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Teure Mieten und Job-Wachstum als Grund für das PendelnNeuer Höchststand: Zahl der Berufspendler im Vogelsbergkreis auf 28.000 gestiegen

VOGELSBERGKREIS (ol). Wenn Lebenszeit im Stau flöten geht: Die Zahl der Berufspendler im Vogelsbergkreis hat einen neuen Höchststand erreicht. Auf dem Weg zur Arbeit verließen im vergangenen Jahr rund 28.000 Menschen regelmäßig die Grenzen des Kreises – das sind 20 Prozent mehr als noch im Jahr 2000.

Damals zählte der Kreis noch rund 24.000 sogenannte Auspendler, wie die IG Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf eine aktuelle Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR). Gewerkschafterin Doris Hammes spricht von einem „alarmierenden Trend“. Eine Hauptursache für den Pendel-Boom sei der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Groß- und Unistädten. „Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise in der Stadt nicht mehr leisten. Aber genau dort sind in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Mittelhessen. Die Folge seien immer längere Staus und überfüllte Züge.

Strecken von mehr als 50 Kilometern bis zum Arbeitsplatz seien für viele Pendler aus dem Vogelsbergkreis mittlerweile gang und gäbe, betont Hammes. „Dabei geht nicht nur wertvolle Zeit für Familie, Freunde und Hobbys verloren. Auch die Umwelt leidet unter der Fahrerei.“ Nach Angaben des Umweltbundesamtes geht knapp ein Fünftel aller CO2-Emmissionen in Deutschland auf das Konto des Verkehrs.

Die IG BAU warnt vor einer Zunahme der Pendlerzahlen, sollte sich das Wohnen noch weiter vom Arbeiten entfernen. Nötig sei eine „drastische Wende“ in der Wohnungsbaupolitik. „Die öffentliche Hand muss viel mehr als bisher investieren, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen. Es fehlen vor allem Wohnungen im sozialen und im bezahlbaren Segment“, sagt Hammes.

Massive Investitionen seien aber auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar, um die Pendler zu entlasten. „Vor allem beim Schienen-, Straßen- und Radwegenetz ist der Nachholbedarf groß“, macht Hammes deutlich. Einen entscheidenden Beitrag gegen den „Pendel-Frust“ könnten zudem die Firmen leisten – indem sie es ihren Beschäftigten leichter machen, in Gleitzeit oder im Home-Office zu arbeiten.

Die Pendler-Problematik im Vogelsbergkreis ist Teil eines bundesweiten Trends: Nach
Angaben der Bundesagentur für Arbeit pendelten im letzten Jahr 39 Prozent aller
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in eine andere Stadt oder einen anderen Kreis zur Arbeit.

