Stefan Korn aus Hopfgarten umrundelt den Planeten auf einer ehrgeizigen LangzeitreiseDie Mission: als Tramper einmal um die Welt
VOGELSBERGKREIS/LEIPZIG/USA. Der 30-jährige Stefan Korn aus Hopfgarten ist Student in Leipzig und ein passionierter Tramper. Als solcher unternimmt er gerade eine fantastische Langzeitreise: Mit dem „Daumen im Wind“ geht es um die Welt, und er sammelt abenteuerliche Erfahrungen. Heute ist für Stefan Korn ein besonderer Tag: Genau ein Jahr lang ist er jetzt unterwegs. Für Oberhessen-live beschreibt er seine Motivation und was er bislang erlebt hat: der Bericht eines Weltreisenden – hier sein Einstieg.
Genau vor einem Jahr. Am 20. Oktober 2014. An diesem Tag hab ich das letzte Mal meinen Kater gedrückt, mir einen 35 Liter Rucksack auf geschnallt, die Tür zu meiner Wohnung hinter mir geschlossen und bin in dieses ungewisse Abenteuer gestartet. Ich, mit einem Masterabschluss in der Tasche, guten Jobaussichten vor der Nase und ein paar Jahre Selbstständigkeit auf dem Buckel. Eine wunderbare Altbauwohnung im Herzen von Leipzig hab ich hinter mir gelassen, sowie ein gut eingerichtetes Leben. Ich hatte alles, aber irgendwie fehlte doch was. Ich musste los, um herauszufinden, was es ist. Diese Sache, die fehlt. Sind wir ehrlich: Ich weiß es bis heute nicht. Aber ich weiß nun sehr genau, warum ich denn reise.
Geliebt, gefeiert, geweint, gelacht: ein turbulentes Leben
Wenn ich die letzten zwölf Monate vor meinem inneren Auge Revue passieren lasse, dann komm ich mir auf einmal steinalt vor. Nicht nur, weil ich kürzlich 30 geworden bin, sondern auch, weil mir Momente, die ein halbes Jahr zurückliegen, vorkommen, als hätten sie vor fünf Jahren stattgefunden. Es ist so viel passiert. Ich habe mit Segelbooten den Atlantik überquert (https://warmroads.de/de/segeltagebuch-transatlantik/) , ohne vorher jemals gesegelt zu sein, bin 50.000 Kilometer durch alle vorstellbaren Terrains unseres kleinen Planeten getrampt, habe 60 Meter hohe Antennenmasten erklettert, um mich mit meiner Höhenangst (https://warmroads.de/de/hoehenangstbewaeltigung/) zu konfrontieren und bin als blinder Passagier mit Güterzügen durch die USA gefahren. Ich habe geliebt, ich habe gefeiert, unglaublich tolle Menschen getroffen, wurde bestohlen, hab geweint, gelacht, gelitten und manchmal war ich einfach nur müde von meinem turbulenten Leben.
Das ist es. Das Abenteuer. Das Leben. Lebendig sein. Ferne Länder kennenlernen. Neue Erfahrungen machen. Unglaubliche Menschen treffen. Deswegen reise ich. Das könnte ich euch nun erzählen. Es wäre wohl am einfachsten. Aber es würde leider nicht stimmen. Der Grund meiner Reise ist ein Anderer.
Ein ungewöhnlicher Reisender in den USA: Stefan Korn beim Trampen und Trainhopping – nicht legal, aber das ist das Trampen offenbar auch nicht überall.
Klare Mission: Ich will einmal um die Welt trampen!
Ich bin durch fast jedes Land in Süd- und Zentral- und Nordamerika getrampt (https://warmroads.de/de/trampen-in-suedamerika-statistisches-zwischenfazit-meiner-tramptour-in-suedamerika/). Nicht weil ich alle diese Länder sehen wollte, sondern weil mein Weg hier entlang führt. Ich war in Cusco/Peru wohl der einzige Mensch, der sich nicht die Inka-Ruinenstadt Machu Picchu angeschaut hat. Es ist wohl die bekannteste Touristenattraktion in ganz Südamerika. Ich war so nah. Wieso bin ich nicht rein? Weil es mir zu teuer war, ich gerade einen mehrere tausend Kilometer langen Tramptrip hinter mir hatte und nur ausspannen wollte. Das mag für einige komisch klingen. Aber ich bin nicht auf Reisen um Tourist zu sein und mir Sachen anzuschauen. Und nicht falsch verstehen: Ich sehe genug und viel. Das ergibt sich von ganz alleine. Aber ich hab eine ganz klare Mission: Ich will einmal um die Welt trampen!
