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Online-Andacht zu Pfingsten mit Pfarrerin Sarah Kiefer in der Evangelischen Kirche in EifaDie Begeisterung und der Heilige Geist

EIFA. An Pfingsten haben die Jünger Jesu den Heiligen Geist empfangen – die Geschichte mit den brennenden Zungen dürfte fast jedes Kind kennen. Aber was ist der Heilige Geist, wie kann man sich ihn vorstellen und was bedeutet er für die Menschen? Darüber erzählt Pfarrerin Sarah Kiefer in der Andacht zu Pfingsten in der Evangelischen Kirche in Eifa. 

5 Gedanken zu “Die Begeisterung und der Heilige Geist

  1. Meine Schulzeit ist nun seit über fünf Jahrzehnten vorüber. Aber ich erinnere mich noch lebhaft der vielen kleinen Demütigungen, die vor allem die Berufsanfänger unter den Pfarrern, die zumeist auch den Religionsunterricht an den örtlichen öffentlichen Schulen zu versehen hatten, und vor allem der hitzigen Diskussionen mit politisierten Oberstufenschülern (weniger *innen). Sie konnten oft froh sein, wenn man sie wenigstens das Gesicht wahren ließ.
    Vermutlich ließ man sie die Sünden der Pfarrergeneration abbüßen, die sie jetzt nach und nach ablösten. Typ: Feldgeistlicher, stahlharter Blick, oft kriegsversehrt. Da klang das „Schon konfirmiert?“ wie das „Haben Sie gedient?“ zu Zeiten des Hauptmanns von Köpenick. Den menschlicheren Ausdruck hatte zumeist das Glasauge. Und die lederbezogene Armprothese sorgte notfalls dafür, dass der Christenmensch sich der despektierlichen Faxen enthielt, sich willig einreihte und die Andacht durch unmusikalische Entgleisungen störte.
    Heute geht man wohl entspannter miteinander um. Der obrigkeitsstaatliche Gestus ist Vergangenheit. Dass die Erzählungen der Bibel an Überzeugungskraft verloren haben, kann man zwar an der wachsenden Zahl von Kirchenaustritten ablesen. Dennoch bleiben viele ihrer Glaubensgemeinschaft treu. Die Hinwendung von der Liturgie zur Diakonie lässt die Glaubenskrise ein wenig in den Hintergrund treten. Das Leben ist kein Ponyschlecken. Vom „lieben Gott“ spricht nur der, dem ein hartes Lebensschicksal erspart geblieben ist oder der viel aushält.
    Wenn’s schlecht läuft, wird Seelsorge noch immer gern in Anspruch genommen. Aber spätestens an diesem Punkt wird jedem Einsichtigen bewusst, dass der Pfarrer nicht nur sonntags arbeitet. Und dass Seelsorge auch zu einer schweren Belastung für die eigene Seele werden kann. Da leisten die Pfarrerinnen und Pfarrer oft Übermenschliches. Sie kümmern sich da, wo sich sonst niemand mehr kümmert, und trösten da, wo niemand mehr das richtige Wort findet und die Trostlosigkeit in Untröstlichkeit um zu schlagen droht. Burnout und das physische Zerbrechen des Herzens, das dem psychischen oft folgt, dürften anerkannte Berufskrankheiten von Theolog*innen sein.
    Man kann heute sicherlich an vielem leiden, ganz besonders aber an den gesellschaftlichen Widersprüchen, die die Kirchen Tag für Tag zur Stellungnahme und vor allem zum „Sich-Kümmern“ herausfordern. Da würde es schon helfen, in ihnen keine Vollkasko zu sehen, die mit unerschütterlicher Zuversicht dafür einzustehen hat, dass am Ende immer wieder alles gut wird, sondern im urchristlichen Sinne eine Art Unterstützungskasse auf Gegenseitigkeit.

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    1. Ich versuche es nochmal:

