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Ausbau der AutobahnA49: Gericht weist Eilanträge gegen Protestcamp-Verbote ab

DANNENROD/GIEßEN (ol). Das Verwaltungsgericht Gießen hat Eilanträge gegen Verbote von drei Protestcamps gegen den Ausbau der A49 abgewiesen. Das teilte das Gericht am Mittwoch in einer Erklärung mit. Auch die Auflagen für das bewilligte Camp bei Stadtallendorf kassierten die Richter nicht.

„Das Verwaltungsgericht Gießen führt in seinen Entscheidungen aus, dass sich die Bescheide des Regierungspräsidiums Gießen insgesamt als rechtmäßig erweisen“, heißt es in der Mitteilung.

Es sei bereits zweifelhaft, ob die angemeldeten Veranstaltungen überhaupt als Versammlung im Sinne der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit zu qualifizieren seien, urteilten die Richter. Jedenfalls aber die angedachten Übernachtungen in Zeltlagern am Veranstaltungsort seien nicht Teil des Versammlungszweckes. Die Orte, an denen die Camps verboten wurden (Dannenrod, Kirtorf und Lehrbach bei Kirtorf), seien nicht öffentlich zugänglich und daher nicht für Camps geeignet. Im Fall des geplanten Protestcamps in Lehrbach wurde die dort begehrte Fläche (Sportplatz) bereits an das Polizeipräsidium Mittelhessen vermietet.

Den Veranstalter einer Versammlung treffe die „Obliegenheit, in der Anmeldung konkrete Angaben zu den Modalitäten der Versammlung zu machen“. Der Antragsteller habe nicht begründet, ob für die Dauer der angemeldeten Veranstaltung überhaupt tatsächlich eine Versammlung stattfinden soll und welche der angemeldeten Gegenstände (genannt waren etwa mehrere Großraumzelte, Feldküche, Bühne, Soundanlage, Tische und Stühle) gegebenenfalls hierfür wesensnotwendig sein sollen. Der Inhalt der Veranstaltungen bleibe auch im gerichtlichen Eilverfahren „noch mehr als vage“. Im Hinblick auf die erwartete Teilnehmerzahl, den genauen Zeitraum und vor allem den Ablauf der geplanten Veranstaltungen sowie etwaige Programmpunkte lägen aktuell keine konkretisierenden Angaben vor, hieß es von dem Gericht.

RP genehmigt weiteres A49-Protestcamp auf Dannenröder Sportplatz

Das Gericht sieht auch die für das erste erlaubte Protestcamp in Schweinsberg bei Stadtallendorf gemachten Auflagen als rechtmäßig an. So darf das Camp nur bis zum 20. Oktober stattfinden, Versammlungen dort sollen um 23 Uhr enden, Zelte zum Übernachten sind verboten. „Durch eine (dauerhafte) Unterbringung von Versammlungsteilnehmern auch zur Übernachtung würden insbesondere Rechtsgüter der Bürger von Stadtallendorf betroffen. Auch Belange des Lärmschutzes und des Naturschutzes der umgebenden Flächen stünden einer nächtlichen Nutzung wie durch den Antragsteller angemeldet entgegen“, heißt es in der Begründung des Gerichts.

Das Regierungspräsidium hatte gestern darüber informiert, dass einer anderen Anmelderin ein weiteres Camp in Dannenrod auf dem ehemaligen Sportplatz genehmigt worden ist. Auch dort gelten Auflagen, die Teilnehmerzahl ist auf 500 begrenzt, die Versammlungen sollen ebenfalls um 23 Uhr enden. Die Fläche war dem ersten Anmelder der teils verbotenen Camps vorher als Ausweichfläche angeboten worden.

Das RP reagierte in einem Statement wie folgt auf das Urteil: „Die Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen bestätigen unsere rechtliche Bewertung der Anträge. Dabei stützt es unter anderem auch die Argumentation, dass Übernachtungen in Zeltlagern am Veranstaltungsort nicht Teil des Versammlungszweckes sind. Ein weiterer Aspekt, der unsere Einschätzung bejaht: das Verwaltungsgericht hält auch die Auflagen für das genehmigte Protestcamp in Schweinsberg für rechtmäßig.“

Die Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen. A49-Gegner kündigten schon gestern an, dass man im Falle eines weiteren Verbots weitere rechtliche Schritte unternehmen wolle. Außerdem könne es Gruppen geben, die sich über die Übernachtungsverbote hinwegsetzen könnten, hieß es.

„Das Regierungspräsidium wird sich noch ärgern, dass sie uns das verboten haben, weil wir andere kreative Möglichkeiten finden werden, unseren Protest zum Ausdruck zu bringen, selbst wenn es nicht in dieser Form ist“, sagte eine Sprecherin im Namen des Camp-Organisationsteams mit Blick auf die Übernachtungsverbote. „Wir werden uns nicht kleinmachen lassen, weitere rechtliche Möglichkeiten prüfen und weitere Demonstrationen anmelden.“ Man selbst wolle sich dem konkreten Übernachtungsverbot nicht entgegenstellen (wir werden das nur machen, wenn es rechtlich erlaubt ist“), jedoch könne das Team nur für sich selbst und nicht für andere Gruppen sprechen.

