„Red Cunt“ – Filmvorführung im Lichtspielhaus mit Regisseurin Toti BachesDas beste Blut der Welt
LAUTERBACH (ol). Das Team des Lauterbacher Altweibersommers zeigte als Auftaktveranstaltung ihres diesjährigen Mottos „Alles rot“ den Film „Red Cunt“ von Toti Baches. Um was es dabei genau ging, lesen Sie hier.
„Eklig“, „Stinkt“, „Nervt“, Unhygienisch“. All das trifft nach landläufiger Meinung auf die Menstruation zu – egal, ob sich Männer oder Frauen dazu äußern. Gut vierzig Jahre begleitet die Regelblutung Frauen in ihrem Leben – als Zeichen dafür, dass sie Leben geben können und auch ein Zeichen für körperliche Gesundheit.
Warum also ist die Menstruation immer noch ein Tabu – selbst in den vermeintlich freizügigen und aufgeklärten Ländern? Und wie erklärt eine Mutter ihrer Tochter, dass es nicht geheim oder peinlich ist, die Regelblutung zu haben, sondern dass es sich dabei um eine zugegebenermaßen manchmal lästige, doch ganz normale Angelegenheit handelt?
Tiefe Einblicke in die Entstehung des Films
Diese Frage war der Ausgangspunkt für Toti Baches Film „Red Cunt“, den das Team des Lauterbacher Altweibersommers als Auftaktveranstaltung der diesjährigen Reihe im Lichtspielhaus zeigte, die unter dem Motto „Alles rot“ stattfindet, heißt es in der Pressemitteilung.
Betreiberin Steffi Dörr war sichtlich erfreut, die eigens aus Hamburg angereiste Toti Baches im Kino begrüßen zu dürfen, die ihrerseits einen tiefen Einblick in die Entstehung des Films gab: Über fünf Jahre saß sie daran, Premiere in Deutschland war im Herbst vergangenen Jahres.
Regisseurin Toti Baches berichtete gutgelaunt von der Entstehung des Films und von neuen Projekten. Foto: Traudi Schlitt
„Red Cunt ist kein Film für zehnjährige Mädchen, denen wir erklären, wie unser Körper in Sachen Periode funktioniert.“ Darauf wird in verschiedenen Einführungen zu dem Film hingewiesen – nicht ganz zu Unrecht, denn einige Szenen könnten Kinder tatsächlich irritieren. Nichts destotrotz ist die Idee eines illustrierten Geschöpfes, das aus dem wunderbaren, in die Farbe Rot getauchten Reich Menstrulaxe kommt und mit seinem Eimerchen voller Menstruationsblut das ihm zugedachte Mädchen aufsucht, liebevoll und wertschätzend.
Umso erstaunter ist die Menstruationsbringerin Mensi, die ab sofort das Mädchen und später die Frau Isabel begleitet, als sie sieht, wie mit der Menstruation umgegangen wird: Schambehaftet von allen Seiten, belacht von Männern („Die hat bestimmt ihre Tage“) und von der „Hygieneindustrie“ eingenommen, ganz so, als ob die Regelblutung unhygienisch sei.
Verschiedene Interviews im Vorfeld geführt
Für ihren Film hat die Regisseurin verschiedene Frauen und einen Transmann interviewt, war zu Gast in einem „Sex Positivity-Seminar“ und stellte den Zuschauerinnen die Wrestlerin Stepha Zanella vor, die sich für einen Kampf in Fantasiekostümen eine riesige Vulva aus rotem Samt, bestickt mit Perlen und Pailletten näht, aus der sie im Falle eines Sieges Flüssigkeit versprühen kann.
„Thunder Cunt“ (Donner- Möse) hat sie selbstbewusst und strahlend auf ihr glänzendes Kostüm gestickt, mit dem sie später in der Hamburger Bar „Ritze“ auf ihren Gegner in Verkleidung einer Gurke treffen wird – was nach Aussagen der Regisseurin wirklich ein Zufall war.
Die Ideen und die Vorgehensweisen aller Frauen – seien es Aktivistinnen der Initiative „Pussy Power“ oder die Transformationscoach Alisa Eresina, die Frauen für ihren Körper und einen entspannten Umgang mit der Periode ohne Hilfsmittel sensibilisieren möchte – erstaunten und begeisterten die Frauen im Zuschauerraum, auch wenn sie selbst mit stereotypen Menstruationsbildern, formuliert durch Werbung auf der einen Seite und männerdominierte Medizin auf der anderen Seite, aufgewachsen und vertraut sind.
Nachhaltige Alternativen
Offenbar möchten Frauen heute einen eigenen, selbstbewussten Umgang mit ihrer Regelblutung finden und suchen sich dazu auch andere Mens-Artikel als Binden und Tampons: Insbesondere Menstruationstassen und Menstruationsslips wurden hier vorgestellt. Letztere Entwicklungen von Frauen, die zeigen möchten, dass es nachhaltige und sehr praktische Alternativen gibt.
Eine Alternative zum Leiden unter der Menstruation zeigte die Schauspielerin und Sängerin Clara Moraleda auf. Sie hat eine Hymne auf ihre Monatsblutung geschrieben, die sie gutgelaunt und witzig vorträgt. Witzig war auch die Vorstellung eines Rollentauschs: Während Mädchen noch heute nach ihrer ersten Periode mit gesenktem Haupt ihre Binden oder Tampons verstecken, würden Jungs sich vermutlich damit brüsten, wie rot, wie viel und wie schmerzhaft es war.
Trotz des ernsten Themas, das sich auch immer wieder mit der Objektifizierung der Frau beschäftigt und der über Jahrhunderte gefestigten männlichen Sicht auf dieses urweibliche Thema, blitzte an vielen Stellen der Humor durch, auch als Toti Baches erzählte, wie sie und ihr Team auf der Reeperbahn drehten, wie all das ihrer jetzt 16-jährigen Tochter auf den Geist geht oder wie sie sich jetzt schon auf die drei weiteren Folgen ihrer „Cunt“-Reihe freut.
Die Frauen im Publikum würdigten den Film und den mit ihm überbrachten Perspektivwechsel mit viel Applaus und dankten sowohl der Regisseurin für diese Denkanstöße als auch Steffi Dörr für die Filmauswahl. Der Altweibersommer geht weiter: Am Donnerstag, dem 20. Oktober, um 19.30 Uhr mit der Lesung „Alles so schön rot hier“ mit Traudi Schlitt im Keller des Hohhauses.
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