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Regierungspräsident Ullrich informiert sich auf dem Hoherodskopf über die JugendherbergeDie durch Corona verursachten Sorgen sind groß

SCHOTTEN (ol). „Es war Stress, aber es hat sich gelohnt.“ Diese Worte von Timo Neumann, Vorstandsvorsitzender der hessischen Jugendherbergen, kann Michaela Uloth nur bestätigen. Seit drei Jahren leitet sie die Jugendherberge auf dem Hoherodskopf. Rund acht Wochen war die Einrichtung wegen der Corona-Pandemie geschlossen – und sie war die erste in Deutschland, die Mitte Mai ihre Pforten wieder öffnete. Wobei Neumann das mit dem „Öffnen“ beim Besuch von Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich relativiert: Denn vom Normalbetrieb ist die Jugendherberge noch weit entfernt.

Weiter heißt es in der Pressemitteilung des Regierungspräsidiums, große Gruppen dürfen nicht kommen, gerne aber Familien oder Einzelpersonen. Daher ist es an diesem Vormittag auch ungewöhnlich ruhig in den Räumlichkeiten und auf dem Gelände. Beim Rundgang und im Gespräch wird RP Ullrich dennoch deutlich, mit wie viel Herzblut die Herbergsleiterin und ihr Team bei der Sache sind. „In diesen Zeiten brauchen wir engagierte Menschen, die trotz aller Herausforderungen nach vorne schauen“, sagt RP Ullrich, „und genau die haben wir hier.“

Bei allen finanziellen Sorgen, die der eingeschränkte Betrieb mit sich bringt, wollen Timo Neumann und Michaela Uloth vor allem derzeit eines: Lust aufs Reisen vermitteln. Die langen Wochenenden waren schon mal ein guter Anfang. Da war die Jugendherberge mit ihren 130 Betten zu 50 bis 80 Prozent belegt. „In den kommenden Wochen sind wir bislang zu rund einem Viertel ausgelastet“, berichtet Uloth. Sie freut sich über weitere Gäste, die den Hoherodskopf und die Gegend erkunden oder einfach mal die Seele baumeln lassen wollen – natürlich unter Beachtung des Hygienekonzepts.

RP Dr. Christoph Ullrich schaut sich beim Rundgang auch auf dem Außengelände um. Fotos: RP Gießen

Was das Thema Urlaub und Freizeiten angeht, ist sich Ullrich aber sicher: „Das Reisegeschäft wird zurückgehen. Es dauert, bis die Unbefangenheit wieder da ist.“ Umso mehr werben Neumann und Uloth um Gäste. Dass sie in den vergangenen Wochen viel Unterstützung bekommen und bei Politikern auf offene Ohren gestoßen sind, freut sie sehr.

„Es ist genial, dass den Jugendherbergen in den Medien eine Stimme gegeben wurde“, findet der Vorstandsvorsitzende. Dies habe eine Menge gebracht. Nicht nur, dass die Öffentlichkeit und die politisch Verantwortlichen auf die existenzbedrohende Lage aufmerksam gemacht wurden. Die Jugendherbergen haben auch neue Familien für sich begeistern können. Die allein können die Betriebe nicht retten. Trotzdem ist dies ein Hoffnungsschimmer für die 30 hessischen Einrichtungen mit ihren knapp 500 Beschäftigten.

Nur sieben von 30 Jugendherbergen in Hessen sind derzeit geöffnet

Die durch Corona verursachten Sorgen sind groß. Die Situation in Zahlen: Aktuell sind von den 30 Jugendherbergen in Hessen nur sieben geöffnet. 285.000 Übernachtungen wurden im Zeitraum von März bis September storniert. Klassenfahrten und Tagungen finden nicht statt. Allein mit Familien ist ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich. „Das Familiengeschäft dient lediglich der Schadensbegrenzung“, sagt Neumann. Der „heftige Umsatzeinbruch“, den er für dieses Jahr auf 20 Millionen Euro beziffert, führt dazu, dass die Einrichtungen in Hessen in einer wirtschaftlich schwierigen Lage sind.

Das Dilemma: Als gemeinnütziger Verein darf der Landesverband nur zweckgebundene Rücklagen bilden. Mit dem Geld, das für die Modernisierung der Jugendherberge in Wetzlar und für Neubauten in Marburg und Rüdesheim vorgesehen war, mussten die laufenden Kosten beglichen werden. Jetzt liegen die für den Landesverband existenziell wichtigen Bauprojekte auf Eis.

Die Tür ist wieder offen: RP Dr. Christoph Ullrich (r.) lässt sich von Timo Neumann und Michaela Uloth über die Situation der Jugendherbergen in Hessen und speziell der Einrichtung auf dem Hoherodskopf informieren.

Dankbar zeigt sich Neumann, dass der hessische Sozialminister Kai Klose den Jugendherbergen Anfang Mai eine Million Euro Soforthilfe zugesagt hat. Aber der Vorstandsvorsitzende macht gleich darauf deutlich, dass auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Die Situation hat ihm besonders im März und April viele schlaflose Nächte bereitet. Anfangs war es für den Landesverband nämlich nicht möglich, Soforthilfe zu beantragen. Vor März 2021 rechnet Neumann nicht damit, dass alle Einrichtungen wieder geöffnet sind – wenn überhaupt. Ob alle Standorte erhalten werden können, sei derzeit unklar.

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