5 Gedanken zu “A49: Gericht weist Eilanträge gegen Protestcamp-Verbote ab

  1. Das ist ja nicht zu fassen!!!
    Hier sollen in Zeiten der Corona-Pandemie „Protestcamps“ für mehere hundert Menschen geschaffen werden, ohne vernünftige sanitäre Einrichtungen und Hygienestandards. In den Nachrichten hört man aktuell andauernd von den unhaltbaren Verhältnissen im Flüchtlingscamp auf der Insel Lesbos. Auch hier gibt es viel zu wenig Toiletten (1 für 250 Menschen), kein Wasser,schlechte Hygienebedingungen und Coronainfektionen mit enorm ansteigenden Zahlen.Diese Verhältnisse sind schon schlimm genug (eigentlich unverantwortbar!!) für ein Flüchtlingscamp. Und nun soll hier vor Ort für die „Aktivisten“ , völlig ohne Not, sondern aus reiner Profilierungssucht der „linken Gruppen“ so ein Drecksloch geschaffen werden. Wie verantworten es denn die Genehmiger der Camps, wenn durch diesen unnötigen „Saustall“ unsere Region plötzlich zum Corona-Hotspot wird? Wenn in den Umliegenden Ortschaften überall „übernachtende Aktivisten“ in den Ecken (oder sonstwo) liegen, weil das camp ja ab 23 Uhr geräumt sein muß.
    Dann Scheißen die den Anliegern womöglich noch in die Gärten und vermüllen die Dörfer! Schweinsberg müßte sich ja noch erinnern können, wie es war, als damals am alten Sportplatz hunderte „Zigeuner“ campiert haben, die aus ganz Europa zu einer Hochzeit angereist waren. In welcher Welt leben wir hier eigentlich? Geht endlich nach Hause, ihr „Aktivisten“ und verschont uns mit Eurer Rechthaberei und dem Geheuchel, Euch für den hiesigen Wald einsetzen zu wollen !

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  2. Das ist eine sehr gute Nachricht. Die Sabotage von Baustellen ist nämlich vom Grundgesetz nicht gedeckt. Sich einen Vorwand suchen, wie hier die Umwelt um Krawall zu machen, kann vom Staat nicht geduldet werden. Diese Leute gehen zumindest im Hinterkopf davon aus, dass sie ihr Unrecht fortsetzen können. Wenn dann aber die Hundertschaften der Polizei anrücken und die Besetzer ihre Felle davon schwimmen sehen, dann wird die Stimmung in Gewalt umschlagen. Leider! Es war deshalb ein großer Fehler, dass in den vergangenen Wochen und Monaten durch Politiker keine klaren Ansagen gemacht wurden.
    Wichtig ist, dass hier ein Zeichen für die Demokratie gesetzt wird und sich der Rechtsstaat durchsetzt. Umweltschutz ist ohne Demoratie nicht möglich. Politik wird in unserem Land in den gewählten Parlamenten gemacht und nicht im Wald.

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    1. Ein ganz toller Beitrag Tim. Und eine wundervolle Erkenntnis: Umweltschutz wurde erst durch Demokratie möglich. Viele die leiden erklären wenigen die profitieren, dass es zu Lasten der Umwelt nicht mehr weiter geht. Und siehe da, seit etlichen Jahrzehnten schwimmen in deutschen Flüssen wieder gesunde Fische.

      Man erkennt rund um den Globus, dass je demokratischer ein Land, desto größer auch das Begehren nach Umweltschutz ist. Deutschland steht da zu unser aller Glück sehr weit vorne 🍀

      Nun sind es leider genau diese Gewalt suchenden linksorientierten Menschen, die nichts mit Umweltschutz zu tun haben. Genau die missbrauchen die Rechte der Demokratie und behaupten ihre Besetzung wäre gedeckt durch das Recht der Meinungsfreiheit.

      Ich wähle grün und sage dennoch: ihr habt kein Recht das zu tun. Ihr schadet der Demokratie und dem Ansehen der wirklichen Umweltschützer.

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      1. Interessante Weltanalyse. Die demokratischen Staaten wie Deutschland, Frankreich, Groß Britannieren, USA, Japan usw. sind also die Umweltengel in der Welt? Gehts noch? Tatsächlich sind sie die brutalsten Ausbeuter mit dem höchsten Energie- und Ressourcenverbrauch, der Erzeugung von Hunger und Elend durch Angriffskriege und Ausbeutung (z.B. Futter- und Nahrungsmittelimporte in die eigenen Länder) usw. Falsch ist auch der Glaube, in Deutschland gäbe es eine besonders aktive Umweltbewegung. Es sind fast alles gut situierte Bildungsbürger*innen, die an das Gute von oben glauben und nicht zu kämpfen bereit sind. Der Kommentar von „Kritischer Historiker“ belegt das brillant.

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