Teilhabe für ältere Menschen gestärktMode und Pflege schenken Lebensfreude im Haus Stephanus
ALSFELD (ol). Im Haus Stephanus in Alsfeld erlebten Bewohner zwei besondere Tage der Selbstentfaltung und Pflege. Ein Modemobil und ein Schönheitstag vor dem Muttertag stärkten das Selbstbewusstsein und die Teilhabe der Senioren – mit einem Fokus auf Selbstwert und Achtsamkeit.
Für einen Moment scheint die Zeit auf dem Marktplatz und dem Café Goethe, den beliebten Event-Locations des Hauses Stephanus, langsamer zu ticken. Wo in dem Alten- und Pflegeheim sonst Pflegealltag herrscht, entsteht Raum für Leichtigkeit – mit Stoffen zum Anfassen, Düften zum Genießen, Begegnungen zum Erinnern.
Zwei Tage lang wird aus einem Gruppenraum ein Ort der Selbstentfaltung, aus einem Café eine Oase für Körper und Seele, so heißt es in einer Pressemitteilung des Haus Stephanus.
Modemobil bringt mehr als Kleidung
Am ersten Tag macht ein Modemobil aus Gießen Halt. Es bringt Pullover, Hosen und Jacken – doch es liefert weit mehr: Selbstbewusstsein, Würde, Farbe ins Grau. „Ich habe mir heute etwas gegönnt – nur für mich“, sagt eine Bewohnerin, die sich sichtlich freut, selbst gewählt und entschieden zu haben. Das Betreuungsteam begleitet den Einkauf empathisch: mit Geduld beim Umkleiden, mit Fingerspitzengefühl beim Aussuchen. Schon die Vorbereitung war durchdacht – Wünsche wurden erfragt, Angehörige einbezogen, Abläufe fein abgestimmt. „Es geht nicht nur um Kleidung. Es geht um Selbstwert und Würde“, betont Minh Luis, Leiterin des Betreuungsdienstes. Tatsächlich wird der Einkaufsraum zum Schauplatz stiller Selbstermächtigung. Menschen, die oft auf Hilfe angewiesen sind, erleben sich als Handelnde.
Pflege als Ritual der Achtsamkeit
Am nächsten Tag verwandelt sich das Café Goethe in ein kleines Spa. Der traditionelle Schönheitstag vor dem Muttertag ist ein Fest der Sinne: Naturmasken mit Quark, Honig und Avocado, zarte Handmassagen, feine Erdbeer-Himbeer-Bowle. Kein Schnickschnack, sondern liebevolle Zuwendung – serviert auf Porzellanschälchen.
„Es geht nicht ums Sattwerden. Es geht darum, wahrgenommen zu werden“, sagt Minh Luis.
Eine sonst zurückhaltende Bewohnerin lacht, lässt sich schminken, fotografieren – „wie verwandelt“, berichtet eine Kollegin. Auch Männer lassen sich überraschen. Ein 89-Jähriger staunt: „Ich hätte nie gedacht, dass mir das so guttut.“
Einrichtungsleiter Manuel Jöckel betonte: „Wahre Schönheit kommt von innen – doch ein Tag voller Wohlgefühl bringt sie zum Leuchten. Heute steht ganz im Zeichen von Entspannung, liebevoller Pflege und einem Lächeln, das von Herzen kommt.“
Wenn Fürsorge Wurzeln schlägt
Was beide Tage eint, ist der Geist der Zusammenarbeit. Pflege, Hauswirtschaft, Betreuung, Küche – das ganze Team wirkt wie ein fein abgestimmtes Orchester. Die Melodie: gelebte Fürsorge. Die Botschaft: Teilhabe kennt keine Altersgrenze.
„Wir feiern keine Gala. Wir schenken Aufmerksamkeit“, bringt Minh Luis es auf den Punkt. Oft reichen kleine Gesten: ein Blick, der hält; ein Wort, das bleibt; ein Händedruck, der mehr sagt als tausend Programme.
Ein Mai voller Resonanz
Der Schönheitstag ist kein Höhepunkt, sondern Auftakt. Weitere Aktionen stehen bevor: Wunschmenüs, Frauenstammtische, der Muttertag – sensibel vorbereitet und mit Herz gestaltet. Eine junge Frauengruppe der Christlichen Brüdergemeinde Grünberg wird am 11. Mai singen. Auch jene, die nicht mobil sind oder keine Angehörigen haben, werden besucht – niemand bleibt außen vor.
„Der Muttertag ist für viele ein emotionaler Tag. Er verlangt Feingefühl“, sagt Minh Luis. Deshalb wird jede Begegnung individuell gestaltet – mit Respekt vor Erinnerungen, Grenzen und Gefühlen.
Mehr als ein schöner Moment
Zurück bleibt mehr als gepflegte Haut oder ein neues Kleidungsstück. Zurück bleibt ein Gefühl: Ich bin Teil von etwas.
„So etwas stärkt nicht nur die Bewohner, sondern auch das Team“, sagt eine Kollegin. Und ein Bewohner bringt es auf den Punkt: „Das war ein richtig schöner Tag – so etwas könnte ruhig öfter stattfinden.“
Fotos: Minh Luis/GFDE-Haus Stephanus
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