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Zu Besuch im Kostümverleih Günther in Mücke„Sie müssen strahlen, wenn sie das Kostüm tragen“

MÜCKE (akr). Christine Drabant aus Mücke empfängt in ihrem Haus in Merlau regelmäßig Hoheiten – genauer gesagt Prinzen und Prinzessinnen. Die Schneidermeisterin fertigt schon seit vielen Jahren Prinzenpaarkostüme für Fasching an. Zu Besuch an einem Ort, wo der Adel optisch zum Hingucker wird.

Die Schneidermeisterin Christine Drabant musste in ihrem Leben schon sehr viele Geheimnisse für sich behalten – und das über mehrere Monate hinweg. Selbst wenn enge Freunde nachgefragt haben, ist sie still geblieben und hat nichts verraten. Die 48-Jährige weiß nämlich schon vor allen anderen, wer das Prinzenpaar in der kommenden Faschingssaison sein wird – sie kleidet die karnevalistischen Hoheiten schließlich ein, ehe diese in der Regel am 11. November mit dem Beginn der fünften Jahreszeit der Öffentlichkeit präsentiert werden und das Geheimnis gelüftet wird.

Doch erstmal einen großen Schritt zurück, denn angefangen hat alles mit ihrer Oma. „Meine Oma hat immer Kostüme für Kinder genäht und verliehen, die Kostüme hat sie aber nie zurückbekommen. Dann dachte sie sich einfach: Dann nehme ich jetzt Geld dafür“, erzählt Drabant. Das war die Geburtsstunde des Kostümverleihs Günther, den die 48-Jährige seit 2006 nun in der dritten Generation betreibt. Unterstützt wird sie dabei noch von ihrer Mutter, die zuvor das Geschäft führte.

Eigentlich hatte Drabant nie vor, in die Fußstapfen ihrer Familie zu treten. „Ich bin gelernte technische Zeichnerin“, erzählt sie. Erst mit 27 entschied sie sich, eine Schneiderausbildung zu machen, nachdem sie ein halbes Jahr in Barcelona in einem Kostümverleih gejobbt hatte. Warum sie sich ausgerechnet nach ihrem Auslandsaufenthalt für eine Schneiderausbildung entschied, kann sie nicht sagen. „Vielleicht habe ich in Barcelona einfach mal den Kopf freigehabt“, vermutet sie.

Weniger Kostüme geliehen

Seit 2018 wird bei „Günthers“ aber ein Großteil der Kostüme nur noch zum Verkauf angeboten. Der Schwerpunkt des Verleihs wurde auf die Ausstattung von Prinzenpaaren und ihrem Hofstaat sowie auf individuelle Maßanfertigungen gelegt. Der Grund dafür: Das veränderte Kaufverhalten der Kunden. „Es wird alles nur noch im Internet bestellt“, musste Drabant feststellen. Nur noch wenige Menschen würden Kostüme leihen, denn der Trend, günstige Kostüme online zu kaufen, sei einfach da.

„Da kann ich einfach nicht mehr mithalten“, sagt sie und ergänzt: „Ich würde mir aber wünschen, wieder mehr den Klick im Dorf zu haben, auch aus Gründen der Nachhaltigkeit.“

Noch etwa 500 bis 600 Kostüme sind derzeit noch nicht verkauft.

Von Western, Mittelalter oder 70er Jahre bis hin zur Disneyprinzessin, Engel, Teufel und Co. – etwa 500 bis 600 Faschingskostüme in unterschiedlichen Größen warten noch immer darauf, neue Besitzer zu finden. „Ich hätte den Raum gerne leer, ich möchte hier für Groß und Klein Nähkurse anbieten“, sagt Drabant, während sie gerade einige Kostüme am Kleiderständer zurechtrückt. Die Nähmaschinen dafür wären auch schon vorhanden, aktuell befinden sie sich aber noch eingepackt im Karton und warten auf ihren Einsatz. Sie hofft aber, dass sich das bald ändert.

Im Raum nebenan, wo die Faschingskostüme früher zu finden waren, hängen nun wahre handwerkliche Meisterleistungen. Etwa 50 Prinzenpaarkostüme, auch für die kleinen Hoheiten, gibt es hier aus der Feder der 48-Jährigen zu bestaunen – und natürlich auch zum Leihen. Die meisten davon natürlich in den royalen Farben: blau und rot. „Schwarz macht eher einen traurigen Eindruck auf der Bühne, deshalb versuche ich die Kunden von schwarz abzubringen“, erzählt die Schneidemeisterin mit einem Lächeln im Gesicht, ehe sie nicht zum ersten Mal an diesem Tag ans Telefon geht. Kein Wunder, schließlich ist die Faschingssaison schon voll im Gang.

Prinz und Prinzessin müssen optisch zueinander passen.

Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit ist es aber laut Drabant noch sehr verhalten. Damit habe sie aber auch gerechnet. Sie blickt aber positiv in die Zukunft und ist sich sicher, dass es in der nächsten Saison schon wieder anders aussehen wird. Dennoch: die vergangenen Corona-Jahre waren für die Schneidermeisterin nicht einfach, denn ohne Fasching gab es für sie auch keine Arbeit, um es kurz und knapp auf den Punkt zu bringen. Deshalb fing sie an, nebenbei Handwerksunterricht an einem Gymnasium zu geben.

Den Kunden im Fokus

Wie viele Prinzenpaarkostüme bereits ihre Handschrift tragen, kann Drabant übrigens nicht beantworten. In der Regel, ohne Corona, sind es aber 20 bis 25 Prinzenpaarkostüme, die sie pro Saison anfertigt. Dafür investiert sie unzählige Stunden – und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, wird dabei allerdings schwierig, denn getreu dem Motto „der Kunde ist König“, orientiert sie sich natürlich an ihren Wünschen. „Sie müssen strahlen, wenn sie das Kostüm tragen. Sie müssen sich einfach wohlfühlen“, erzählt sie.

Auch Kinderprinzenpaarkostüme können ausgeliehen oder angefertigt werden.

Dabei handelt es sich aber nicht immer um nigelnagelneue Anfertigungen, schließlich kann man bei ihr auch Prinzenpaarkostüme leihen – eine große Auswahl an verschiedenen Größen und Stilrichtungen ist jedenfalls da. Was aber nicht bedeutet, dass an den Kostümen dann nichts geändert werden muss, es ist nämlich selten, dass es 1:1 passt.

„In der Regel guckt man dann immer erst nach der Frau“, sagt sie. Da müsse man nämlich eher schauen, wie es von der Figur her passt, ehe man sich dann dem Prinzen widmet. „Mann und Frau sind immer aufeinander angepasst, es muss ein stimmiges Bild auf der Bühne geben“, lächelt die 48-Jährige und erinnert sich zugleich an einen Fall, bei dem nicht zuerst nach der Prinzessin geschaut wurde.

„Die Frau konnte sich einfach nicht entscheiden, also musste sie sich fügen“, sagt Drabant mit einem Schmunzeln im Gesicht, ehe sie ein schwarzes Kostüm mit goldfarbenen Epauletten aus ihrem Fundus hervorzieht. „Man sieht was man geleistet hat, das hat man nicht in jedem Beruf. Ich mache es wirklich gerne“, sagt sie und blickt dabei auf ihre Kreation, der sicherlich noch viele weitere folgen werden.

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