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Vortrag und Workshop zu Plastikmüll und Ozeanen mit Christian Weigand von Blue AwarenessDie Veränderung sein, die man sich wünscht

ALSFELD (ol). Das Klima ist derzeit eines der Top-Themen: Die Politik diskutiert darüber, während Schülerinnen und Schüler dafür streiken, ganz zu schweigen von den Debatten, die rund um die Klima-Aktivistin Greta Thunberg geführt werden. Die Albert-Schweitzer-Schule widmet sich dem Thema Umwelt, Klima und Ökologie schon seit Jahren mit verschiedensten Vorträgen und Workshops. Zum zweiten Mal bereits war nun Christian Weigand an dem Alsfelder Gymnasium, um mit Schülern unterschiedlichsten Alters explizit über die Meere, deren Bedeutung für Mensch und Klima sowie deren Verschmutzung zu sprechen.

„Auch in der 7. und 8. Klasse ist das Thema Ökologie Teil des Biologie-Unterrichts“, führte Fachlehrerin Tina Kester aus und betonte, dass auch Schülerinnen und Schüler dieser Altersklasse sich bereits mit dem Thema Plastikmüll auseinandersetzen könnten, heißt es in der Pressemitteilung der Schule.

Mit Christian Weigand wurde ein Referent gewonnen, der sich mit Leidenschaft, doch ohne erhobenen Zeigefinger für ein neues, ein – wie er es nennt – „blaues Bewusstsein“ einsetzt, zu danken seiner Liebe zum Meer, die der gebürtige Merzhäuser auch zum Inhalt seines Studiums des Ressourcenmanagements gemacht hatte. Er gründete die Organisation „Blue Awareness“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen ihr Verhalten und dessen Auswirkungen auf den Zustand der Meere zu verdeutlichen und sich für eine Verbesserung der Situation einzusetzen.

Weigand nahm die jungen Zuhörenden in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule mit auf einen virtuellen Surftrip und brachte ihnen damit die Schönheit der Ozeane, der Meere und ihrer Strände nah – fast spürbar war die Bedeutung des Zusammenspiels von Meer und Klima im Raum, umso härter traf es die jungen Leute, als Weigand von ganz anderen Dingen erzählte.

Zusammenspiel von Meer und Klima

Von fünf Trillionen Plastikteilchen im Meer, die nicht nur das Leben der Meerestiere bedrohen, sondern über die Nahrungskette auch wieder zu den Menschen gelangen, von um 50 Prozent gesunkenen Fischbeständen seit den Siebzigerjahren, von der Bedeutung der Meere für Transport, Fischerei und Klima: 70 Prozent des Sauerstoffs der Welt kommt vom Meer. So groß ist die Bedeutung des Meeres auf das Klima, dass man selbst in Alsfeld von „ozeanischem Klima“ spricht, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Fraglich nur, warum Menschen, die wissen, wie es um die Meere steht, so wenig für deren Erhalt und Wohlergehen tun. Christian Weigand hat dafür eine Erklärung gefunden:

Es fehle den Menschen, die nicht so eine tiefe Verbundenheit zum Meer haben, das Gefühl für das Meer. Und genau das meint er mit dem neuen Bewusstsein, der „blue awareness“. Zur Veranschaulichung hatte der Umweltschützer viele Fotos mitgebracht. Bilder von zugemüllten Stränden, die man glaubt, nie mehr wieder von Plastikmüll befreien zu können. Doch das war noch nicht alles. Seine Fotos zeigten auch das Leid von Tieren, die in ihrer natürlichen Umwelt dem Plastik ausgesetzt mit und diesem völlig hilflos ausgeliefert sind: Eine Schildkröte, die als kleines Tier in einen Sixpackhalter geschwommen war, der ihren Körper nun in der Mitte wie eine Acht einschnürte.

