Mehr praxisorientierte Berufsbildung am GymnasiumAlexander-von-Humboldt-Schule ermöglicht Neuntklässlern Werkstatttage in Fulda
LAUTERBACH (ol). Die Alexander-von-Humboldt-Schule in Lauterbach setzt sich für eine praxisorientierte Berufsbildung ein und ermöglicht Gymnasialschülern Einblicke in verschiedene Ausbildungsberufe. Durch Kooperationen mit Unternehmen und dem Berufsbildungszentrum werden Werkstatttage und Praktika angeboten, um den Schülern bei der Berufswahl zu helfen und ihnen Karriereperspektiven aufzuzeigen.
Nie gab es mehr Berufe als heute. Daher fällt vielen Schülerinnen und Schülern die Berufswahl schwer. Gerade wenn man – wie mit dem erfolgreich bestandenen Abitur zu erwarten – so gut wie alle Möglichkeiten hat, ist eine Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium nicht leicht. Wurden Gymnasiasten bisher eher über akademische Berufe aufgeklärt, fördert sowohl das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als auch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) heute die praxisorientierte Berufsbildung auch an Gymnasien. Mit ein Grund dafür: Berufliche und akademische Bildungswege sollen auf Augenhöhe gesehen werden; alle Schülerinnen und Schüler sollen unabhängig von der Schulform Anschlussmöglichkeiten nach der Ausbildung und Karriereperspektiven kennenlernen. Dazu gehört, dass auch Gymnasialschülerinnen und -schüler Ausbildungsberufe nicht nur in der Theorie kennenlernen, sondern sich auch ganz praktisch ausprobieren können. Schließlich ist auch das Abitur eine gute Grundlage, um im Handwerk oder Industrie nach erfolgreicher Ausbildung Karriere zu machen, heißt es.
Beide Ansätze – sowohl Studium als auch Ausbildung – verfolgt die Alexander-von-Humboldt-Schule laut einer Pressemitteilung mit ihrer Beruflichen Orientierung (BO) schon seit vielen Jahren.
Neben verpflichtenden Praktika sowie dem zusätzlichen Sozialpraktikum in der Stufe neun ermöglicht die Schule mit MINT-Projekten vielfältige Praxiserfahrungen, heißt es. So besuchen die Schülerinnen und Schüler der Stufe zehn im Zuge des Projektes „I am MINT“ mindestens zwei der mittlerweile 13 Partnerunternehmen aus der Region und profitieren von Azubi-Kontakten, erklärt die Schule. Damit trage das Gymnasium dem Bedarf der heimischen Wirtschaft nach Fachkräften in Ausbildungsberufen Rechnung und habe Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe neun in diesem Schuljahr erstmals Werkstatttage in Zusammenarbeit mit dem BBZ Mitte ermöglicht.
Das Fuldaer Berufsbildungszentrum ist schon seit längerer Zeit Partner der Schule im Bereich der Mensa und wurde vor allem wegen des mit 19 angebotenen Berufen sehr breiten Praxisangebots als Kooperationspartner für dieses Pilotprojekt ausgewählt, so heißt es. Das Berufsorientierungsprogramm (BOP) starte gemäß den Richtlinien des BMBF mit einer Stärken- und Potenzialanalyse, die den Praxistagen in verschiedenen Werkstätten vorgeschaltet sei. Die AvH bot ihren Schülerinnen und Schülern diese Analyse vorbereitend bereits in der achten Klasse an. Hierbei gehe es darum, dass die jungen Menschen sich Fragen nach ihren Interessen (Was will ich?), ihren Stärken (Was kann ich?) und ihrer Haltung (Empathie, Respekt, Wille) beantworten und auf diese Weise zu einer ersten Idee für ihre zukünftigen Berufe kommen.
Die Analyse fand – ähnlich aufgebaut wie ein Assessmentcenter – einen ganzen Tag lang im BBZ in Fulda statt und wurde anschließend in Einzelgesprächen mit den Jugendlichen ausgewertet. Begleitet und mediengestützt ergänzt wurde der gesamte Prozess mit der neuen „berufswahlapp“, welche ein Gemeinschaftsprojekt von Bund und Ländern darstellt, so heißt es. Die App löse den bisher genutzten Berufswahlpass als Printordner ab und soll junge Menschen dabei unterstützen, sich bei der Wahl ihres Berufs besser und nachhaltiger orientieren zu können.
Vor den Herbstferien konnten die Schülerinnen und Schüler dann vor Ort an jeweils zwei Tagen fünf Berufe kennenlernen. In den überbetrieblichen Ausbildungsstätten des BBZ erhielten sie Einblicke in die Bereiche Handwerk, Technik, Dienstleistungen, Wirtschaft und Soziales. Zehn Tage lang fuhren die Jugendlichen täglich nach Fulda, um dieses kostenlose Angebot zu nutzen. Organisatorisch begleitet wurde all das von den Lehrkräften der Alexander-von-Humboldt-Schule. Sie stellten die Klassentickets bereit und jeweils eine Lehrperson begleitete die Schülerinnen und Schüler während der Busfahrten vom Bahnhof Fulda zum BBZ und zurück, hieß es.
Nach den zwei Wochen hatten die jungen Menschen viele Erfahrungen gemacht, die sie an die Schule und das BBZ zurückmeldeten. Während die meisten von ihnen die Erfahrungen in den verschiedenen Berufsfeldern hilfreich fanden, monierten fast alle die Zustände in den öffentlichen Verkehrsmitteln, so hieß es. Doch auch das sei eine Realität, die zum Berufsleben gehöre. Die Schülerinnen und Schüler gaben nach dem ersten Durchlauf dieses Programms an der AvH auch wertvolle Anhaltspunkte für einen Ablauf in Zukunft: Sie würden gerne noch mehr nach ihren Neigungen in die Berufe schnuppern und den Zeitrahmen anders gestalten. Viele freuten sich, dass auch mehr praktische und handwerkliche Aspekte in die Berufliche Orientierung der AvH Einzug gehalten haben. Die meisten von ihnen gaben an, dass – egal aus welcher Perspektive – die Werkstatttage ihnen auf jeden Fall geholfen haben, Erkenntnisse für die Berufswahl zu sammeln. Sie konnten ihre Stärken besser kennenlernen und empfanden die Werkstatttage als gute Ergänzung zum regulären Fachunterricht, so hieß es.
„Das Berufsorientierungsprogramm in Kooperation mit dem BBZ ist sehr gut angelaufen, die Schülerinnen und Schüler haben in jedem Fall davon profitiert“, freut sich Oliver Stoy, der die Berufliche Orientierung an dem Lauterbacher Gymnasium koordiniert. „Die Rückmeldungen zu der ersten Durchführung des Projekts werden in die Vorbereitungen für das nächste Jahr einfließen, sodass auch die kommende Jahrgangsstufe 9 einen großen Nutzen aus dem Programm ziehen kann. Wir sind dabei auch offen für weitere Anbieter des BOP-Programmes und auch für ganz neue Projekte, die den Schülerinnen und Schülern Praxiserfahrungen ermöglichen.“ So plane die Schule aktuell gemeinsam mit SchuleWirtschaft die Umsetzung des neuen Konzeptes „SchulePlus“ sowie das von der Kreishandwerkerschaft des Vogelsbergkreises unterstützte Projekt „Ausbildungsbotschafter für den Vogelsberg“.
Fotos: Oliver Stoy
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