Jugendliche aus Alsfeld berichten, warum sie die Heimat verlassen möchten„Endlich raus aus Alsfeld“
ALSFELD (lme). Immer mehr junge Menschen aus Alsfeld möchten ihre Heimat verlassen und in größere Städte ziehen. Aber was sind die Gründe dafür? Hat Alsfeld nichts mehr zu bieten? Zwei Jugendliche erläutern selbst, was ihre Gedanken und Beweggründe sind, Alsfeld zu verlassen und ob sie vielleicht doch irgendwann mal wieder zurück kommen möchten.
Viele Jugendliche stellen sich irgendwann, spätestens nach der Schule die Frage: Wohin gehe ich, was mache ich? Es ist kein Geheimnis, dass ein sehr großer Teil der Alsfelder Jugendlichen „raus aus Alsfeld“ möchte. Unterhält man sich aber mit der älteren Generation, hört man immer wieder „das war bei uns alles anders, wir sind heute noch alle hier in Alsfeld“. Deshalb stellt sich die Frage, was hat sich verändert, dass nun alles so anders ist?
Zu einem Interview hat sich Oberhessen-live mit zwei Jugendlichen unterhalten die Alsfeld verlassen haben und möchten – und im Gespräch wurde gleich klar: beide haben eine feste Meinung! Das Thema schien kein neues für die beiden Mädchen (18 und 20 Jahre alt) zu sein, auch in ihrem Freundeskreis soll das Thema wohl immer wieder aufkommen. „Die Diskussionen gehen schon los, wenn man hier in Alsfeld überlegt was man mit seinen Freunden unternehmen könnte“, erklären die beiden.
„Ich bin in Alsfeld groß geworden, mich reizt momentan nichts mehr an dieser Stadt“
Celine Schott (20), Altenburg
Für die 20-Jährige Celine aus Altenburg hat Alsfeld momentan nichts mehr zu bieten. Im Interview mit OL machte sie deutlich, dass das insbesondere an ihrem Studium liegt. „Nach der Schule hat man hier einfach keine Möglichkeiten. Natürlich kann man hier viele Ausbildungen anfangen, aber ich habe schon eine Ausbildung und möchte unbedingt studieren. Da muss ich schon mal mindestens nach Gießen oder Fulda fahren.“ Aber auch neben den geringen Weiterbildungsmöglichkeiten habe Alsfeld immer weniger zu bieten, sagt die 20-Jährige etwas enttäuscht.
„Ich möchte einfach mal mehr erleben, andere Sachen und Leute kennenlernen, in Alsfeld kennt man einfach alles und jeden. Vor allem abends hat man hier als junger erwachsener Mensch einfach keine Möglichkeiten mehr irgendwo hinzugehen“, erklärt sie.
Obwohl Alsfeld die Heimat der 20-Jährigen ist und sie nach längerer Zeit immer sehr gerne in die gewohnte Umgebung zurück komme, würde man hier nichts Neues erleben und keine großartigen neuen Erfahrungen sammeln. „Wenn man hier ist, ist man immer mit den selben Dingen beschäftigt“, erklärt sie. Ihre Zukunft sehe sie im Moment aus diesen Gründen nicht hier, trotzdem werde Alsfeld immer wichtig für sie bleiben. „Natürlich weiß ich nicht, wie ich das in zehn-fünfzehn Jahren sehen werde, aber erstmal möchte ich mir mein Leben woanders aufbauen“, sagt sie.
