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Staatliches Schulamt wandte sich mit Schreiben an alle Schulleiter„Squid Game“-Spiel an Vogelsberger Grundschule nachgeahmt

VOGELSBERG (akr). Auf den ersten Blick wirken die Kinderspiele, die in der Netflix-Serie „Squid Game“ gespielt werden, harmlos. Doch wer das Spiel verliert, der stirbt. Bundesweit gibt es Berichte, dass die Spiele auf Schulhöfen nachgeahmt werden. An mindestens einer Grundschule im Vogelsberg war das ebenfalls der Fall.

Eine riesige Roboter-Mädchen-Puppe steht an einem Baum auf einem großen Innenhof. Ein paar Meter hinter ihr 456 Menschen, durchnummeriert, in grünen Trainingsanzügen. Ihr Ziel: Sie müssen die andere Seite des Spielfelds erreichen. Bewegen dürfen sich die Spieler aber nur, wenn die Puppe nicht hinschaut. Das Zeitfenster ist kurz. „Rotes Licht, grünes Licht“, ruft sie und dreht sich um. Die kleinste Bewegung wird bestraft – mit dem Tod.

Wer verliert, der stirbt – so enden die zunächst harmlos wirkenden Kinderspiele aus der Netflix-Serie „Squid Game“, die derzeit einen riesigen Erfolg feiert und mittlerweile als erfolgreichste Serie des Streaming-Konzerns gilt. Inzwischen hat der Squid-Game-Hype auch die Schulhöfe erreicht. Immer wieder berichten Medien, dass die Spiele dort nachgeahmt werden, teilweise sogar mit Verletzungen enden.

Schreiben des Staatlichen Schulamtes

Im Rahmen von Schulleiterdienstbesprechungen im Schulamtsbezirk Gießen und Vogelsberg sei „Squid Game“ bereits thematisiert worden. „Einige Leiterinnen und Leiter von Grundschulen berichteten mit Blick auf die aktuelle Debatte in den Medien von entsprechenden Beobachtungen auch an ihren Schulen“, teilt Norbert Kissel, Leiter des Staatlichen Schulamtes, auf Nachfrage von Oberhessen-live mit. Eine genaue Zahl, an wie vielen Grundschulen solche Beobachtungen gemacht wurden, läge nicht vor.

„Viel wichtiger ist aber auch, dass solche Beobachtungen gemacht wurden und dass nun alle Schulleitungen aufgefordert sind, aufmerksam hinzuschauen und die Problematik mit den Lehrkräften und dann auch mit den Kindern und deren Eltern entsprechend zu thematisieren“, so Kissel.

Aus diesem Grund hat das Staatliche Schulamt vor einigen Tagen ein Rundschreiben an die Schulleitungen der Landkreise Gießen und Vogelsberg geschickt. „Aus aktuellem Anlass bitte ich darum, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen ein Auge auf bestimmte Spiele haben, die derzeit auf unseren Pausenhöfen insbesondere von jüngeren Schülerinnen und Schüler gespielt werden“, teilt Kissel in diesem mit.

„Rotes Licht, grünes Licht“. Die Spieler dürfen sich nur bewegen, wenn die Roboter-Puppe nicht hinschaut.

Kissel weist in diesem Schreiben darauf hin, dass die Spiele zunächst harmlos wirken, da es sich hierbei um Kinderspiele handelt. Doch in der Serie, deren Altersfreigabe einer Netflix eigenen Einordnung nach bei16 Jahren liegt, enden die Spiele für die Verlierer mit der Hinrichtung. „Man weiß von Fällen, in denen das Hinrichten durch Verprügeln ersetzt wird“, heißt es weiter.

Dass Kinder diese Spiele spielen, bedeute jedoch nicht zwingend, dass sie die Serie auch gesehen haben, da, so schreibt Kissel, die Serieninhalte inzwischen auch über Cartoons und andere Darstellungen zum Beispiel bei Youtube verbreitet werden. Genau das war auch in der Grundschule in Groß-Felda der Fall. „Vor rund zwei Wochen war das hier wirklich ein Thema bei uns an der Schule“, erzählt Leiterin Stefanie Schwab.

Feldataler Grundschüler ahmten Spiele nach

Einige Kinder hätten das Spiel „Rotes Licht, grünes Licht“ nachgeahmt, ein wenig abgewandelt. Zu den Verlierern sei dann gesagt worden: „Drück grün, drück rot, du bist tot“, erzählt Schwab. Körperliche Bestrafungen, beispielsweise Schläge oder so, habe es zum Glück nicht gegeben. „Die Spiele an sich sind ja nicht zu verteufeln, es geht um das Ende“, betont die Schulleiterin. Sie selbst habe die Serie nicht gesehen und scheinbar die Kinder, die die Spiele nachgeahmt haben, auch nicht.

Als sich Schwab und ihre Kollegen nämlich auf „Spurensuche“ begeben haben, um herauszufinden, woher die Kinder die Spiele der Serie kennen, habe sich herausgestellt, dass sie diese von YouTube oder TikTok-Videos aufgeschnappt hätten. Dort kursieren unter anderem Videos der Serie als Cartoon. Die Darstellungen seien zwar kindlich, aber enden auch so wie in der Netflix-Serie mit dem Tod. Solche Videos auf diesen Plattformen verbreiten sich laut Schwab schnell und das sei eben das Problem.

