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"Wir müssen uns mit den Aussagen der Kinder befassen"Obergassen-Mord: Gericht lässt prüfen, ob Kinder aussagen müssen

ALSFELD/GIEßEN (akr). Noch immer ist kein Urteil im Prozess um den Mord in der Alsfelder Obergasse gefallen. Die Beweisaufnahme verzögert sich weiterhin. An diesem Freitag wurde der Prozess erneut vertagt, weil der Verteidiger nicht zustimmte, dass auf die Video-Aussagen der Kinder zurückgegriffen wird.

Es war im Mai vergangenen Jahres, als eine Frau in ihrer Wohnung in der Alsfelder Obergasse mit einem Gipserbeil erschlagen wurde. Der Tatverdächtige: Ihr Ehemann, der getrennt von ihr lebte. Mehrmals soll dieser mit einem Gipserbeil auf sie eingeschlagen haben. Noch am selben Abend flüchtete er gemeinsam mit den drei Kindern bis bei Hausen in der Nähe von Würzburg. Dort ließ er sich von der bayerischen Polizei widerstandslos festnehmen.

35-Jähriger unter Verdacht, seine Ehefrau getötet zu haben

Seit Anfang November muss sich der 35-Jährige mit syrischer Staatsbürgerschaft vor dem Gießener Landgericht verantworten. Der Angeklagte äußerte sich selbst bislang nicht zum Tatvorwurf. Er räumte lediglich das äußere Tatgeschehen über seinen Verteidiger Roj Khalaf ein. Seine Beweggründe, die Absicht, wieso er es getan hat, sind noch immer nicht bekannt – und das werden sie vermutlich auch bleiben, denn der Angeklagte werde sich nicht äußern, wie sein Verteidiger an diesem Freitag nochmals betonte.

Da sich Khalafs Mandat nicht äußern will, zieht die fünfte Strafkammer nun in Betracht, die gemeinsamen Kinder zu befragen. Diese sind die einzigen direkten Zeugen, da sie das Tatgeschehen mit angesehen haben. Richterin Regine Enders-Kunze erhofft sich so weitere Erkenntnisse über die Minuten vor der Tat. Daniela Elger vom Jugendamt, die in dem Prozess als einer der Nebenkläger auftritt, riet von einer Befragung dringend ab. Die Kinder seien traumatisiert und befänden sich in Therapie. Eine Befragung wäre ihrer Meinung nach massiv schädlich.

Prozess um Mord in Alsfelder Obergasse gestartet

Khalaf betonte erneut, dass er schon zu Beginn des Prozesses im November im Namen des Angeklagten verlauten ließ, dass sein Mandant das äußere Tatgeschehen einräume, damit seine Kinder nicht vor Gericht aussagen müssen. Doch die Strafkammer will weitere Erkenntnisse: Was ist in den Minuten zuvor passiert? Sie schlug vor, auf die Video-Aussagen der Kinder zurückzugreifen. Während Staatsanwalt Thomas Hauburger dafür stimmte, lehnte Khalaf ab. Der Prozess musste vertagt werden, da man an diesem Freitag so nicht mehr weiter komme.

Ein ärztliches Attest über den Zustand der Kinder soll nun klären, ob die drei Kinder in zwei Wochen vor Gericht aussagen müssen. Sollte das Attest bestätigen, dass die Kinder nicht in der Lage sind, persönlich vor Gericht zu erscheinen und ihre Sicht des Tatabends zu schildern, werde man auf die Video-Aussagen von der Vernehmung kurz nach dem Tod ihrer Mutter zurückgreifen, hieß es in Gießen.

Ein Gedanke zu “Obergassen-Mord: Gericht lässt prüfen, ob Kinder aussagen müssen

  1. Wer stellt sich vor die Kinder und schützt ihren Seelenfrieden? Das ist doch Grausam, dem Anwalt zuliebe die Tat- und Zeitnahen Videoaufzeichnungen zu verwerfen. Würden die Kinder-Aussagen nach dieser verstrichenen Zeit überhaupt noch der Realität entsprechen?
    Ist doch Verteidigungsstrategie:
    Sagt der Täter nicht aus und schweigt zu seinem Motiv, kann er auch nicht auf Milde hoffen.

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