20 Gedanken zu “Neuer Höchststand: Zahl der Berufspendler im Vogelsbergkreis auf 28.000 gestiegen

  1. Also, mein lieber Klaus, wenn die Ursache dafür, dass fast 40 Prozent der
    erwerbsfähigen Vogels-Bürger zwischen 18 und 65 Jahren außerhalb des Vogelsbergkreises arbeiten und damit zu Pendlern werden, darin liegen würde, dass „man sich die Mieten in der Stadt nicht mehr leisten könne“, dann setze ich mir ab Morgen die Mütze mit dem Hammer auf. Was ist das für ein Quatsch. Die Leute wohnen im Vogelsberg gut und günstig und wollen dort auch wohnen bleiben. Und sie hätten in der Nähe ihrer Wohnorte auch sehr gerne zukunftsfähige und gut bezahlte Arbeitsplätze. Nur gibt es davon eben viel zu wenige, trotz unrealistischer Werbegesülz-Webseiten wie http://www.vogelsberg.de. Und deshalb pendeln sie in die benachbarten Landkreise, also nicht nur nach Rhein-Main. Die Fahrtstrecken sind von daher im Durchschnitt auch deutlich kürzer als 50 km, schätze ich mal.
    Und im Vogelsberg günstig und naturnah zu wohnen statt zu Wuchermieten in den Slums von Frankfurt oder Offenbach, aber dafür durch Pendeln ins Umland tüchtig Geld zu verdienen, ist weder falsch noch dumm, sondern das einzig richtige. Also bitte aufhören mit diesem ganzen Pendler-, ÖPVN- und Klimaschutz-Gefasel. Gerade eben im Deutschlandfunk von einem Verkehrs-Experten gehört: Noch viele Jahrzehnte wird man im ländlichen Raum auf den PKW als individuelles Fortbewegungsmittel angewiesen sein. Punktum. Und es gibt außer vielleicht ein paar Irren auch niemanden, der die Vogelsberger in ein Volk von Bahnfahrern „umvolken“ oder zu Busreisenden machen will, die nur mit 40 km/h voran kömmen, weil der Bus an jeder Milchkanne anhält. Vielleicht bekommen wir mal massenhaft Zuzug aus der „Metropolregion Rhein-Main“ in den Vogelsberg, weil man hier noch richtig Auto fahren darf, während man in den Straßenschluchten von Mainhattan auch als 80-jähriger noch bei jedem Wetter mit dem zwangsverordneten Klimaschutz-Fahrrad auf die Piste geschickt wird. Und in Frankfurt platzt nicht nur bald die Immobilienblase, sondern den Menschen auch der Kragen bei 1400 Euro Kaltmiete für ein „möbliertes“ Mini-Appartement. Die werden dann auch lieber pendelnde Neu-Vogelsbürger. So, das musste an dieser Stelle auch mal gesagt werden.

  2. In dem Artikel wird die Zunahme des Pendelverkehrs beklagt. Ursache sei, dass man sich die Mieten in der Stadt nicht mehr leisten könne. Nötig sei eine „drastische Wende“ in der Wohnungsbaupolitik. Die Lösung: „Die öffentliche Hand muss viel mehr als bisher investieren, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen.“ Geht’s noch? Wir möchten hier im Vogelsberg lebenswerte Verhältnisse, eine Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Region und einen vernünftigen Breitbandausbau. Wir möchten keine Verarmung an jungen Menschen, Perspektiven, Arbeit und kulturellen Angeboten hier in unserer Region zugunsten einer Subvention von Wohnraum in den ohnehin fetten Ballungsräumen.

  3. Ich „liebe“ ja solche Diskussionen: Liebe Pendler, nett dass ihr im Interesse des Weltklimas auf der Schiene pendeln würdet, wenn die Schienenwege besser ausgebaut wären und man schneller an seinen Arbeitsplatz außerhalb der Kreisgrenzen gelangen könnte und genau so schnell abends wieder zu Hause bei der Familie wäre. Und wenn die Bahn nicht ständig mit Verspätungen und Zugausfällen „überraschen“ würde und jeder im Zug einen Sitzplatz bekäme. Und jeder den Bahnhof fußläufig in wenigen Minuten erreichen könnte. Und man für ein gutes Zugangebot wenig bezahlen müsste. Und, und, und.
    Jeder weiß, dass das alles nicht zutrifft. Der öffentliche Personennahverkehr ist in großen Teilen vor allem eins: Veraltet, zu teuer, nervig, unbequem. Aber wehe, es sagt jemand, dass er dann wohl doch lieber mit seinem eigenen PKW fährt. Dann bricht ein verlogener Shitstorm über ihn herein und keiner hat ihn mehr lieb. Wahrscheinlich von Leuten, die nicht pendeln müssen, sondern warm und trocken in Vogelsberger Amtsstuben oder auf Beamtenstellen sitzen.

    1. Im Grunde teile ich ja den Gedanken, dass es bei den meisten mit den guten Vorsätzen vorbei ist, sobald die eigene Komfortzone betroffen ist. Was das nun mit Vogelsberger Amtsstuben zu tun hat, sollten Sie mal erklären.
      Der öffentliche Bereich bietet hier wenigstens noch (qualifizierte) Arbeitsplätze an. Und schaut man mal Richtung Bayern, so gibt es dort starke Initiativen, Behörden auf das Land zu verlagern, um der Landflucht und der Konzentration in München entgegenzuwirken. Das ist doch allemal besser als die Forderung, den Wohnraum in Frankfurt zu subventionieren (wie will man sonst günstigeren Wohnraum schaffen).

