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Vermehrte Feuerwehreinsätze nach Vandalismus an verlassenen GebäudenBrandgefährliche „Lost Places“ in Nord- und Osthessen

NEUKIRCHEN|ROMROD (pw). Brandgefährliche „Lost Places“ beschäftigen immer wieder die Behörden in Nord- und Osthessen. Erst am Montag steckten Unbekannte ein Sofa in einer verlassenen Reha-Klinik bei Neukirchen in Brand, am Freitag manipulierten Unbekannte eine Gasleitung an einem verlassenen Hotel bei Romrod und sorgten für Explosionsgefahr. In beiden Fällen war ein Großaufgebot der Feuerwehr im Einsatz.

Eine kreisweite oder gar landesweite Erfassung für diese leerstehenden Gebäude gibt es nicht, auch keine Statistik zur Anzahl. Der Handlungsspielraum für die betroffenen Städte und Gemeinden ist gering. „So lange keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, können wir nicht Eingreifen“, schildern die Verwaltungen in der Nähe der „Lost Places“. Insbesondere jugendliche Abenteurer zieht es auf die nur lapidar gesicherten Gelände. Die Folge ist nicht nur grober Unfug, sondern immer wieder Randale und Brände.

Ein brennendes Sofa in verlassener Reha-Klinik in Neukirchen

Von diversen Behördeneinsätzen berichtet unter anderem Neukirchens Bürgermeister Klemens Olbrich im Hinblick auf den „Lost Place“ in seiner Stadt. Wie er mitteilte, rückten die Feuerwehr und der Bauhof zuletzt zur Sicherung von Türen und Stromanschlüssen zu der verlassenen Reha-Klinik im Urbachtal aus. Das einstige Waldsanatorium wurde 1958 als Reha-Zentrum errichtet und in den Jahren 1968, 1978 und 1988 immer wieder baulich erweitert.

Beim Brandeinsatz am Montag in Neukirchen. Alle Fotos: Philipp Weitzel

Zuletzt wurde in den Jahren 1990/1991 ein Ärztehaus auf dem Grundstück errichtet, im Dezember 2001 wurde die Anlage geschlossen und steht seitdem leer. Fast alle Glasscheiben der Gebäude sind zwischenzeitlich eingeworfen, immer wieder wird von Randalierern berichtet. Am Montag setzten Unbekannte ein Sofa im ersten Obergeschoss in Brand. Die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Neukirchen und der benachbarten Gemeinde Schrecksbach rückten mit mehreren Einsatzfahrzeugen zur Brandbekämpfung an.

Brennendes Unrat und Gasaustritt in Romrod

Wie oft es an einem verlassenen Hotel in Romrod zu Behördeneinsätzen kam, konnte Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg auf Anfrage nicht sagen. Daten zur Entstehung und Nutzung des Gebäudes konnte die Romröder Rathauschefin auch nicht nennen, da sie nicht zugänglich seien. Auf die Frage, seit wann das Gebäude leer steht, sprach Richtberg von einer unklaren Definition von Leerstand.

Die Feuerwehr der Stadt Romrod musste wegen brennendem Unrat und zuletzt wegen ausströmendem Gas zum Einsatz kommen. Die Polizeistation in Alsfeld berichtet von einer Vielzahl von Einsätzen mit dem Objekt. Wie ein Polizeisprecher sagte, wurde bereits eine Person festgenommen, die unberechtigt in das Gebäude eingedrungen war. „Wir fahren in diesem Bereich vermehrt Streife“, so der Polizeisprecher. Er warnte ausdrücklich davor, dass Gebäude zu betreten.

Gaseinsatz am Freitag in Romrod.

