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Junger Tierschutzverein steckt hinter Wildreflektoren – Ein engagiertes ProjektesDas kräftige Blau rettet manches Tierleben

ROMROD/VOGELSBERGKREIS (aep). So ein Ding sieht eher unscheinbar aus und schwer definierbar. Und doch sind die Teile erstens das Ergebnis von Forschung und zweitens im Vogelsbergkreis inzwischen weit verbreitet: die blauen Wildlichtreflektoren, die Tieren den Tod durch einen Zusammenstoß mit Fahrzeugen ersparen sollen. Es werden immer mehr, und nun stellt sich auch die Initiative dahinter vor: der noch eher junge Verein „Tier- und Naturschutz“. Bei einer Pressekonferenz im Forstamt Romrod erklärten zwei Vertreterinnen den Verein und das Projekt – mit der Bitte um weitere Unterstützung.

Unter lauter männlichen Vertretern der regionalen Jagd- und Forstzunft sowie der Polizei waren die Vorsitzende Anke Feil und die Öffentlichkeitsbeauftragte als Frauen im Sitzungsraum des Forstamtes deutlich in der Minderheit. Doch der Verein Tier- und Naturschutz Unterer Vogelsberg sei keine Vereinigung „hysterischer Frauen“, widersprach Barbara Bausch dem häufigen Klischee für Tierschützerinnen. Und obwohl der erst Ende 2013 gegründete Verein „TiNa UVB“ gerade mal 60 Mitglieder vorweisen kann, hätten sie es geschafft, mit ihrem Projekt ernst genommen zu werden.

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Leuchtendes Blau am Straßenrand: Rund 4600 Reflektoren hat der Verein im Kreis anbringen lassen – hier an der B49 bei Romrod.

Unzählige persönliche Gespräche und Vorstellungen des Vereins waren nötig, das Anliegen zu verbreiten – aber man sei ihnen auf allen Ebenen entgegen gekommen, erläuterte die Öffentlichkeitsbeauftragte. Tatsächlich, so bestätigten die Forst- und Jagdvertreter, konnten die Vereinsaktivisten sowohl die Straßenmeistereien als auch Hegeringe und Jagdpächter zu einer Mitarbeit für die Wildlicht-Projekt überreden – und auch eine Reihe Sponsoren gewinnen.

Extra eine AG Wildtiere eingerichtet

Darum geht es: Rund 1000 Zusammenstöße zwischen Wildtieren und Kraftfahrzeugen werden in jedem Jahr registriert, wobei die Zahlen zwischen Jagdverbänden und Polizei stark differieren, stellte sich bei der Pressezusammenkunft heraus. Wildtiere vor diesem Ende zu bewahren, ist daher ein Anliegen des Tierschutzvereins, der dafür eigens eine „AG Wildtiere“ einrichtete. Die artgerechte Haltung, die Kastration von Katzen oder auch ein Pflegestellen-Netzwerk sind andere Ziele, für die der Verein auch bereits verschiedene Schulprojekte anstrengte.

„Als leidenschaftliche Wildtier-Liebhaberin“, so erklärte die Vorsitzende Anke Feil, habe das Wildlicht-Projekt für sie hohe Priorität. Indes: Der Verein musste sich alles selbst erarbeiten: die Suche nach einem richtigen Reflektor. Denn es gibt unzählige Varianten, die häufig keinen Effekt haben, erklärte Barbara Bausch. Das Wildtier-Institut Göttingen brachte sie auf die Farbe Blau, die den größten Wahrnehmungs- und Abschreckungsfaktor für Tiere habe.

Die Frauen machten sich auf die Suche nach „dem perfekten Reflektor“ und wurden bei der Firma CaVo Schilder in Remscheid fündig: Der stellt die Flex Wildwarnreflektoren her – und kam dem Verein auch preislich entgegen, um das Projekt zu unterstützen, erläuterte die Öffentlichkeitsfrau. Für 2,80 Euro pro Stück stellt er die Teile her, die an die Außenseite von Begrenzungspfosten geschraubt werden. Schwierig habe sich übrigens die Suche nach Sponsoren unter Organisationen gestaltet, die eigentlich das größte Interesse haben könnten: Sowohl der ADAC also auch Versicherungen hätten abgewunken: „Reflektoren bringen nichts.“ Ander sprangen ein, die OVAG alleine zum Beispiel mit 3000 Euro.

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Vorstellung in der Männerrunde: die beiden Tierschützerinnen mit Jagd- und Forstleuten sowie einem Polizeivertreter am Tisch im Forstamt Romrod.

Der Verein wandte sich direkt an Jagdpächter und erlebte eine freudige Überraschung: Fast überall kamen die Jäger und die Vertreter der Hegeringe ihnen mit Zusagen für die Verbreitung der Reflektoren entgegen – je bekannter der Verein wurde, desto mehr. „Anfangs mussten wir uns selbst einladen, später wurden wir eingeladen“, schildert Barbara Bausch. Auch die Straßenmeistereien machten mit, halfen bei der Verbreitung der Teile – und boten inzwischen auch an, sie mit zu pflegen und bei Bedarf selbstständig für Ersatz zu sorgen.

So können die Vereinsmitglieder jetzt Erfolg melden: 5501 Reflektoren haben sie verteilt und aufhängen lassen – 4656 im Vogelsbergkreis. Bei 40 Stück auf einen Kilometer bedeutet das also, dass rund 116 Kilometer Straßen den Schutz tragen – überwiegend in neuralgischen Waldstrecken. Der Effekt sei statistisch noch nicht deutlich spürbar, erklärt ein Polizeivertreter. Aber ihm sei eine Strecke aufgefallen: Zwischen Müs und Landenhausen habe es im Vorjahr neun Wildunfälle gegeben – in diesem Jahr mit blauen Reflektoren erst einen.

Nicht nur die Polizei hegt nun einen Wunsch für die weitere Ausstattung. Forstamt und Hegeringe halfen dem Verein dort, wo sie am meisten Einfluss haben: in den Waldgebieten. Aber der Verein TiNa UVB möchte mehr tun an den Straßen: nämlich auch auf den freien Strecken, wo ebenfalls zahlreiche Tiere durch Kraftfahrzeugte getötet werden. Gesucht: Mitglieder, Helfer und Sponsoren.

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