      Klares Wort zu Pfingsten
      Meine Schulzeit ist nun seit über fünf Jahrzehnten vorüber. Aber ich erinnere mich noch lebhaft der vielen kleinen Demütigungen, denen vor allem die Berufsanfänger unter den Pfarrern ausgesetzt waren, die zumeist auch den Religionsunterricht an den örtlichen öffentlichen Schulen zu versehen hatten, und vor allem der hitzigen Diskussionen mit politisierten Oberstufenschülern (weniger *innen). Da konnten die Nachwuchs-Theologen oft froh sein, wenn man ihnen wenigstens gestattete, ihr Gesicht zu wahren.
      Vermutlich ließ man sie die Sünden der Pfarrergeneration abbüßen, die sie jetzt nach und nach ablösten. Typ: Feldgeistlicher, stahlharter Blick, oft kriegsversehrt. Da klang das „Schon konfirmiert?“ wie das „Haben Sie gedient?“ zu Zeiten des Hauptmanns von Köpenick. Den menschlicheren Ausdruck hatte zumeist das Glasauge. Und die lederbezogene Armprothese sorgte notfalls dafür, dass der Christenmensch sich der despektierlichen Faxen enthielt, sich willig einreihte und die Andacht nicht durch unmusikalische Entgleisungen störte.
      Heute geht man wohl entspannter miteinander um. Der obrigkeitsstaatliche Gestus ist Vergangenheit. Dass die Erzählungen der Bibel an Überzeugungskraft verloren haben, kann man zwar an der wachsenden Zahl von Kirchenaustritten ablesen. Dennoch bleiben viele ihrer Glaubensgemeinschaft treu. Die Hinwendung von der Liturgie zur Diakonie lässt die Glaubenskrise ein wenig in den Hintergrund treten. Das Leben ist kein Ponyschlecken. Vom „lieben Gott“ spricht nur der, dem ein hartes Lebensschicksal erspart geblieben ist oder der viel aushält.
      Wenn’s schlecht läuft, wird Seelsorge noch immer gern in Anspruch genommen. Aber spätestens an diesem Punkt wird jedem Einsichtigen bewusst, dass der Pfarrer nicht nur sonntags arbeitet. Und dass Seelsorge auch zu einer schweren Belastung für die eigene Seele werden kann. Da leisten die Pfarrerinnen und Pfarrer oft Übermenschliches. Sie kümmern sich da, wo sich sonst niemand mehr kümmert, und trösten da, wo niemand mehr das richtige Wort findet und die Trostlosigkeit in Untröstlichkeit um zu schlagen droht. Burnout und das physische Zerbrechen des Herzens, das dem psychischen oft folgt, dürften anerkannte Berufskrankheiten von Theolog*innen sein.
      Man kann heute sicherlich an vielem leiden, ganz besonders aber an den gesellschaftlichen Widersprüchen, die die Kirchen Tag für Tag zur Stellungnahme und vor allem zum „Sich-Kümmern“ herausfordern. Da würde es schon helfen, in ihnen keine Vollkasko zu sehen, die mit unerschütterlicher Zuversicht dafür einzustehen hat, dass am Ende immer wieder alles gut wird, sondern im urchristlichen Sinne eine Art Unterstützungskasse auf Gegenseitigkeit.

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  2. Ich finde es immer wieder bewundernswert, mit welcher resoluten Glaubensüberzeugung viele Theologen sich vor ihre Gemeinden stellen und Inhalte vertreten, mit denen man im „normalen Leben“ nur Hohn und Spott ernten würde. Wahrscheinlich ist über Jahrhunderte oder Jahrzehnte eigener Teilnahme am Gemeindeleben eine gewisse Gewöhnung, um nicht zu sagen Abstumpfung, eingetreten und die Gemeindeglieder, egal ob gläubig oder nicht, lassen diese ganzen „Wunder“ um Vater, Sohn und heiligen Geist einfach über sich ergehen. Und die Theologen haben sich daran gewöhnt, mit den Glaubensinhalten, die sie verkünden, in aller Regel nicht in Frage gestellt zu werden. Aber hierdurch haben sich „Amtskirche“ und Gläubige im Grunde einander total entfremdet. Es ist wie bei einem dunklen Familiengeheimnis. Jeder kennt es, aber niemand spricht darüber. Und im Alltag verdrängt man die wechselseitige Heuchelei. Der Pfarrer übt sich in resoluter Glaubensgewissheit. Die Gemeindeglieder spielen das Spiel mit und denken sich ihr Teil: Na ja, die Frau Pfarrer. Hat wohl wieder einen Pfingst-Trip eingeworfen.

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    1. Man nennt Pfingsten ja den Geburtstag der Kirche. Der Heilige Geist fuhr in die Hirne der Jünger Christi, die daraufhin begannen, die Vorgänge um Karfreitag und Ostern in merkwürdigen Sprachen zu schildern, die aber dennoch von allen Zuhörern verstanden wurden. Ab da ging’s bergauf, könnte man sagen. Dank begeisternder und begeisterter Rhetorik verbreitet sich der christliche Glaube über viele Länder.
      Dass das Christentum als „Heilsbotschaft“ erfolgreich war, steht außer Frage. Aber warum war das so? Warum fallen heutige Heilslehren wie der Rechtspopulismus oder die autosuggestiven Strategien sog. Motivationstrainer auf so fruchtbaren Boden? In vorwissenschaftlicher Zeit mögen die Menschen sich mit dem Narrativ vom „Heiligen Geist“, der in die Zuhörer hineingefahren sei, zufrieden gegeben haben. Heute fragt man nach den gesellschaftlichen Defiziten oder psychischen Bedürfnissen, die sich Populisten wie Erfolgs-Coachs gleichermaßen zunutze machen, um die Massen für sich einzunehmen.
      Wer als Pfarrer*in zu sehr auf die irrationale Seite der Verkündigung setzt, ja das „Sich selbst in Begeisterung versetzen“ als persönlichen Zugang zur Religion propagiert, begibt sich m.E. auf dünnes Eis. Was unterscheidet den überzeugten Christen dann noch vom populistischen Einpeitscher oder Selbst-Vermarkter im Fußballstadion?
      Es ist frappierend, wie nahe sich beides zumindest im Kopf eines Motivationscoachs wie Jürgen Höller ist, der Jesus Christus zu seinen Lehrmeistern zählt (siehe https://youtu.be/fbe2qUFNR54?t=64).

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