Örtlichen Quellen ist zu entnehmen, dass das ehemalige Hotel in Romrod als Sanatorium im Jahr 1975 nach dreijähriger Bauzeit eröffnet wurde. Die Kosten zur Errichtung des 26.400 Quadratmeter großen Areals beliefen sich auf etwa 4,6 Millionen Euro (9,2 Millionen Deutsche Mark). Die Leitung des damaligen Sanatoriums hatte Dr. med. Theo de la Camp, der die Immobilie zunächst als Senioren-Wohnsitz mit einer gemeinnützigen Gesellschaft für Altenhilfe bewarb.

Zur Spitze kümmerten sich 75 Mitarbeiter um die Patienten des 150 Betten zählenden Hauses, die an rheumatischen Erkrankungen, Bandscheibenleiden, Übergewicht, Stoffwechselstörungen oder psychisch bedingten Leiden litten. Vier Ärzte waren in dem Haus beschäftigt, dass für seine Hydrotherapie nach dem Vorbild von Sebastian Kneipp mit medizinischen Bädern, Unterwassermassagen, Krankengymnastik und Wassertreten bekannt war. Dazu wurde auch ein Hallenbad im Kellergeschoss des Gebäudes errichtet.

Von außen ist der Vandalismus in Romrod deutlich zu erkennen.

Verlassenes Hotel in Romrod seit Monaten von Vandalismus gezeichnet

Weitere Ausstattungen des Romröder Sanatoriums mit 26.000 Kubikmetern umbauten Raum waren eine Röntgen-Anlage, ein Labor, Einrichtungen zur Atemfunktionsüberprüfung und eine Großküche.

Die Tagespresse schrieb am 23. August 1975 zur Eröffnung: „Das komfortable Haus entstand nach den Ideen von Architekt Günter Schmidt (Alsfeld). Der Besucher trifft nach dem Durchqueren der repräsentativen Empfangshalle in den oberen Stockwerken auf Einzel- und Doppelzimmer in modern-behaglicher Ausstattung. (…) Das Sanatorium Romrod soll nicht nur erkrankte Patienten wieder in Schwung bringen, sondern wird sicherlich auch ein wenig zum wirtschaftlichen Aufschwung Romrods und des Vogelsbergkreises mit beitragen. (…) Vielleicht wurde mit dem Standpunkt des Sanatoriums auch ein weiterer Schritt zur Anerkennung des kleinen Städtchens Romrod zum Erholungsort getan“.

Auch von Innen sieht es in Romrod nicht besser aus.

Trotz damals großer Euphorie wurde das Sanatorium im Jahr 1979 zum Hotel umgewandelt, dass fortan unter verschiedenen Namen wie Sporthotel, Landhotel, Dormotel oder Neues Landhotel firmierte. Im Jahr 2008 wurde das Hotel durch eine Tochterfirma des südchinesischen Konzerns Xinju Corporation erworben, der in China Wasserwerke und Autobahnen baut. Mit dem Erwerb wurden Millioneninvestitionen zur Modernisierung angekündigt, der letzte Hotelgast im August 2016 berichtete jedoch von einem heruntergekommenen Geisterhotel.

Im September 2016 war das Hotel geschlossen und wenig später verlassen. Seit wenigen Monaten ist das Gebäude von Randale und Vandalismus gekennzeichnet, immer mehr Scheiben gehen zu Bruch und immer häufiger versammeln sich zwielichtige Gestalten. Der nächste Einsatz für Bauhofmitarbeiter, Feuerwehrleute oder Polizisten am brandgefährlichen „Lost Place“ in Romrod scheint nur eine Frage der Zeit.

