Mahnmal am Lauterbacher Friedhof war ausdrucksstarke KulisseGedenken an gleich drei historische Ereignisse
LAUTERBACH (ol). Am 4. März trafen sich die Mitglieder der Sudetendeutschen Landsmannschaft und des Bundes der Vertriebenen um den Ereignissen vom 4. März 1919, den Vertreibungsopfern 1945/46 und auch der aktuellen Situation in der Ukraine zu gedenken.
Alljährlich wird bei den Heimatvertriebenen am 4. März an die schrecklichen Ereignisse im Jahre 1919 gedacht, als überall im Sudetenland friedliche Kundgebungen gegen die Eingliederung der Deutschen in die neu gebildete tschechoslowakische Republik stattfanden. Die Demonstranten beriefen sich dabei auf das von dem damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson nach dem ersten Weltkrieg programmierte Selbstbestimmungsrecht der Völker und Volksgruppen als Grundprinzip der beabsichtigten Friedensregelung, heißt es in der Pressemitteilung des BdV.
Der Konflikt eskalierte und endete schließlich besonders tragisch mit der wahllosen Erschießung von 54 Demonstranten, darunter auch Frauen und Kinder, durch das tschechoslowakische Militär, heißt es weiter. Viele Male sei seit jenem denkwürdigen Tag das Selbstbestimmungsrecht der Völker auf der ganzen Welt mit Füßen getreten worden, so vor allem nach dem 2. Weltkrieg, als rund 15 Millionen Menschen unter größten Opfern aus ihrer angestammten Heimat gewaltsam vertrieben wurden.
Gedenksteine und Mahnmale als Zeichen
Diese furchtbaren Ereignisse sind längst in die Erinnerungskultur eingeflossen und damit Teil unseres kollektiven Gedächtnisses bei der gesamten deutschen Bevölkerung geworden. In diesem Zusammenhang sind Gedenksteine und Mahnmale immer sehr deutliche Zeichen einer Erinnerungskultur und verfolgen den Zweck, bestimmte Ereignisse für künftige Generationen lebendig zu halten.
So trafen sich auf dem Lauterbacher Friedhof beim Vertriebenenmahnmahl am vergangenen Freitag Mitglieder der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu einer Gedenkveranstaltung, bei der auch der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen in Hessen, Siegbert Ortmann, zugegen war und dann auch die Gedenkrede zu den Ereignissen vom 4. März 1919, den Vertreibungsopfern 1945/46 und schließlich zur aktuellen Situation in der Ukraine hielt.
Dabei wies er darauf hin, dass nunmehr in das „gedankliche Inhaltsverzeichnis“ des im Jahre 2015 errichteten zeitenübergreifenden Gedenksteines „Flucht, Vertreibung, Deportation“ auf dem Lauterbacher Friedhof eine weitere europäische Menschheitstragödie einzubeziehen sei, nämlich die riesige Fluchtbewegung aus der Ukraine.
„Bei dieser menschenverachtenden Entwicklung drohe die Situation zur größten Flüchtlingskrise in diesem Jahrhundert in Europa zu werden“ sagte Ortmann und fügte hinzu, dass der Krieg in der Ukraine uns geographisch so nah sei und Ängste und Erinnerungen an die eigene Vertreibung im vorigen Jahrhundert wecke. Wie damals kämen die Menschen mit nichts als dem, was sie in ihren Händen halten können, wie Koffer und Taschen und auf dem Rücken oder vor der Brust dazu oft eine Trage mit einem Kleinkind, das noch nicht laufen könne.
Und noch etwas ähnele der Situation von 1945/46: Es seien überwiegend junge Frauen und Kinder die derzeitigen Heimatvertriebenen, ihre Männer seien Soldaten oder in Gefangenschaft. Herzzerreißende Bilder vom nimmer endenden Fluchtgeschehen erreichen uns täglich und es bleibe nur die Hoffnung, dass der machtbesessene russische Despot Wladimir Putin doch noch sein verbrecherisches Tun aufgebe und diesen Krieg beende. Denn das allgemein geltende Völkerrecht gebe doch einen gewissen Rahmen für ein gedeihliches Zusammenleben auf dieser Welt. Und dazu gehöre vor allem der Schutz bestehender Grenzen und bei Kriegshandlungen das uneingeschränkte Gewaltverbot gegenüber der Zivilbevölkerung. Beides missachte Putin im Ukraine-Konflikt eklatant.
Deshalb verurteile der Bund der Vertriebenen in Hessen mit allen seinen Mitgliedern diese beispiellose kriegerische Aggression des russischen Machthabers Putin gegenüber dem ukrainischen Volk auf das Schärfste. Denn dieser Krieg stelle ohne jeden Zweifel einen Angriff auf die europäische Friedensordnung dar, die bekanntlich auf Freiheit, Menschenrechten, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit beruhe.
Solidarität und Hilfeleistungen
Der BdV-Landesvorsitzende lobte in diesem Zusammenhang die Solidarität und Hilfeleistungen durch die ukrainischen Nachbarländer, von denen aus nach dem 2. Weltkrieg selbst noch Millionen von Deutschen zwangsweise und qualvoll ins Ungewisse vertrieben worden seien. Wenn schon nicht unmenschliche Kriegsereignisse eines russischen Machthabers in diesen Tagen vermieden werden konnten, so habe sich doch die allgemeine Einstellung bei der Bevölkerung in den Aufnahmeländern wie zum Beispiel in Ungarn, Polen oder Tschechien mit der bereitwilligen Versorgung der Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen „Gott sei Dank“ grundlegend zum Positiven verändert.
Abschließend kündigte Siegbert Ortmann an, dass sich auch der BdV-Hessen ab sofort an der Hilfe für die bei uns jetzt ankommenden Flüchtlinge aktiv beteiligen und die umfassende Migrationsberatung für diesen bedauernswerten Personenkreis in der Landesgeschäftsstelle in Wiesbaden ausweiten werde. „Und vielleicht entdecken bei dieser großzügigen Willkommenskultur die unzähligen Helfer im ganzen Land und auch die Vertriebenen von einst sogar ein bisschen unsere persönliche oder unsere gemeinsame Geschichte“, so der BdV-Landesvorsitzende.
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