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Chefarzt der Anästhesie am KKH referierte zum Thema „Regionalanästhesie bei der Halsschlagader-Operation“„Der Operation den Schrecken nehmen“

ALSFELD (ol). Den Auftakt für die diesjährige Vortragsreihe, die das Krankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld (KKH) und der Verein „Freunde und Förderer des Kreiskrankenhauses Alsfeld“ veranstalten, machte nun Dr. med. Hans-Friedrich Kohler. Der Chefarzt der Anästhesie am KKH referierte zum Thema „Regionalanästhesie bei der Halsschlagader-Operation“.

„Vielen Dank für das spannende Thema, dass Sie heute Abend für unsere Gäste vorstellen werden“, begrüßte Holger Feick, Schatzmeister des Fördervereins, die Gäste in der Krankenpflegeschule des Vogelsbergkreises. Er freue sich sehr, dass auch in diesem Jahr wieder viele spannende Vorträge gestaltet werden und das kostenlose Angebot in die nächste Saison gehe. Sodann übernahm Dr. med. Hans-Friedrich Kohler, heißt es in der Pressemitteilung des Krankenhauses.

Für die meisten Menschen stellen Operationen eine große Herausforderung dar. Viele Risiken werden damit verbunden – Ungewissheit und Angst stehe bei vielen im Vordergrund. „Geht es dann noch um Eingriffe im Halsbereich reagieren viele Patientinnen und Patienten mit noch mehr Skrupel“, sagt Dr. Kohler. Doch das müsse nicht so sein, denn umfassende Aufklärung und verschiedene Optionen für den Patienten erlaubten eine ausgewogene Entscheidung zu treffen.

Eine gute Alternative zur Vollnarkose

Gerade bei Verengungen oder Plaque in den Halsschlagadern, die die Blutversorgung im Gehirn verschlechtern, könne eine Regionalanästhesie eine sehr gute Alternative zu einer Vollnarkose sein. „Hohe Standards im Haus und eine sehr gut überwachte Teilnarkose hilft Patienten dabei, nach dem Eingriff schnell wieder fit zu sein“, führt Dr. Kohler aus. Denn nicht immer sei die Vollnarkose das Mittel der Wahl – auch wenn es viele Mediziner gebe, die ihren Patienten diese Möglichkeit als beste Option präsentierten. „Es bedarf immer einer ganz genauen Prüfung der jeweiligen Ausgangslage“, sagt Dr. Kohler.

Stehe zum Beispiel die Beseitigung von Plaque in der Halsschlagader an, könne man im Beratungsgespräch gemeinsam mit dem Patienten eine gute Lösung finden. „Dieser Weg muss nur in seltenen Fällen zur Vollnarkose führen – und eine umfassende Bewertung der Situation gibt vor allem den Patienten ein sicheres Gefühl vor dem Eingriff“, führt der Mediziner aus. Denn eine Vollnarkose bringe immer auch vermehrt Risiken mit sich. „Wichtig ist aber, dass der Patient auf Kopf, Herz und Bauch hört – und auch für sich eine Entscheidung trifft.“

Allerdings können Risikofaktoren die Entscheidung beeinflussen. „Gab es zum Beispiel Herz-, Lungen- oder Schilddrüsenoperationen, ist eine Teilnarkose für eine Halsschlagader-Operation unter Umständen nicht indiziert“, schränkt Dr. Kohler ein. Auch banale Rückenschmerzen könnten ein Ausschlusskriterium sein, wenn dadurch ein Patient während der OP nicht ruhig liegen könne. Trotzdem sei, sofern keine weiteren Risiken vorlägen, eine Teilnarkose schonender. „Bei Operationen an der Halsschlagader wird das Gefäß abgeklemmt. Dadurch kann es im Gehirn zu einer Sauerstoffunterversorgung kommen“, sagt Dr. Kohler.

Unter einer Vollnarkose könne die Beurteilung, ob die Durchblutung ausreichend sei, schwierig sein. Zwar könne man elektrische Potentiale messen, den Sauerstoffgehalt im Blut überwachen – allerdings hätten diese Verfahren ihre Tücken. „Ein Patient, der während der Regionalanästhesie wach ist und mit dem man sich unterhalten kann, ist das beste Messinstrument“, versichert der Anästhesie-Spezialist. Verstehe dieser einfache Anweisungen nicht mehr oder reagiere nicht mehr auf Fragen, sei das eine Indikation für einen Shunt – ein Schlauch, der die abgeklemmte Stelle überbrückt. „Aber auch dort ist die Regionalanästhesie schonender, denn Studien zeigen, dass im Vergleich zu Vollnarkosen viel weniger Shunts eingesetzt werden“, weiß Dr. Kohler. Dadurch sinke auch das Schlaganfallrisiko, denn es könne beim Setzen des Shunts vorkommen, dass Plaques gelöst werden und in Richtung des Gehirns wandern.

Gezielt sieben Nerven betäubt

Bei der Regionalanästhesie werden gezielt sieben Nerven betäubt, die sich vom Nacken aus in Richtung Ohr, Hinterkopf, Schlüsselbein und Hals ziehen. „Das belastet nicht das Herz-Kreislaufsystem und die Mittel werden nach einigen Stunden, ohne das Gewebe zu schädigen, abgebaut“, sagt Dr. Kohler. „Die Versorgungsqualität ist hoch – ich habe schon knapp 90-Jährige regional anästhesiert – viele Operationen verbreiten mehr Schrecken, als ihnen zusteht.“

Letztlich komme es aber auch die gute vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Hausarzt, Patient und behandelndem Ärzteteam im KKH an – „Fachwissen, Alternativen und ehrliche Beratung sind eine Pflichtaufgabe, die wir sehr ernst nehmen“, sagt Dr. Kohler. Denn der Patient müsse eine qualifizierte Entscheidung treffen können. „Der Mensch und die Behandlung auf höchstem Niveau stehen im Vordergrund – nicht Zahlen und Zeiten. Auch kleine Häuser können exzellente Medizin betreiben“, ist sich Dr. Kohler zum Schluss seines Vortrags sicher.

Diese Arbeit unterstütze der Förderverein gerne, wie Holger Feick vom Vorstand in seinem Schlusswort betonte und wies auf den folgenden Vortrag hin. Am Dienstag, 3. März, widmet sich Dr. med. Torben Jüres, Chefarzt der Inneren Medizin, ab 19 Uhr in der Pflegeschule am KKH in Alsfeld dem Thema „Patientenverfügung“.

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