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Exkursion des BUND Vogelsberg zur "Herbsteiner Koppelhut"Ein Schlaraffenland für Amphibien und Insekten

HERBSTEIN (ol). Eine 14-köpfige Gruppe des BUND Vogelsberg traf sich kürzlich, um sich gemeinsam eine faszinierende „Wasserlandschaft“ in der Gemarkung Herbstein anzuschauen. Diese ist auch unter der Bezeichnung „Herbsteiner Koppelhut“ bekannt.

In der Pressemitteilung des BUND Vogelsberg heißt es, als wahrer Kenner und federführender Mitinitiator dieser großflächigen Biotoplandschaft ist Dittmar Oefner bekannt – Förster und Stadtrat aus Herbstein. Oefner hatte sich dankenswerterweise bereit erklärt, die BUND-Gruppe durch die Herbsteiner Koppelhut zu führen. Dabei konnte man erfahren, dass der Name auf die frühere Nutzung dieses Geländes zurückgeht. Denn bis in die 1950er Jahre hinein wurde hier auf den gemeindeeigenen Flächen Vieh gehütet. Beeindruckende Lesesteinwälle legen hiervon bis heute Zeugnis ab. Veränderungen der Landwirtschaftsstrukturen führten dazu, dass das Hüten der Tiere immer mehr an Bedeutung verlor. So wurde beschlossen, das Gelände  von insgesamt 21 Hektar forstwirtschaftlich zu nutzen.

Dem damaligen Zeitgeist folgend, wurde weitestgehend mit Fichte aufgeforstet. Die Stürme Wiebke (1990) und Kyrill (2007) vernichteten den Fichtenbestand fast vollständig, heißt es weiter. Die so entstandene „Freifläche“ erfuhr im Laufe der letzten Jahre nach und nach eine Umnutzung. Durch die gelungene Kooperation zwischen der Stadt Herbstein, dem ortsansässigen Vogel- und Naturschutzverein und der Unteren Naturschutzbehörde des Vogelsbergkreises entstand eine Vielzahl verschiedener Wasserflächen, die durch ein Quellgebiet, aber natürlich auch durch „Oberflächenwasser“ gespeist wird.

Artenvielfalt und Wasserspeicherung

Oefner führte aus, dass bei der Ausgestaltung der Teichflächen durch das Tiefbauunternehmen Wolfgang Schleich aus Gedern naturschutzfachlicher Sachverstand die Regie führte. So entstand in der Herbsteiner Koppelhut im Laufe der letzten Jahre ein Mosaik von Teichen unterschiedlichster Größe und auch Wassertiefen. Die ausgedehnte „Wasserlandschaft“ umfasst mittlerweile ein Gebiet von rund fünf Hektar und diene vor allem zwei großen Zielen: Artenvielfalt (Biodiversität) und Wasserrückhaltung im Wald. Bei schweißtreibenden Temperaturen von über 30 Grad konnte sich die BUND-Gruppe davon überzeugen, wie wichtig gerade in Zeiten weniger oder fehlender Niederschläge ein solches Teichsystem im Wald ist. Das oft zu beobachtende Baumsterben aufgrund zu geringer Regenmengen macht die Notwendigkeit der Wasserspeicherung im Wald nur allzu deutlich.

Foto: Balles

In der Koppelhut wird, so Dittmar Oefner, das Oberflächenwasser von etwa 90 Hektar Wald auf die Fläche geleitet. Wie wichtig Waldgebiete zudem als Schattenspender sind, wurde bei den heißen Temperaturen schnell jedem klar. Der Gang durch das Biotopgebiet wurde hin und wieder durch das Quaken von Fröschen begleitet. Oefner wies darauf hin, dass im Frühling hier sogar regelrechte Froschkonzerte erlebbar sind. Überhaupt sei die Herbsteiner Koppelhut ein Schlaraffenland für Amphibien und Insekten. Der Besatz mit Kleinfischen in einigen Teichen (Moderlieschen, Bitterling, Rotauge, Ukelei, Teichmuschel) wertet den Lebensraum unter Wasser auf und bietet Nahrung für Eisvogel, Graureiher und Schwarzstorch.

Auch der seltene Neuntöter ist in der Koppelhut anzutreffen. Die Errichtung von Kleinstrukturen wie Steinhaufen und das Platzieren von Wurzeln und Totholz fördert darüber hinaus den Artenreichtum. Alles in allem zeigte sich die BUND-Gruppe dankbar und erfreut über die fachkundigen Erläuterungen durch den Experten. Auch wenn es sich bei der Herbsteiner Koppelhut um ein von Menschenhand geschaffenes Gebiet handelt, sei festzuhalten, dass es hier in hervorragender Weise gelungen sei, einen Biotopverbund zu schaffen, der in beispielgebender Form der Biodiversität und der Wasserspeicherung im Wald gleichermaßen dient.

„Dem Frosch ist es egal, ob er eine schöne Aussicht hat. Die Lebensbedingungen müssen stimmen. Es kommt darauf an, Lebensräume zu schaffen“ – so Dittmar Oefner. Dem konnte die Gruppe nur zustimmen. Naturflächen sind – gerade in heutiger Zeit – nur noch äußerst selten unberührt. Weitaus häufiger sei, dass der Mensch auch in die Gestaltung von Naturflächen eingegriffen hat, so dass der Begriff Kulturlandschaft angebracht ist. Bei allen Eingriffen in die Natur sollte man bedenken, dass die Natur den Menschen eigentlich nicht braucht, wohl aber der Mensch die Natur. Die Herbsteiner Koppelhut ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. In Bälde wird im „Eingangsbereich“ eine Info-Tafel vorzufinden sein, die die wichtigsten Infos zum Biotop sowie Verhaltenshinweise enthält. Schließlich soll die „Wasserlandschaft“ für viele, viele Jahre sowohl Flora und Fauna, als auch dem menschlichen Besucher dienlich sein.

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