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Nach dem Tod von Frank-Martin Neupärtl: Wahl am Sonntag im Schwalm-Eder-KreisZwei erfahrene Kandidaten wollen Landrat werden

SCHWALM-EDER-KREIS (aep). Wenn am kommenden Sonntag 146.500 Wählerinnen und Wähler im Schwalm-Eder-Kreis aufgerufen sind, einen neuen Landrat zu wählen, dann hat der Wahlgang dieses Mal einen tragischen Hintergrund: Der Amtsinhaber Frank-Martin Neupärtl (SPD) ist im November 2014 an einem Krebsleiden gestorben – ein halbes Jahr, nachdem er als Landrat wiedergewählt worden war. Nun stehen zwei Kandidaten zur Wahl, beide sind erfahren in Verwaltung und Politik: Für die CDU bewirbt sich der Staatssekretär Mark Weinmeister, für die SPD der Erste Kreisbeigeordnete Winfried Becker.

Die Nachricht vom Tod des gerade mal 53-jährigen Landrats Neupärtl erschütterte im  vergangenen Jahr den Kreis und machte schnelle Neuwahlen erforderlich. Zunächst stellte dann Anfang Januar der CDU-Kreisverband mit Mark Weinmeister einen Wunschkandidaten mit allen nötigen Kompetenzen vor, wie der Kreisvorsitzende Bernd Siebert seinerzeit in einer Presseerklärung verlautete.

Der 1967 geborene Weinmeister sei als Staatssekretär und Behördenleiter im Hessischen Umweltministerium hervorragend geeignet. Weinmeister ist verheiratet, Vater zweier Kinder und lebt in Guxhagen, wo als Gemeindevertreter tätig ist. Der Gymnasiallehrer war von 1999 bis 2009 Abgeordneter des Hessischen Landtags, danach von 2009 bis 2014 Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Am 18. Januar wurde er Staatssekretär für Europa in der Hessischen Staatskanzlei. Kreispolitik für die Schwälmer CDU betreibt er seit 1993 als Kreistagsabgeordneter und ist seit 2001 Vorsitzender der Fraktion.

Beide Kandidaten kommen aus Cuxhagen

Ebenfalls in Cuxhagen wohnt der 54-jährige SPD-Kandidat Winfried Becker, der auch im Kreis kein neues Gesicht ist, und den die SPD im Januar mit fast einstimmigem Votum vorstellte. Kein Wunder: Becker ist als Erster Kreisbeigeordneter und damit Landratsvertreter bereits mit dem Amt gut vertraut. Er übt es zur Zeit kommissarisch aus. Gerne verweist er auch auf seine Erfahrung als Bürgermeister der Stadt Cuxhagen von 1989 bis 2003.

Während Mark Weinmeister im Wahlkampf viel auf seine guten Kontakte nach Wiesbaden verwies, setzte Winfried Becker stark auf die bereits erzielten Erfolge im Schwalm-Eder-Kreis und verspricht eine Nachfolge im Sinne des Amtsvorgängers. Kritik äußert er  am Verhältnis des Landes zu den Kommunen in Hessen: Hessen gehöre zu den reichsten Ländern Deutschlands, und dennoch herrsche in den Kommunen Not.

Wahlende ist am Sonntag wie gehabt um 18 Uhr, aber bereits ab 18.20 Uhr könne mit den ersten Ergebnissen aus den 315 Wahlbezirken in 27 Städten und Gemeinden gerechnet werden, verspricht der Landkreispressesprecher Dieter Werkmeister (die Zwischenstände werden auf einer Website veröffentlicht). Um 20 Uhr soll das Ergebnis dann feststehen. Auch Oberhessen-live wird am Sonntagabend im Kreishaus in Homberg/Efze dabei sein und über den Wahlausgang berichten.

Fünf Fragen, fünf Antworten: „Wir brauchen Datenautobahnen!“

Oberhessen-live hatte beiden Kandidaten einen Fragebogen mit fünf Fragen zukommen lassen. So kurz vor dem Wahlgang hat aber nur Mark Weinmeister noch geantwortet. Hier seine Antworten:

Frage: Der Schwalm-Eder-Kreis leidet wie alle ländlichen Gebiete unter Problemen wie Häuser- und Geschäfte-Leerstand in den Innenstädten, Mangel an Ärzten wie auch an Fachkräften, die lieber in große Städte ziehen. Können sie kurz ihre Ideen, Ihr Konzept umreißen, mit dem Sie diese Probleme angehen wollen?