Mit seinem Vortrag über die Schönheit der Meere und die Gefahr, in der die Ozeane schweben, beeindruckte der Umweltschützer Christian Weigand seine Zuhörerinnen und Zuhörer in der Albert-Schweitzer-Schule. Foto: Traudi Schlitt

Eine andere hatte einen Strohhalm in ihr Nasenloch eingesogen. Es war dort festgewachsen und konnte kaum wieder entfernt werden. Ein toter Wal, dessen Mageninhalt aus bis zu 40 Kilogramm Plastikmüll bestand, Vögel, deren Bauch so voller unverdaulicher Plastikteile war, dass sie keine andere Nahrung mehr aufnehmen konnten und verhungerten. Doch was kann man tun? Was kann jeder Einzelne tun, um die Meere und ihre Tiere zu retten? Weigand berichtete von verschiedenen Initiativen, die klein angefangen hatten und sich immer weiter ausbreiteten, um zumindest die Strände sauberzuhalten.

Verschiedene Apps vorgestellt

„Gemeinsam mit anderen kann man viel erreichen“, machte er Mut und stellte verschiedene Apps vor, die hilfreich sind. Darunter auch die App „Replace Plastic“, mit deren Hilfe die Industrie darauf aufmerksam gemacht werden soll, dass die Verbraucher keine Plastikverpackungen mehr haben möchten. Denn dies ist der wichtigste Aspekt: Müll wird am besten vermieden, wenn die Nutzung und Herstellung von Plastik eingedämmt werden. Denn trotz aller Mülltrennung landen derzeit noch viele Abfallstoffe einfach irgendwo in der Welt, werden nach Asien verkauft und gelangen von dort in die Meere, wo sie Teppiche bilden können, Müllsuppen, die so groß sind wie Mitteleuropa.

Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schüler sammelte Weigand Möglichkeiten zur Vermeidung von Plastik: Unverpackte Lebensmittel und Verbrauchsartikel wie Duschgel in Seifenform kaufen oder Bambuszahnbürsten verwenden. Mehrwegflaschen aus Glas kaufen. Am Ende der Veranstaltung ermutigte Weigand die jungen Leute, mit kleinen Schritten anzufangen: „Man muss nicht gleich die Welt retten, nicht absolut sein, sondern realistisch und freundlich bleiben. Und man kann sich jeden Tag sagen: ‚Ab heute bin ich die Person, die einen Schritt geht.‘“

Wie konkret die Nutzung der Meere für Menschen, Umwelt und Wirtschaft aussieht, das konnten in einem Workshop am Nachmittag die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 und 10 gewissermaßen am eigenen Leib erfahren: Als Reeder (Eigentümer eines Seeschiffes), Groß- oder Kleinfischer, als Touristikunternehmen, Bürgermeister, Umweltschützer, Energiekonzerne, Wissenschaftler oder Journalisten waren sie Teil des Planspiels „Ocean Limited“ und konnten selbst darüber entscheiden, wie sehr sie zugunsten der Wirtschaft das Meer belasteten oder ob sie für wirtschaftliche Nachteile den Umweltschutz in ihre Anstrengungen als Bürgermeister oder Wirtschaftsbosse miteinbezogen.

Sie konnten Gesetze erlassen, die Umweltschutz forcierten oder eben nicht, sie konnten Journalisten bestechen oder mit Infos versorgen. Bei alldem waren sie der „Seele der Meere“ ausgeliefert, die sich aus einem Katalog Konsequenzen für das Handeln der Menschen aussuchte. Die Alsfelder „Seele der Meere“ verhielt sich moderat, es gab kaum Unglücke oder Naturkatastrophen; die die Beteiligten zum Handeln gezwungen hätten. Was allerdings deutlich wurde, war die Wirkung von Menschen auf das Ökosystem Ozean, die Erfahrung, dass alles was man tut, mit etwas anderem zusammenhängt und dass man daher an jeder Stelle sorgsam Entscheidungen treffen muss, Ressourcen pfleglich behandeln und die Umwelt schützen.

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