8 Gedanken zu “Brandgefährliche „Lost Places“ in Nord- und Osthessen

  1. „Daten zur Entstehung und Nutzung des Gebäudes konnte die Romröder Rathauschefin auch nicht nennen, da sie nicht zugänglich seien. Auf die Frage, seit wann das Gebäude leer steht, sprach Richtberg von einer unklaren Definition von Leerstand.“
    Wie, da verfolgt man die Geschichte des einstigen „Rumerode“ bis ins 11./12. Jahrhundert zurück, baut sogar ein Museum für alte Balken und kann dann aber zur jüngsten Geschichte, zu Ursprung und Entwicklung der Investitionsruine „Neues Landhotel“, keinerlei verlässliche Auskünfte geben? Mit Blick auf „LuWiA“ möchte ich behaupten, dass die jüngere Geschichte für die Stadt Romrod von nicht geringerer Bedeutung ist als das Mittelalter. Immerhin wurde das zuletzt von einem chinesischen Investor betriebene „Neue Landhotel“ einst – ähnlich wie LuWiA – als Kur- und Kneippsanatorium bzw. Senioren-Wohnanlage gebaut und genutzt, und war nach dem Konkurs des Klinikbetriebs dann größtes Hotel im Landkreis. Warum funktionierte weder das eine noch das andere? Und lassen sich negative Standortfaktoren ausmachen, die man hätte berücksichtigen müssen oder die man aktuell vermeiden könnte, um nicht das zweite Vorhaben in den Sand zu setzen?

  2. Verschwendung von Wohnraum und sonstiger Gebäudekapazität bis hin zu teurer Ausstattung sollte tatsächlich gesetzlich untersagt sein bzw. mit saftigen Leerstands-Steuern belegt werden. Man sollte sich auch überlegen, die Besetzung solcher Komplexe durch seriöse Bürgerprojekte zu legalisieren und hier Experimente generationsübergreifenden gemeinschaftliche Lebens zuzulassen.

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  3. Da wurde wieder mal mit der Brechstange das abgenudelten Thema „Hotel setting sun“ ins Spiel gebracht. Wieder einmal ein „Paukensschlag“. Interessenten für Ruinen? Es fehlt noch die Story vom der Cafe Krumm, fragt doch mal die Besitzer, was damit ist? Die wohnen nicht in China sonder in Romrod. Die Geschichte des Hotels ist auch die Geschichte von „Stupid Romrod Money“ – von besonders naiven Geldanlegern, denen vor lauter Dollarzeichen in den Augen das Risikobewusstsein abhanden kam und dann ihr Geld ineffizient und somit falsch angelegt hatten. Private Gaukler hatten eine Idee, sammelten Kohle, gingen mit der Idee baden, Kohle weg, Eigentümer über alle Berge, Anleger traurig. Die Neuauflage vom “ Dummen Geld“ läuft gerade mit der Windkraft. Leute, die Geld zuviel haben und immer noch mehr wollen, sterben halt nicht aus. Alte Leute mit Enkeltrick abzocken läuft brutaler aber in der Zielsetzung ähnlich. Blick nach vorne und nicht auf Ruinen aus den Siebzigern mit halbgaren Ideen auswärtiger Bruchpiloten vom Kurort Romrod. Und die Windkraftpropeller von heute sind die Ruinen von Morgen. „Reich wirst Du nicht durch das, was Du verdienst, sondern durch das, was Du nicht ausgibst.“ H. Ford

  4. Da sie sich zu meinem großen Bedauern anscheinend in der Szene nicht auskennen muss ich Sie darauf hinweisen dass sie die Situation mit ihren Beiträgen noch extrem verschlimmern werden. Niemals dürfen Bilder von außen gezeigt werden weil 80 % aller Leute im Internet nicht wissen wo die Location ist. Mit einem Bild von außen oder wie auf dem zweiten Bild sogar zu erkennen mit einem Namen wird das ganze jetzt noch viel schlimmer und noch mehr überrannt. Bitte entfernen Sie die Bilder und überdenken Sie Ihren Beitrag.

    Mfg

    1. Es geht hier nicht um die Insider-Regeln der „Lost-Places-Szene“. Das „Neue Landhotel“ in Romrod liegt schließlich auch nicht verwunschen und versteckt mitten im Märchenwald, sondern weithin sichtbar am Rande der Kernstadt von Romrod.
      „Die Besitzer – das Gebäude gehört chinesischen Eigentümern – haben sich offensichtlich dazu entschlossen, das Gebäude sich selbst und somit dem Verfall zu überlassen“, können Sie in der Presse lesen (https://www.lokalo24.de/lokales/alsfeld/lost-place-neues-landhotel-romrod-11829506.html). Warum also sollte man die öffentliche Diskussion „deckeln“, nur um „Vandalen“ fern zu halten?

