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Wie man ohne Numerus Klausus und mit Stipendium in den Arztberuf einsteigtDas Vogelsberger Programm „medizin+“ zieht beim Ärztenachwuchs

VOGELSBERGKREIS – Sie haben Abitur und wollen Arzt oder Ärztin werden? Dann bietet sich in diesem Monat wieder eine Chance, die es früher nicht gegeben hat: der Einstieg ins Studium auch ohne den strengen Numerus Clausus zu erfüllen. Damit will das Land der Landarzt-Misere begegnen. Das will unbedingt auch der Vogelsbergkreis und lockt mit „medizin+“, einem Stipendium. Das Programm hat Erfolg, ergibt eine Nachfrage.

So gewährt der Vogelsbergkreis sein Stipendium mit 500 Euro Zuschuss monatlich ab dem 5. Semester an Studenten, „die sich verpflichten, nach der Facharztweiterbildung in einem Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung mindestens drei Jahre im Vogelsbergkreis vertragsärztlich tätig zu sein“, erklärt die Kreisverwaltung auf Nachfrage.

Bislang nehmen 13 Stipendiaten das Angebot wahr

Das Angebot zieht. Seit das Programm 2016 aufgelegt wurde, nehmen bislang 13 Studentinnen und Studenten es an. Sieben befinden sich in verschiedenen Semestern des Medizinstudiums, sechs sind in der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin, einer im ambulanten Abschnitt, der dieses Jahr die Weiterbildung abschließen wird. „Der erste Stipendiat ist demnächst fertig und wird sich niederlassen“, erklärt die Kreissprecherin Sabine Galle-Schäfer.

Vorreiter-Modell bei der ländlichen Versorgung

Was genau er plant, könne sie nicht sagen, aber er hat verschiedene Möglichkeiten. Er kann eigene eigene Praxis führen oder auch angestellt arbeiten an einem der beiden Standorte Grebenhain und Freiensteinau für das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Vogelsberg, mit dem der Kreis eine Vorreiterrolle einnimmt: Es ist das erste interkommunale MVZ in Hessen und gilt als zukunftsweisend in einer Zeit, in der der medizinische Nachwuchs die Selbstständigkeit in einer eigenen Praxis eher scheut. So fanden und finden viele ältere der 68 Hausärztinnnen und Hausärzte im Vogelsbergkreis keine Nachfolger. Kommunal betriebene Medizinische Versorgungszentren sollen die Versorgung sichern.

„Medizin+ ist ein ganz wichtiger Mosaikstein“

Dr. Jens Mischak, Erster Kreisbeigeordneter, Gesundheitsdezernent uund designierter Landrat, bezeichnet das Programm als erfolgreich „Für mich steht die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ganz klar im Fokus. Wir müssen alles versuchen, Ärzte für die Region zu gewinnen. Das Stipendium medizin+ ist da ein ganz wichtiger Mosaikstein. Für mich ist das ganz klar ein Erfolgsmodell“

„Medizin+“ gilt als ein erfolgreiches Modell, um neue Ärztinnen und Ärzte für den Vogelsbergkreis zu gewinnen. Foto: Lutz Habekost

Zusätzlich kooperiert der Vogelsbergkreis auch mit dem Studienprogramm des Landes, das ebenfalls die Landarztquote erhöhen soll. Wie das funktioniert, kann man auf einer Website nachlesen: Zum Wintersemester 2024/2025 werden die Unis Frankfurt, Gießen und Marburg 6,5 Prozent der Studienplätze für zukünftige Landärztinnen und Landärzte und 1,3 Prozent der Studienplätze für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zur Verfügung stellen. In einem zweistufigen Bewerbungsverfahren ist dabei nicht mehr die Abi-Note entscheidend, sondern die persönliche und fachspezifische Eignung.

Bedingung: Verpflichtung für zehn Jahre

Dafür müssen sich Teilnehmer dazu verpflichten, das Medizinstudium erfolgreich abzuschließen, die fachärztliche Weiterbildung in den Fachgebieten Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Kinder- und Jugendmedizin beziehungsweise Öffentliches Gesundheitswesen zu absolvieren und im Anschluss daran zehn Jahre in einer Region in Hessen zu arbeiten, für die ein besonderer Bedarf festgestellt wurde.

Das kann der Vogelsberg sein, muss es aber nicht – entscheiden ist der Bedarf. In jedem Fall ist der Kreis dabei und kooperiert im Rahmen des Studiums mit den Universitäten Marburg und Gießen. So werden zum Beispiel Praktika in Hausarztpraxen im Vogelsbergkreis ermöglicht.

Wer sich davon angesprochen fühlt, muss jetzt schnell sein. Das Zeitfenster, in dem man sich für dieses Jahr bewerben kann, ist kurz: Es ist der Februar.

von Axel Pries

 

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