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Karpfen und Hechte trieben tot in Ziegenhains Wallgraben – Ursache: SauerstoffmangelTote Fische im Graben schrecken Kritiker auf

ZIEGENHAIN (aep). Spricht man in Ziegenhain vom Wallgraben, dann ist aktuell auch immer von toten Fischen die Rede. Davon trieben in der vergangenen Woche etliche tot an der Oberfläche. Man wittert Unrat, und zwei Anwohner erstatteten Anzeige, berichtet das nordhessische Online-Magazin NH24, das die Geschichte verfolgt. Inzwischen wurden die toten Tiere eingesammelt, was ein Anzeigesteller als Vernichtung von Beweismitteln deutet. Weitere Fischleichen gab es bislang nicht, aber es bleiben viele Fragezeichen, ist der Tenor. Nachfragen in Wiesbaden ergeben: Das Phänomen hatte natürliche Ursachen, Abhilfe wird überprüft.

Es geht um den Jahrhunderte alten Wallgraben, der bis heute den Festungsteil Ziegenhains und damit die Justizvollzugsanstalt umschließt – aber schon lange in zwei getrennten Gewässern: dem Großen und dem immer noch mehrere Hundert Meter langen, Kleinen Wallgraben. In dem kleineren Teil trieben in der vergangenen Woche tote Fische: Karpfen und Hechte, die seither die Gemüter beunruhigen und Kritiker auf den Plan rufen. Der Vorwurf: Das Land habe die Fische sterben lassen, indem es Gegenmaßnahmen untersagte, polizeiliche Untersuchungen behinderte und dann auch noch Ministeriumsmitarbeiter geschickt habe, um Beweise – die tot treibenden Fische – zu vernichten. Es klingt nach Verschwörung.

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Grünes Idyll mitten in Ziegenhain: Der mit Seerosen bewachsene Wallgraben. Dieser Teil gilt wegen mangelhafter Frischwasser-Zufuhr als problematisch.

Eine Darstellung, die René Brosius-Linke auf Anfrage unkommentiert lässt. Er ist Pressesprecher des Hessischen Justizministeriums, und er selbst habe zusammen mit einem anderen Ministeriumsmitarbeiter sowie zwei Beamten der JVA Ziegenhain die toten Fische aus dem Wallgraben gezogen – als unbürokratische Sofortmaßnahme, wie er erklärt, damit die bis zu 20 Kilogramm schweren Tiere nicht vollends im Wasser verwesen. Die Körper hätten bereits reichlich gestunken. „Das war richtig eklig!“  Sechs richtig große Karpfen und 20 kleine Hechte seien es gewesen.

Tod als Folge ungünstiger Umweltbedingungen?

Ihr Tod sei wahrscheinlich die Folge ungünstiger Umweltbedingungen gewesen: Durch die lange Trockenheit sei der Wasserspiegel gesunken, wodurch der ohnehin schon immer schlechter versorgte, Kleine Wallgraben noch weniger Frischwasser erhielt. Giftige Blaualgen gediehen, und als die im folgenden Regen abstarben, verzehrten sie Sauerstoff, der den großen Fischen fehlte. Kleine überlebten die Veränderung offenbar: „Wir haben Fischschwärme gesehen.“ Mit dem derzeit üppigen Seerosen-Bewuchs habe das Sterben nichts zu tun.

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Der den Wallgraben bewacht: Eine Statue erinnert an den Festungscharakter der Stadt.

Untersuchungen von Wasserproben, die Freitag gezogen und Montag bei der Unteren Wasserbehörde untersucht worden seien, hätten ergeben, dass der Sauerstoffgehalt in dem Graben sich normaliserte, und auch Giftstoffe seien nicht gefunden worden. Der Ministeriumssprecher sieht den Vorfall denn auch als eher isoliertes Ereignis. Nun werde geprüft, ob der Wallgraben mit Blick auf die anstehende Hitzeperiode künstlich belüftet werden kann. Ein Problem dabei sei, dass darin noch zahlreiche Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet würden – deretwegen große Vorsicht geboten sei.

So habe auch er für die Einsammlungsaktion nur eine einmalige Sondergenehmigung des Kampfmittelräumdienstes beim Regierungspräsidium Darmstadt erhalten, mit dem flachen Floß auf den flachen Graben zu fahren: „einmal rauf und wieder weg“. Pumpen im Wasser kämen nicht ohne weiteres in Frage. Dennoch werde nun städtischerseits geprüft, ob der Kleine Wallgraben über eine Umwälzpumpe mit Sauerstoff belüftet wird, damit sich das Fischsterben nicht wiederholt.

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