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Zum Kalten Markt: Julia Wadewitz erzählt von ihrer Amtszeit als Apfelkönigin„Engagiert, spontan sein, ein bisschen verrückt“

HOMBERG (aep). Wenn sie so durch die Marktstraßen huscht, ist es nicht leicht, mit dieser Frau ein Gespräch zu führen: Grüße links, Verabredung rechts, und zwischendurch geht auch noch das Handy. Julia Wadewitz ist sichtlich bekannt auf dem Kalten Markt in Homberg/Ohm, und das liegt nicht nur am flammend roten Haar ums hübsche Gesicht. Gerade hat sie zwei Jahre als Apfelkönigin vollendet – Jahre, die ihr im Kreis der „Königinnen-Familie“ viel Spaß brachten. In einem Rückblick mit Oberhessen-live erinnert sich Julia Wadewitz gerne an ihre Regentschaft – und räumt nebenbei mit einem Vorurteil auf.

Wann immer in vielen Städten und Gemeinden traditionsreiche Feste gefeiert werden, sind sie dabei: die Königinnen und Prinzessinnen aller Art. Rund 125 hessische Majestäten werden jährlich vom Ministerpräsidenten Volker Bouffier zum Empfang eingeladen: Wein-, Bier-, Korn-, Milch-, Trauben-, Blüten- und noch mehr Königinnen. Homberg/Ohm hat eine Apfelkönigin, genauer: hatte bis Sonntag eine Apfelkönigin. Das war zuletzt Julia Wadewitz als Julia I. Hombergs dritte Apfelkönigin. Sie gab nach zwei Jahren turnusgemäß Zepter und Krone wieder ab, ohne dass die Ohmstadt eine Nachfolgerin krönen konnte. Für Julia Wadewitz eine etwas unverständliche Lücke, denn diese beiden Jahre hätten ihr viel gegeben, erzählt die 27-Jährige. Mehr als sie erwartet hatte, als sie im Oktober 2013 ihr Amt von Louisa I übernahm.

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Im Amt als Apfelkönigin: Julia I mit Kolleginnen. Foto: alex zeise-wolf

Das kam, weil ihr Freund sie ermuntert hatte, an der Wahl teilzunehmen. Und das hatte der getan, weil sie doch als Achtjährige schon in Rosbach Blütenkind war und eine Blütenkönigin werden wollte. Ein Traum, der mit dem Umzug nach Homberg platzte. Animiert vom verständnisvollen Freund, nahm sie eben in der Ohmstadt an der Wahl teil, obwohl sie zunächst gewisse Bedenken hatte: „Über so einen Laufsteg wollte ich nicht laufen – keine Macho-Wahl!“ Aber das Prozedere in Homberg klang doch interessant: In erster Linie geht es um Persönlichkeit und ein Quiz rund um den Apfel. Und dann muss auch die Gemeinde via Facebook-Abstimmung ein Votum abgeben – aber am Ende hatte Julia locker die Nase vorn. Fortan bekam sie drei Kleider, Zepter, Krone und hieß Julia I – in ihrem Nebenamt als Homberger Majestät.

Dabei hat Julia Wadewitz in ihrem Hauptberuf eigentlich genug zu tun als Projektleiterin an dem gemeinnützigen Fortbildungsinstitut GISA in Marburg und als Business-Coach. Heißt: Sie schult Führungs- und Leitungskräfte zum Beispiel von Kindertagesstätten, aber auch von Firmen, und mit 27 Jahren sei sie dabei manchmal die jüngste im Raum, erzählt sie. Aber mit diesem beruflichen Hintergrund fiel ihr als Königin eine Anforderung schon einmal eher leicht: vor Menschen zu sprechen. „Das war ich ja gewöhnt.“