Weinmeister: Leerstände, Mangel an medizinischen Versorgungseinrichtungen und ein Fachkräftemangel sind die größten Gefahren für ländlich geprägte Regionen. Entscheidend für den Umgang mit diesen Gefahren ist der ehrliche Umgang damit. Dazu gehört es, dass immer alle Beteiligten in die Erarbeitung von Konzepten eingebunden werden.
Was die Fachkräfte angeht möchte ich die heimische Wirtschaft mit den Bildungseinrichtungen an einen Tisch bringen. Nur im stetigen Austausch kann man Betriebe und Schulen zusammenbringen. Aber auch die Angebote der Hoschulen sollen besser beworben werden. Einerseits ist im Schwalm-Eder-Kreis kaum bekannt, dass es durch die TH Mittelhessen in Bad Wildungen und Frankenberg duale Studienangebote gibt, andererseits möchte ich Gespräch mit der Universität Kassel führen, ein Gründerzentrum im Schwalm-Eder-Kreis anzusiedeln.
Um dem drohenden Leerstand entgegenzuwirken, gibt es bereits positive Beispiele, die so auch flächendeckend eingesetzt werden könnten. So hat die Stadt Fritzlar nicht nur ein Leerstandkataster aufgelegt, dort gibt es ein Vitalisierungsprogramm für die Ortskerne. Gemeinsam mit der Landesdenkmalpflege werden so denkmalgeschützte Gebäude in Ihrer Bausubstanz durch Zuschüsse erhalten. Diese Zuschüsse lösen enorme private Investitionen aus. Im Vorfeld hat die Stadt dazu eine Quartierung vorgenommen und jedes Gebäude in diesen Quartieren nach denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten untersucht. So können Bauherren und Investoren auf einen verlässlichen „Bauplan“ zugreifen.
Die flächendeckende medizinische Versorgung ist eine der größten Herausforderungen. Im Landkreis möchte ich Ärzte, Kommunen und auch Immobilieninhaber zusammenbringen, um neue Konzepte zu erarbeiten, damit man den Hausarzt noch überall antreffen kann. Das Modell des Oberaulaer Sozialzentrums halte ich für ein nachahmenswertes Konzept. Die Gemeinde hat das Gebäude gekauft und renoviert, hat eine Praxis eingerichtet und zwei Ärzte werden dort langfristig praktizieren. Daneben gibt es noch eine Praxis für Physiotherapie und ein Mehrgenerationencafé. Aber auch Mobilitätskonzepte gehören in diesen Bereich. Bürgerbusse sind ein verlässliches und gutes Angebot, damit diejenigen die nicht mehr mobil sind, die Versorgung erhalten die sie benötigen.

Kommunaler Finanzausgleich ist als Begriff derzeit in aller Munde. Auch Sie möchten mehr Förderung der ländlichen Region durch das Land Hessen. Wie wollen Sie dabei konkret Einfluss nehmen?

Alle bisher vorgelegten Modellrechnungen zeigen, dass vor allem die Kommunen auf dem Land die Gewinner des neuen KFA sein werden. Wir berücksichtigen wesentlich stärker den Einfluss des demografischen Wandels und auch die zu versorgende Fläche. Rein rechnerisch erhalten auch die Landkreis durch die höheren Zuweisungen an die Städte und Gemeinden mehr Geld in der Kreisumlage. Da es den Landkreisen jedoch vergleichsweise gut geht, müssen diese einen Teil dessen über die Senkung der Kreisumlage an die Städte und Gemeinden zurückgeben.

Der Norden und der Süden des großen Schwalm-Eder-Kreises leben mit unterschiedlichen Bedingungen und nehmen seit jeher unterschiedliche Entwicklungen. Wie gehen Sie auf die besonderen Anforderungen ein – auch um die verschiedenen Regionen als einen Kreis zu vereinen? Ein Stichwort: Vernetzung der Kommunen.

Interkommunale Zusammenarbeit ist hier ein ganz wichtiges Stichwort. Der Süden des Kreises ist mitunter von geringer Bevölkerungsdichte geprägt. Um die Leistungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten, müssen neue Wege gegangen werden. Der Gemeindeverwaltungsverband südlicher Knüll, bestehend aus Neukirchen, Oberaula und Ottrau ist hier ein gutes Beispiel. Viele Aufgaben können von kleinen Kommunen gemeinsam bearbeitet werden, wie Kassen- oder Rechnungsprüfungswesen. Man muss hier jedoch darauf achten, dass Leistungen, auf die die Bürgerinnen und Bürger Häufig zugreifen mit kurzen Wegen erreichbar bleiben.
Aber auch die verkehrliche Erschließung gehört dazu. Zentrale Bedeutung hat hier wieder einmal die A49. Sie würde nicht nur die gesamte Region an die Wirtschaftszentren im Süden Deutschlands anbinden auch der Kreis würde so untereinander besser vernetzt.

Als ein Mittel mit dem Kommunen Kosten sparen könnten, gilt die interkommunale Zusammenarbeit. Wie stehen Sie dazu, und haben Sie konkrete Vorstellungen für bestimmte Kommunen des Kreises?
Antwort siehe oben.

Schnelles Internet gilt als ein wichtiger Standortfaktor, den auch Sie fördern möchten. Können Sie kurz erklären, wie das konkret geschehen soll?

Wir brauchen Datenautobahnen! In spätestens fünf Jahren müssen die Lücken hier geschlossen sein. Mindestens 50 Mbit sind Standard. Das hat für mich oberste Priorität. Die Bertelsmann-Studie sieht enorme Entwicklungschancen, die seiner Meinung nach allerdings nur durch Umsetzung innovativer Ideen zu erreichen sind. Die fünf Landkreise in Nordhessen haben sich zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen, damit flächendeckend der Breitbandausbau stattfindet. Finanziert wird das über ein Darlehen der landeseigenen WI-Bank. Aus meiner Sicht hat es allerdings sehr lange gedauert, bis man in konkrete Planungsschritte eingetreten ist. Man hat nun in der Ausschreibung einen Netzbetreiber gefunden. Die Ausschreibung für den Bau der erforderlichen Infrastruktur muss europaweit durchgeführt werden. Erst dann kann das Netz geplant und mit dem Bau begonnen werden. Hier will ich mich aber auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass die Verfahren möglichst schnell vorangehen. Schaut man sich die Versorgungssituation im Schwalm-Eder-Kreis an, so haben wir fünf vor zwölf.

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