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City-Ambulanz hilft ukrainischem MädchenWenn ein Rollstuhl für leuchtende Augen sorgt

ALSFELD (jal). Manchmal ist es erschreckend banal, mit was man Menschen in Not eine aufrichtige Freude machen kann. Das haben vor Kurzem auch die Mitarbeiter der City Ambulanz gemerkt. Dank ihnen muss ein 17-jähriges gehbehindertes Mädchen, das aus der Ukraine geflohen ist, nicht mehr in einem Kinderwagen rumgefahren werden – sondern hat nun einen eigenen Rollstuhl.

Mehrmals in der Woche kommen die Mitarbeiter der City-Ambulanz bei der Alsfelder Hessenhalle vorbei, um Menschen aus der dort angesiedelten Notunterkunft für Geflohene aus der Ukraine ins Krankenhaus zu fahren, weil sie zum Beispiel geröntgt werden müssen. Vor Kurzem war auch die 17-Jährige Anna ihr Fahrgast.

Anna ist seit ihrer Geburt in ihrer Bewegung stark eingeschränkt und kann nicht laufen. Dass sie im Rollstuhl sitzt, nun, diese Formulierung stimmte bis vor einigen Tagen jedoch nicht wirklich. Anna kam nämlich in einem umgebauten Kinderwagen nach Deutschland, den sie auch schon in der Ukraine als Rollstuhl-Ersatz nutzte.

Warum das Mädchen so lange in einem Kinderwagen hin und her geschoben werden musste, wissen City-Ambulanz-Chef Hans-Joachim Röhrig und seine Mitarbeiter nicht. Die Ukraine war vor dem Krieg eigentlich kein Land, von dem man denkt, dass Menschen dort nicht mit Rollstühlen versorgt werden könnten.

Aber am Ende war das den Helfern auch egal. Sie sahen nur, so erzählt Röhrig, wie Anna aufblühte, als sie für ihren Termin im Krankenhaus in einen richtigen Rollstuhl der City-Ambulanz gesetzt wurde. „Sie wirkte richtig befreit“, erzählt er. Man müsse sich nur mal vorstellen, was es bedeute, als 17-Jährige für jede Bewegung von jemandem geschoben werden zu müssen – in einem Kinderwegen. Jetzt mit dem richtigen Rollstuhl war alles anders. Anna konnte plötzlich selbst bestimmen, wohin sie wollte. Es ging vorwärts, rückwärts, hin und her auf den Krankenhausfluren, sagt Röhrig.

Aber irgendwann kam das Ende des Krankenhaustermins – und Anna sollte, so wie üblich, den Rollstuhl der City-Ambulanz wieder abgeben. „Das hat das Mädel – ja, wie soll ich sagen – sehr traurig gemacht. Und nicht nur das Mädel, sondern auch uns“, erzählt Röhrig. So konnte die Geschichte nicht zu ende gehen. Röhrig und sein Team spürten: Da musste etwas geschehen. Also nahmen sie sich nach dem traurigen Abschied den Rollstuhl vor, checkten ihn nochmal richtig durch – und brachten ihn schließlich Anna als Geschenk vorbei. „Da hätten Sie mal leuchtende Augen sehen können“, erzählt Röhrig – und lacht zufrieden dabei.

„Komm, das Ding tut noch was Gutes“

Es kommt immer mal wieder vor, dass die City-Ambulanz Hilfsmittel wie Rollatoren oder Rollstühle aus ihrem eigenen Fundus an Bedürftige abgibt. Doch dieser Rollstuhl, sagt Röhrig, sei ein ganz besonderer gewesen. Er habe seiner Frau gehört, die den Kampf gegen eine Krebserkrankung verloren habe. Zunächst habe er den Stuhl aufgehoben, aus sentimentalen Gründen. Doch irgendwann dachte er sich: „Komm, das Ding tut noch was Gutes“ und habe ihn mit zur City-Ambulanz genommen.

Mit dieser Annahme sollte Röhrig recht behalten. Sein Team und er betonen, wie aufrichtig dankbar Anna und ihre Familie gewesen seien. Wo sich sie sich mittlerweile befinden, weiß Röhrig nicht. Die Alsfelder Notunterkunft ist eine Durchgangsstation, Anna ist inzwischen weitergezogen. Endlich frei und selbstbestimmt – zumindest ein bisschen mehr als vorher.

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