      1. Ganz einfach, mein lieber Klaus! Qualifizierte Arbeitsplätze fehlen eben nicht in den Amtsstuben (außer vielleicht bei der Lebensmittelüberwachung von Waldeck-Frankenberg – oder wo wurde die leckere Wilke-Wurst produziert?). Die Zahl der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes (mit nicht befristeten Arbeitsverträgen) pro 1000 Einwohner ist im VB garantiert nicht geringer als im Durchschnitt von Deutschland und soll ja durch Verlagerung aller möglichen Behörden in die hinterste Pampa noch wachsen. Deshalb sieht man diese Spezies eben auch nicht pendelnd mit PKW, Bus oder Bahn, sondern bestenfalls mit Fahrradhelm, Rucksack und Rennrad-Trikots auf innerstädtischen Bürgersteigen.
        Klar, dass solche Leute ihre eigenen Ansichten über das Pendeln und die Pendler haben.

      2. Also werter Herr Klaus, Sie können sich ja gern Ihre eigenen Gedanken machen. Aber Ihrer Auffassung, der „öffentliche Bereich biete[t] hier wenigstens noch QUALIFIZIERTE Arbeitsplätze an“, möchte ich doch massiv entgegen treten. Wenn man natürlich „qualifiziert“ mit „hoch bezahlt und gut abgesichert“ gleichsetzt und eventuell noch den Nachweis eines hohen Bildungs- und Berufsabschlusses (Abitur, Uni-Abschluss) hinzu fügt, mögen Sie Recht haben. Aber erstens steht die akademische Qualifikation oft nur auf dem Papier (siehe die vielen gefaketen Doktorarbeiten irgendwelcher hochgejubelter Politiker!) und ist angesichts der tatsächlichen Herausforderungen des Berufsalltags keineswegs so hoch zu bewerten, dass man sie mit satten Gehaltsaufschlägen und weiteren Privilegien belohnen müsste. Und zweitens ist „Qualifikation“ auf allen Berufsfeldern (z.B. auch den handwerklichen) nicht nur unbedingt zu fordern, sondern sie zeigt sich täglich darin, dass eine Sache funktioniert. Meine leidvolle Erfahrung: Hat leider nicht funktioniert = Akademiker (Schwafelkünstler, dicke Hose, nix dahinter). Hat funktioniert = guter Handwerker (wobei ich auch einen hoch befähigten Operateur in einer Klinik oder guten Zahnarzt den letzteren zurechne, aber genauso diejenigen vom Bau, die exakt nach den Plänen ein mängelfreies Gebäude hinstellen können!). Dem „öffentlichen Dienst“ kann ich leider weder das Zeugnis ausstellen, dass die Stellen dort mit besonders qualifizierten Bewerbern besetzt sind, noch dass diese „Arbeitsplätze“ in dem Sinne qualifiziert wären, dass die Sach- und Personalausstattung den durchaus bestehenden hohen Anforderungen entsprechen.

  4. Ich fahre jeden Tag mit dem Auto nach Marburg. Trotz vollen Straßen brauche ich 45 Minuten. Ich würde gerne den ÖPNV nutzen, aber es gibt keine akzeptable Anbindung nach Marburg und wird es auch nie geben, da dies total unwirtschaftlich und nicht gewollt ist.

  5. Warum müssen denn die Unternehmen auch ausgerechnet meist in die Städte drängen? Produzierende Gewerbe können sich doch durchaus auch/vermehrt auf dem „platten Land“ ansiedeln, wo die Arbeitskräfte leben und auch die (Gewerbe-)Mieten niedriger sind etc pp.
    Und bei den Büroarbeitsplätzen gibt es (nicht nur im Außendienst) viele Möglichkeiten, Home-Office zu nutzen (die Software für auch zB Konferenzschaltungen gibt’s seit „Anno Toback“) – ja, WENN die Internet-Verbindungen auch auf’m „platten Land“ ENDLICH MAL wenigstens den Status von (mittlerweile bereits) Entwicklungsländern erreichen würden…..