Mobiles Großstadtleben statt schlechter Infrastruktur
Lina Goering (18), Altenburg
Ähnlich sieht das ganze die 18-jährige Lina, die ebenfalls aus Altenburg kommt, aber mittlerweile schon in Frankfurt am Main lebt und studiert. „Dadurch, dass ich schon früh viel Kontakt zu Frankfurt hatte, habe ich schnell gesehen, was ich an Alsfeld vermisse.“ Die 18-Jährige verdeutlicht kritisch, dass man in Alsfeld nichts erleben könne. „Wenn man an einem Freitagabend überlegt, was man unternehmen könnte, hat man die Auswahl zwischen der ‚Calypso-Bar‘ und der Kneipe ‚Laternchen‘.“
Aber nicht nur die geringe Auswahl sei zu bemängeln, es ist immer das gleiche, sagte die 18-Jährige. Aber tatsächlich seien es mehrere Dinge die Alsfeld für junge Leute wenig attraktiv machen würden, Alsfeld bräuchte zum Beispiel mehrere attraktive Geschäfte. „Wenn ich mir nur schnell ein paar Klamotten kaufen möchte, muss ich entweder eine Stunde lang mit dem Zug nach Gießen oder Fulda fahren oder mir schon Tage vorher etwas im Internet bestellen. Man kann gar nicht spontan sein.“
Das sei vor allem der schlechten Infrastruktur zuschulden, auf Bus und Bahn könne man sich hier nicht verlassen. „Als Jugendlicher hat man einfach keine Möglichkeiten viel zu unternehmen, da es zum einem einfach kaum Angebote gibt und man zum anderen ohne eigenes Auto nur sehr schwer irgendwo hinkommt.“
Trotzdem verdeutlicht die 18-Jährige im Interview, dass Alsfeld auch sehr schöne Seiten habe und sie die Zeit, in der sie hier aufgewachsen ist, schätze. Schließlich habe Alsfeld etwas heimisches und gemütliches, es sei ab und an auch mal schön durch die Stadt zu laufen und viele bekannte Gesichter zu sehen. Jedoch sei das Studium die Möglichkeit endlich etwas anderes sehen zu können und sich ein Leben in der Großstadt aufzubauen.
„Die Großstadt war mir zu hektisch“
Dass es auch Gründe gibt, für junge Menschen wieder zurück nach Alsfeld zu kommen, das beweist die 25-jährige Lily B., die in diesem Artikel lieber anonym bleiben möchte. „Nach meinem Abitur bin ich gleich nach Nürnberg gezogen und habe dort drei Jahre studiert“, sagt die 25-Jährige. Allerdings sei das nicht so schön für sie gelaufen wie gedacht. „Mit 18 war die Großstadt mein Traum, das klang alles so cool und aufregend, ich wollte unbedingt wissen: kann ich dieses Großstadtleben?“ ernüchternd war die Antwort für die 25-Jährige.
„In der Großstadt ist alles so anonym, man fühlt sich trotz Freunde so alleine. Ganz anders ist das hier auf dem Land, hier sagt dir jeder ‚Hallo‘.“ Hier in Alsfeld fühle sie sich einfach wohl, es wäre nicht jedem egal was sie mache und die Leute seien hier ganz anders, viel herzlicher als in der Großstadt.
Auf die Frage, ob sie die Infrastruktur hier auf dem Land störe, antwortete die 25-Jährige schmunzelnd: „Ich spare eine Menge Geld. In Nürnberg habe ich mir viel zu oft Sachen gekauft, die ich gar nicht benötigt habe.“ Aber abgesehen von den Einkaufsmöglichkeiten sei man als junge Heranwachsende ohne Führerschein wirklich aufgeschmissen, da habe man in der Großstadt einen sehr großen Vorteil.
Schwaches Bild
Mangelndes Selbstbewusstsein haben, selbst aus seiner verstaubten Ecke nicht rauskommen und aus regionaler Unattraktivität getriebene Abwanderung auf „ossi-braune“ Zuwanderung zu schieben ist sehr dreist. Wer neugierig ist und Erfolg sucht wird mit Sicherheit Eifel, Uckermark oder Vogelsberg verlassen. Es geht auch nicht um den Märchenprinzen, der das arme Mädel aus dem Provinzmief rettet. Celine und Lina werden schnell begreifen, dass die Welt mehr als Fulda, Gießen oder Frankfurt bietet und das Leben sich nicht nur auf Shoppen und Clubben beschränkt.
Man sollte umgekehrt aber auch nicht diejenigen in die „verstaubte Ecke“ stellen, die mit klaren Vorstellungen ihre Chancen in der Heimat wahrnehmen und nicht erst mehrere Weltreisen unternommen haben müssen, bevor sie mit dem „eigenen Leben“ anfangen. Ich finde, dass diejenigen sehr zu beneiden sind, die sich mit dem Vogelsberg identifizieren können und das aufgreifen, was ihnen hier geboten wird. Das sind keineswegs nur die „Hinterwäldler“, die es zu nichts bringen oder für ihren Drogenkonsum den VB verantwortlich machen.