  5. „Eine kreisweite oder gar landesweite Erfassung für diese leerstehenden Gebäude gibt es nicht, auch keine Statistik zur Anzahl. Der Handlungsspielraum für die betroffenen Städte und Gemeinden ist gering.“
    Es ist doch eine Frechheit! Bei diesen aufgegebenen Großimmobilien handelt es sich doch zumeist um Vorhaben, die die öffentliche Diskussion zum Zeitpunkt ihrer Planung und Entstehung stark beschäftigt und in allgemeinen Überlegungen zur Regionalentwicklung eine erhebliche Rolle gespielt haben. Nicht selten waren öffentliche Gelder im Gespräch und öffentliche Stellen in die Planung einbezogen (bei der Genehmigung sowieso). Und dann läuft es nicht wie geplant. Und auf einmal steht da ein Riesen-Objekt von erheblichem Wert auf der Wiese rum, ist dem Verfall preisgegeben und gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Das ist doch Wahnsinn! Und warum muss es das geben, wo die Kreisverwaltung sich sonst doch um jeden abgesägten Obstbaum, jede Feldhecke und jeden umgeworfenen Grenzstein schert.
    Hier fehlen eindeutig Landesgesetze, die dafür sorgen, dass „Investitionsruinen“ nicht nur katalogisiert und ökonomisch analysiert, sondern auch – auf Kosten der Investoren – einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Wobei notfalls auch erhebliche Verluste in Kauf zu nehmen sind.
    Was „OL“ in dem obigen Artikel über die Geschichte des zuletzt unter „Neues Landhotel Romrod“ firmierenden Gebäudekomplexes ausgegraben hat, lässt zusammen zucken. Zitat: „Örtlichen Quellen ist zu entnehmen, dass das ehemalige Hotel in Romrod als Sanatorium im Jahr 1975 nach dreijähriger Bauzeit eröffnet wurde. Die Kosten zur Errichtung des 26.400 Quadratmeter großen Areals beliefen sich auf etwa 4,6 Millionen Euro (9,2 Millionen Deutsche Mark). Die Leitung des damaligen Sanatoriums hatte Dr. med. Theo de la Camp, der die Immobilie zunächst als Senioren-Wohnsitz mit einer gemeinnützigen Gesellschaft für Altenhilfe bewarb.“
    Da drängen sich doch sogleich Parallelen zu „LuWiA“ auf und man fragt sich:
    – Warum wird da etwas begonnen, was schon in früheren Jahren trotz besserer Voraussetzungen nicht funktioniert hat?
    – Warum wurden nicht längst alle Hebel in Bewegung gesetzt, um angesichts des prognostizierten Riesenbedarfs an preiswerten Wohn- und Pflegeangeboten für ältere Menschen die ursprüngliche Bestimmung der Immobilie wieder in Kraft zu setzen?
    – Warum ist es nicht möglich, z.B. in Partnerschaft mit einer Stadt wie Frankfurt , Leistungsbezieher preisgünstig auf dem Lande unterzubringen, anstatt dass Städte mit explodierenden Mieten und Immobilienpreisen den Sozialetat strapazieren, um damit die Spekulation in urbanen Ballungsgebieten noch zusätzlich anzuheizen?

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    1. Sie stellen die richtigen Fragen! Es ist völlig unverständlich, warum leerstehende Immobilien verfallen dürfen. Hier ist eine Gesetzesänderung dringend nötig. Eigentum verpflichtet! Und das schreibe ich, der mit linken Ideen so rein gar nichts zu tun haben möchte.

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