Es gefiel ihr schnell, was sie als Apfelkönigin erlebte: „Ich dachte mir: Ich komme viel rum und treffe viel Leute, und das stimmt: Ich habe wirklich viele Städte und tolle Leute kennengelernt“, stellt sie nun fest. Vor allem merkt Julia: Sie ist bei ihren repräsentativen Verpflichtungen auf großen Festivitäten nicht alleine. Eine große Königinnen-Familie nimmt sie auf: lauter Freizeit-Majestäten, die ebenfalls ihre Wochenenden auf und neben den Eröffnungsbühnen in Hessen, Thüringen und Bayern verbringen, vor Publikum und Fotografen posieren. Ihre Freizeit ist ausgefüllt: „Manchmal hatte ich einen, manchmal aber auch zwei Termine an einem Wochenende.“

Es werden mehr als 100 über die zwei Jahre ihrer Regentschaft – die Julia Wadewitz umso mehr genoss, je mehr sie ihre Kolleginnen kennen lernte. Man trifft sich immer wieder, schließt Freundschaften unter den Königinnen, die über die Amtszeit hinaus bestehen bleiben. Klar: Der Partner muss dabei mitziehen, und Julia ist ihrem Freund dankbar, dass der an so viele Wochenenden mit ihr unterwegs war.

Es waren diese Treffen zu spannenden Anlässen, die für die Hombergerin den Reiz des besonderen Ehrenamtes ausmachten. Homberg zu repräsentieren, machte sie gerne, erklärt Julia, aber in die Welt der Königinnen einzutauchen, noch lieber. Dabei stellte sie fest: Das Klischee von der „Hauptsache jungen und hübschen“ Repräsentationsfigur, der Hülle mit Schärpe, das Königinnen mitunter begleitet, stimmt nicht.

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Am Wochenende noch einmal im Kreise ihrer Kolleginnen: Julia I. (vorne Mitte) mit Königinnen im Schlossgarten. Foto: alex zeise-wolf

Die Kolleginnen sind insgesamt zwischen 16 und 50 Jahren alt, die meisten aber zwischen 20 und 30 – und unter ihnen auch etliche beruflich erfolgreiche Frauen mit Führungserfahrung. Das ist nicht zufällig: „Es macht Sinn, dass eine Königin Persönlichkeit mitbringt.“ Außer Julia Wadewitz selbst ist etwa die Schlitzer Kornkönigin Stefanie I im Vogelsberg ein Beispiel: Stefanie Eggers heißt sie bürgerlich und ist Geschäftsführerin beim Kreisbauernverband. Es gebe auch Königinnen, die dieses Amt ausschließlich ausüben, sich dabei im Minijob anstellen lassen: meist junge Frauen, die so die Zeit zwischen Abitur und Studium überbrücken.

Der Sommer ab Mai, der Herbst ab September, das waren die Hauptzeiten, in denen Julia I unterwegs war, und zu den Top-Veranstaltungen gehörten die Hessentage: „Es war spannend, da im Umzug mit zu fahren.“ Dann waren da auch noch Einladungen nach Wiesbaden zum Ministerpräsidenten: Julia genoss jeden Termin: „Den Reiz macht es aus, dass wir unglaublich viel Spaß miteinander hatten. Man sieht die Mädels wieder: Darauf freut man sich!“

Das ändert sich auch nicht, da sie nun das Amt abgegeben hat. Es stehen einige Veranstaltungen an, und „auch als Ehemalige werde ich von den Königinnen noch eingeladen“, zwinkert Julia über den Tisch: „Es wird mir jetzt nicht langweilig!“

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Äpfel: nur noch als Privatfrau. Julia Wadewitz, hier beim Kalten Markt, hat zwei Jahre als Apfelkönigin hinter sich – und freut sich nun auf Treffen als Ehemalige. Foto: aep

„Engagiert sein, spontan sein, ein bisschen verrückt sein“

In einem kurzen Interview mit OL-Redakteur Axel Pries fasst Julia Wadewitz ihre Erfahrungen aus zwei Jahren als Homberger Apfelkönigin zusammen.

Frage: Julia! Deine Amtszeit ist rum, und du kannst Erfahrungen weiter geben. Erzähl mal: Was sind die Haupteigenschaften, die eine angehende Königin mitbringen muss?