Eigentlich ist es eher eine Expedition als eine Reise. Bewegung ist alles. Ich fliege nicht über die Ozeane, zahle nicht für meine Fortbewegung und trampe alles, was sich bewegt. Das ist das Prinzip meiner Reise. Die Durchführung bisweilen schwierig. Oft trampe ich große Distanzen von mehreren tausend Kilometern in einer Tour (ohne Schlaf) (https://warmroads.de/de/brasilien-aus-dem-logbuch-1/). Aus Spaß, um mein Limit aus zu reizen. Es kann sehr kalt werden oder ich werde von der Sonne drangsaliert. Unfreundliche Autofahrer, schmerzende Füße, mehrere Stunden laufen pro Tag und staubige Straßen die dich dekorieren wie Puderzucker eine Waffel. Seit meiner Abreise habe ich mehr als 190 Stunden an der Straße gewartet. Das längste waren neun Stunden und 54 Minuten an der brasilianischen Grenze zu Uruguay. Ist eine Herausforderung. Aber das könnte sonst ja jeder machen.
Unterwegs um die Welt: als Tramper in der Wasserwüste des Atlantik und in der argentinischen Steppe.
Es gibt Tage an denen alles schief geht
Manchmal bin ich müde. Es gibt Tage an denen alles schief geht und mein Leben schwermütig wird. Es gibt Zeiten, da möchte ich mir einfach ein Flugticket kaufen und nach Hause fliegen. Auf Reisen sein, ist kein Urlaub. Und ein Jahr unterwegs zu sein, ohne Zuhause, Freunde und eine Rückzugsort ist manchmal ziemlich einsam und anstrengend. Aber ich bin frei und ich hab natürlich auch eine unglaublich schöne und aufregende Zeit. Pures Leben. Krisen und Schönheit.
Letztendlich hab ich nur ein Ziel: Weltumtrampung. Die erste Weltumtrampung in westlicher Richtung. Wenn ich fertig bin, hab ich mehr als 100.000 Kilometer hinter mir und wahrscheinlich die längste Route gemeistert, die je von einem Tramper zurückgelegt worden ist.
Es gibt Menschen die mich inspirieren. Etwa mein russischer Sporttrampen-Mentor und Freund Alexej Vorov http://www.zeit.de/online/2008/31/trampen-vorov, der in seinem Leben bisher 1,973,650 Kilometer getrampt ist. Mehr als jeder andere Mensch. Er hat 1991 seine Weltumtrampung gemacht. In östlicher Richtung über die Beringstraße, durch die kälteste Region der Welt (-70°). Die selbe menschenfeindliche Gegend, die nun auch ich anpeile. Ich wandele auf seinen Spuren.
Oder etwa Karl Bushby (https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Bushby), ein Engländer der seit 17 Jahren von Ushuaia/Argentinien nach England unterwegs ist (mit Unterbrechung natürlich). Der erste Mensch, der ohne geographische Unterbrechung (wie bspw. Ozeane) die Erde umlaufen möchte. Er ist bisher mehr als 58.000km gelaufen und nur durch russische Bürokratie bisher von seinem Traum, zu Hause anzukommen, abgehalten worden. Er geht weiter seinen Weg, egal welche Hindernisse ihm begegnen. Ich hoffe Karl im nächsten Jahr irgendwo in Sibirien treffen zu können.
Von Deutschland nach Kanada getrampt – über Südamerika
Wenn ich nun zurückschaue auf dieses unglaubliche Jahr, dann kann ich schon erkennen, aber noch nicht realisieren, was ich hier für eine einzigartige Erfahrung mache und dass ich davon noch auf Jahre zehren kann. All diese Bilder und Eindrücke bleiben. Und egal was passiert: Ich bin von Deutschland nach Kanada getrampt (mit einem kleinen 20.000km Umweg durch Südamerika). Ist ja schon mal was. Nech?
Aber meine Route ist noch lang. Ich hab erst knapp die Hälfte geschafft. Gerade arbeite ich auf einer Farm in Kanada. Ausruhen und Kraft sammeln vor dem wichtigsten Abschnitt meiner Reise. Ich muss auf den Winter warten, da ich durch Gegenden trampen werde, die keine Straßen haben und nur mit Eis passierbar sind. Erstmal geht es jedoch nach New York, wo ich zu Weihnachten eingeladen worden bin. Vielleicht halte ich bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag aus, ohne vor Ungeduld zu platzen. Zwischen den Jahren mach ich spätestens los. 8000 Kilometer von New York nach Alaska, Prudhoe Bay. Ans Ende der Straße zur Nordküste. Wegpunkt absammeln, bevor ich Richtung Sibirien durchdringe. Auf meinem Weg weiter reisen. Endlich wieder auf der Straße sein. Da freue ich mich schon drauf! Deswegen bin ich ja schließlich unterwegs!
Stefan Korn
Wer seinen Blog verfolgen will: den gibt es auf http://warmroads.de/de/
Toller Typ, Super-Geschichte! Weiterhin gute Reise.
Gerd Ludwig