gewachsen, aber noch nicht flügge sind, benötigen sie mehr als ein Kilogramm Futter pro Tag.
Auch die Hitzetage Ende Juni setzten ihnen zu. Die kleinen Nestlinge werden zwar von den Eltern zum Schutz gegen die Sonne beschattet, erklärt Annette König, und sie bekommen von ihnen auch Wasser, „aber das reicht vielleicht nicht aus, wenn es ganz heiß ist“. Futter- und Wassermangel, Hitze: Das hat manches Jungtier nicht überlebt.
Annette König, die mit ihrer Vereinskollegin Barbara Müller im Nabu die AG Weißstorch bildet, kann die Entwicklung in Zahlen ausdrücken. Sie meint dabei immer Weißstörche – die scheuen und selteneren Schwarzstörche im Vogelsbergkreis sind schwerer zu beobachten.
Weniger Jungstörche als in den Vorjahren
So wurden in den Jahren 2023 und 2024 je 24 erfolgreiche Bruten registriert. Zwei Elternpaare waren nicht erfolgreich, die anderen zogen am Ende 59 Jungvögel auf – die schließlich wie sie zu ihrer großen Reise gen Süden aufbrachen.
In diesem Jahr gab es sogar 29 Brutversuche, von denen aber nur 21 erfolgreich waren. Acht Mal ging der Nachwuchs ein. Am Ende blieben 37 Jungvögel als Nachwuchs dieses Jahres. Das heißt: Die Eltern zogen durchschnittlich deutlich weniger Jungvögel erfolgreich auf als noch im Jahr zuvor. „Das liegt an dem Extremwetter.“
Der Jungstorch, der vor Sonne flüchtete, übernachtete in einem Ersatznest. Foto: Barbara Müller
Der Jungstorch, der vor Sonne flüchtete
Da hatte jener Jungstorch bei Mücke ja noch Glück, der vor der starken Sonne im Nest floh, indem er auf den Boden flatterte. Er schaffte es nicht, ins Nest zurückzukehren und suchte schließlich zum Übernachten in einem Ersatz-Nest auf einem Privatgrundstück Zuflucht: Paletten auf einem Anhänger.
Dort fanden ihn die menschlichen Anwohner am nächsten Tag und gaben dem Jungstorch erst einmal Wasser zu trinken. Danach war er stark genug, sich selbst in der Umgebung Futter zu suchen, und – Happy End des Abenteuers – er konnte auch in sein Geburtsnest zurückkehren.
Der Nabu-Vorstandssprecher Thomas Steinke hofft, dass sich die Bedingungen wieder verbessern, dann fällt dieses Jahr nicht sehr ins Gewicht: „Die Weißstörche sind gut im Bestand. Ein schlechtes Jahr können sie verkraften.“
von Axel Pries
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