Antwort: Also, sie sollte kommunikativ sein, sie sollte engagiert sein, sie sollte auch spontan sein. Vielleicht auch ein bisschen verrückt, weil man nicht immer weiß, was einen erwartet bei Veranstaltungen. Da haben wir auch so Sachen gemacht wie Heuballen-Rennen oder Spiele auf der Bühne, komische und lustige Foto-Shootings.

Man muss also auch Humor mitbringen und auch mal über sich selbst lachen können.

Ja, genau! Das würde ich sagen.

In den zwei Jahren, die du erlebt hast: Was war das Schönste an deinem Amt? Die Schärpe, das Repräsentieren der Stadt oder mehr das Kennenlernen vieler Menschen?

Das spielt alles zusammen, und das gehört ja auch zusammen: das Repräsentieren und dabei Menschen kennen zu lernen. Wenn ich auf der Bühne stand und vom Schächerbachweg erzählt habe oder vom Schloss, dann wird man auf dem Fest ja auch angesprochen: ‚Das war interessant, kannst du mir davon was erzählen?‘ Das war so schön, dass man mit verschiedenen Menschen ins Gespräch gekommen ist.

Wie ist es denn mit der Akzeptanz: Wird man als Königin mehr belächelt oder mehr gehuldigt?

Ja, das ist sehr, sehr unterschiedlich. Es gibt tatsächlich die, die einen belächeln und meinen, Königinnen wollen nur die Krone aufhaben und gut aussehen. Und es gibt auch die, die das gut finden, die uns huldigen und stolz darauf sind, dass wir ihre Städte präsentieren. Das ist sehr gemischt.

Was waren die schönsten Tätigkeiten in deiner Regentschaft?

Das war einmal ganz klar der Hessentag: dabei Homberg zu repräsentieren. Denn das ist etwas, das ich in meinem Leben nie mehr machen werde, und wer kann schon sagen, dass er so beim Hessentag dabei war? Natürlich der Empfang beim Ministerpräsidenten… aber auch ganz toll war unser Schlossfest in diesem Jahr. Da hatte ich einige Königinnen da, und wir haben zum Beispiel zusammen die Ritter besucht, bekamen erklärt, wie wir Königinnen uns verteidigen können und haben mit den Kindern lustige Spiele gespielt. Da hatten wir richtig viel Spaß, da denke ich gerne dran zurück. Die anderen Königinnen übrigens auch: Wenn die von Festen berichten, dann ist da immer unser Schlossfest dabei.

Apropos andere Königinnen: Es hat sich ja keine Nachfolgerin gefunden. Was meinst du, woran das liegt? Und wenn jetzt zu Hause eine mögliche Königin ist und überlegt, ob sie sich bewerben soll. Was würdest du ihr sagen?

Ja, woran liegt das, dass keine will? Ich glaube, einerseits geht das freiwillige Engagement  gerade überall zurück, auch in den Vereinen. Das ist eine Schwierigkeit. Und dann ist es schwierig sich vorzustellen, was wir tatsächlich machen. Ich konnte mir das ja auch nicht vorstellen, und diese zwei Jahre waren anders als ich gedacht hatte. Ich glaube, es schreckt manche ab, dass sie auf einer Bühne sprechen sollen. Aber ich kann sagen: Man lernt das! Auch andere Königinnen haben das gelernt, und die Mädels sind super nett! Man hilft sich gegenseitig, hilft sich beim Reden schreiben, wenn man das nicht so gut kann. Ich kann nur empfehlen, das einfach auszuprobieren, die zwei Jahre mit zu nehmen und Spaß zu haben!

2 Gedanken zu “„Engagiert, spontan sein, ein bisschen verrückt“

  1. Ihr Artikel:
    In einem Rückblick mit Oberhessen-live erinnert sich Julia Wadewitz gerne an ihre Regenschaft

    was doch ein Buchstabe ausmacht: Regentschaft

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