Die Schule habe schnell gehandelt, Elternbriefe verschickt und auch mit den Kindern gesprochen, um auf die Gefährlichkeit hinzuweisen, „ohne jemanden zu stigmatisieren“, betont sie. „Das hat auch alles sehr gut und schnell funktioniert“, erzählt die Schulleiterin. Nun sei „Squid Game“ auch kein Thema mehr in der Feldataler Grundschule.

An der Geschwister-Scholl-Schule in Alsfeld wurden diese Spiele offenbar noch nicht gespielt, wie Schulleiterin Anne Christ auf Nachfrage von OL erklärt. Weder Sie noch Kollegen hätten etwas mitbekommen, auch Eltern hätten sich nicht an die Schule gewandt. „Wir haben den Hinweis vom Staatlichen Schulamt bekommen“, erklärt Christ.

An der Geschwister-Scholl-Schule in Alsfeld seien noch keine Spiele aus der Serie gespielt worden. Foto: archiv/akr

Sie selbst habe die Serie nicht gesehen, finde es aber wirklich schlimm, dass so etwas nachgeahmt wird. Sollten diese Spiele auch ihren Weg auf den Pausenhof der GSS finden, würde die Schule natürlich auch aktiv werden, beispielsweise könnten auch Sozialpädagogen eingeschaltet werden. Nun werde man vorerst die Situation im Blick behalten, so wie es auch in dem Schreiben geraten wird.

Auch Angelo Müller, Schulleiter der Gerhart-Hauptmann-Schule, ist nichts über solche Spiele an seiner Schule bekannt. „Ich hoffe, das bleibt auch so“, sagt Müller, der die Serie zwar nicht gesehen, aber sich eingelesen und informiert habe. An der GHS liege vielmehr „Pokémon“ im Trend. Die Kollegen seien aber sensibilisiert, darauf zu achten. „Wenn es auftaucht, werden wir es natürlich zum Thema machen. Ich glaube vorher ist das eher kontraproduktiv“, erklärt Müller.

Spiele sollten nicht verboten werden

„Wenn das Nachspielen dieser Spielszenen in Ihrer Schule auftaucht – machen Sie es zum Thema und besprechen Sie diese Form des ‚Spielens‘ mit den Kindern“, bittet auch Norbert Kissel in seinem Schreiben. Die „an sich unbedenklichen Spiele“ sollten nicht verboten werden, es sollte allerdings besprochen und darauf hingewirkt werden, dass die Verlierer am Ende nicht „hingerichtet“ oder für „tot“ erklärt werden. „Jede Form der Bestrafung von Verlierern im Spiel – ob körperlich oder verbal – sollte unterbunden werden“, so Kissel.

Der Leiter des Staatlichen Schulamtes betont, dass diese „Squid Game“-Spiele, sowie der Medienkonsum generell, auch zuhause ein wichtiges und regelmäßig angesprochenes Thema sein müssten, mit dem man sich kritisch auseinandersetzt. „Das kann nicht allein der Schule überlassen bleiben. Die Empfehlung lautet deshalb: Hinschauen und ansprechen. Bloße Verbote erzielen häufig das Gegenteil zum erwünschten Effekt, das ist ja keine neue Erkenntnis“, so Kissel.

Die Menschen, die Verantwortung tragen, müssten für dieses Thema hochsensibel sein. „Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter, die Schulbehörden, die Politik – und an erster Stelle natürlich die entsprechenden Medien selbst, die nicht vergessen dürfen, dass man über das ganze Streben nach Einfluss und Profit das Gewissen nicht wie einen Hut an der Garderobe abgeben kann“, betont er und hofft, dass auch diese Welle irgendwann wieder abebbt. Viele Spiele würden schließlich eine Art von Verfallsdatum in sich tragen.

4 Gedanken zu “„Squid Game“-Spiel an Vogelsberger Grundschule nachgeahmt

  1. Es ist doch ein wahres Armutszeugnis, dass keiner der Pädagogen die Serie überhaupt gesehen hat. Ein wenig Interesse an Populärkultur und Zeitgeist gehört zu diesem Job einfach dazu. Um so mehr im Falle dieser Serie, die sich keinesfalls auf plumpe Gewaltorgien reduzieren lässt, sondern im Kern eine Kritik an Kapitalismus und unserem Gesellschaftssystem ist. Setzen – 6, meine Herrschaften!

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    1. Sehe es genau wie MAKS Meier, die Serie ist sehr cool/lustig und AMÜSANT, spätestens nach Rambo 5 müsste doch solche Szenen locker wegstecken :))
      Und die Kids sind doch duch die Ballerspiele wie BAttelefield bzw Call of Duty usw. schon abgehärteter als ihre Eltern es sich vorstellen können.

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  2. Mein gott , leben und leben lassen es is überall hype das game . Wenns um die impfung geht wird auch nichts kritisch gesehn sondern als nei mit dem zeug . Und jez regen die sich wegen nem spiel auf . Man sollte sich fragen warum die sich mit sowas ablenken . Weill die diesen wahnsinn da da draussen auch net mehr ertragen können

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    1. Squid Game ist doch genau gemacht für solche hirnlosen, Verschwörungstheoretischen, Impfverweigerenden, um die Ecke erfolglosdenkversuchenden, möchtegernquerdenker.

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