  6. Hallo fahre jeden Arbeitstag nach Fulda (eine stecke 45km) komme vom Land. Selbst wenn die Bahn oder Bus zulassen würde. Bleibe ich bei meinem Diesel. Ich will nicht erst noch auf Bahn warten oder dreimal umsteigen damit ich dann die Nacht zu Hause bin.

    1. Der private Verkehr mit dem eigenen PKW ist um so vieles angenehmer (notorischen Stau vielleicht ausgenommen), dass ich an einen vollwertigen Ersatz durch den ÖPNV einfach nicht glauben kann. ÖPNV = Weniger Lebensqualität. Wer angeblich gern Bahn oder Bus fährt und öffentlichen Verkehrsmitteln aus innerster Überzeugung freudig den Vorzug gibt, dem schmecken auch Fenchelsuppe und ein mit gebrochenem Leinsamen panierter Tofu-Bratling. Aber die letzte Fahrt zum Friedwald möchte man dann doch auch im privaten schwarzen Diesel-Kombi machen statt im Güterwagen.

      1. Also ich fahre jeden Tag von Mücke nach Rüsselsheim.
        Fahrzeit mit dem PKW: 1 Std. 3 Min.
        Fahrzeit mit der Deutschen (Schnell-)Bahn:
        Mücke => Gießen 30 Min.
        Umsteigen 6 Min.
        Gießen => Frankfurt 47 Min
        Umsteigen 22. Min.
        Frankfurt (tief) => Rüsselsheim 23 Min.
        Gesamtfahrzeit (Rumpeldibolliwierumpeltdertrolli): 2 Std. 8 Min.
        Daqs sagt doch alles, oder?

  7. Das die Leute Pendeln ist doch klar, der Verdienst und die Aufstiegs möglichkeiten in den Großstädten ist einfach besser als bei uns auf dem Land.Die Zugverbindung bis Gießen ist gut aber dann hört es leider schon auf, nach Frankfurt ist eine Weltreise.

    1. Die Zugverbindung ist gut??? Eine Stunde nach Gießen ist keinesfalls gut. Hier kann ich nur mit dem Kopf schütteln.

    2. „Die Zugverbindung bis Gießen ist gut aber dann hört es leider schon auf, nach Frankfurt ist eine Weltreise.“
      Die gute Zugverbindung nach Gießen nutzt ja auch nur den Vogelsbergern, die nahe an der Bahnstrecke Gießen-Fulda wohnen. Nicht umsonst spricht man von einer dispersen Siedlungsstruktur. Aus Grebenhain muss man erst mal einen Bahnhof erreichen, um zusteigen zu können. Im übrigen ist der Maßstab für schnelle Verbindungen heute der ICE. Und für den gibt es keinen Haltepunkt im Vogelsbergkreis. Nie mehr dumm rum sitzen – die Bahn kommt (antike Bahnwerbung mit Günter Netzer)? Lächerlich!

  8. Pendeln mit vernüftiger Zugverbindung wäre super. Leider ist diese von Alsfeld in Richtung Gießen nicht gegeben. Dann würden auch die Straßen entlastet werden und man könnte zudem etwas für die Umwelt tun. So ist das aber leider nicht möglich!

    1. Ja, genau so ist es.
      Ich benötige von Alsfeld bis nach FFM 2,5 Stunden für eine Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dann lieber 1,5 Stunden mit dem Auto.

      1. Richtig, dann auch lieber mit dem Auto nach Gießen, aber leider muss man feststellen, dass der LKW-Verkehr deutlich zugenommen hat. Hier hat des die Bundesregierung über Jahre versäumt, die Schwerlast auf die Schiene zu verlegen bzw. das Schienennetz entsprechend auszubauen. Das hohe Verkehrsaufkommen macht es für die Pendler nicht angenehmer.

      2. Von Alsfeld nach Frankfurt dauert es in der Tat sehr lange. Aber von Treysa oder Neustadt aus sind es auch nur die 1,5 Stunden. Da macht das Auto dann schon wieder keinen Sinn. Zumal sowohl die A5, als auch Frankfurt selbst einfach zu sind. Parkplatzsuche inklusive. Der Regionalexpress ist morgens und abends nach/ von Frankfurt proppenvoll. Dieses Angebot wäre auszubauen und nicht der Individualverkehr.

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