Aber, um nicht missverstanden zu werden: Das suspendiert nicht eine vernünftige Verkehrs-Infrastruktur, ein modernes Datennetz und eine kompetente Regionalentwicklung!
UK
@ KASIMIR
Zu welcher der genannten Kategorien
zählst du ?
Überlegst du dir eigentlich was für einen Schwachsinn du absondert ?
In alsfeld wird man zum Junkie .
Stimmt, siehe die Problemviertel ala Bürgermeister Haas straße + Soldantstraße oder Alberteinstein Platz, voll mit ALKIS und Junkies :D
Hahaha Problemviertel, der war gut.
Zum Junkie wird man nicht auf Grund eines Wohnsitzes, zum Junkie wird man aus Dummheit oder aus Überzeugung. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.
In Frankfurt nicht? Siehe https://www.fnp.de/frankfurt/frankfurt-bleibt-crack-hochburg-10369092.html
Oder in Gießen? https://www.giessener-allgemeine.de/regional/stadtgiessen/Stadt-Giessen-Drogen-und-Kleinkriminalitaet-In-dieser-Konzentration-nur-in-Giessen;art71,422048
Oder in Fulda?
(1) https://osthessen-news.de/n11545817/drogenkriminalitaet-in-osthessen-nimmt-zu-acht-drogentote-in-2015.html
(2) https://www.giessener-allgemeine.de/regional/stadtgiessen/Stadt-Giessen-Drogen-und-Kleinkriminalitaet-In-dieser-Konzentration-nur-in-Giessen;art71,422048
Es kann ja nun jeder mit seinem Leben anfangen, was er will, und ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass man alles daran setzen sollte, Schulabsolventen möglichst in der Region zu halten, damit sie nur ja nicht abwandern. Aber was die Interviewpartnerinnen hier an Gründen für den „VB-Exit“ vorbringen, hört sich doch schrecklich oberflächlich an. Was erleben, was erleben, was erleben… Shoppen, Poppen, Hippen und Hoppen. Lohnt es sich, dafür die Geborgenheit der Heimat aufzugeben?
Wahrscheinlich bin ich einfach zu alt, um diese diffuse Sehnsucht nach einem neuen, ganz anderen Leben nachvollziehen zu können. Irgendwie kennt man das zwar noch aus der eigenen Jugendzeit, weiß aber auch, dass viele Träume am Ende unerfüllt bleiben werden.
Wer wirklich ehrgeizige Ziele hat (Beruf, Studium) und sich selbst entwickeln will, der muss einfach die ländliche Idylle verlassen. Ob er dann als „gemachte Frau“/“gemachter Mann“ zurück kehrt, wird stärker vom Schicksal bestimmt als man wissen kann, wenn man jung ist und Bäume ausreißen zu können glaubt.
Eine Garantie für Glück und Erfolg gibt es weder in der Heimat noch in der Fremde. Natürlich steigt die Chance auf den Hauptgewinn mit der Zahl der Lose. Nur machen sich die meisten nicht klar, welche gigantische Zahl von Losen im „Spiel des Lebens“ ausgegeben wird und wie gering demgegenüber die Zahl der Hauptgewinne ist. Jeder ist seines Glückes Schmied. Stimmt, weil man sich ohne Not auch eine Menge versauen kann. Aber die meisten erkennen nicht oder kommen nicht in die Situation, wenn/dass ihr Glück vor ihnen auf dem Amboss liegt.
Die beiden jungen Damen, die sich hier mit Foto präsentieren, wirken sehr ansehnlich und gestylt. Da fühlt man sich vielleicht verpflichtet, aus sich mehr zu machen (Selbstoptimierung, Selbstvermarktung) bzw. entwickelt man ein anspruchsvolles Selbstkonzept, das bessere Chancen (Karriere, „gute Partie“) beinhaltet und nach besserer „Chancenverwertung“ ruft. Da ist Alsfeld als „Bühne“ eben zu klein, Märchenstadt hin oder her. Wenn der Märchenprinz auf dem rosa Einhorn durch die Stadt reitet, ist man vielleicht gerade in der Waschküche oder räumt die Garage auf. Ich bin überzeugt, dass viele Mädchen auch heute noch davon träumen, über einen „Elite-Partner“ den sozialen Aufstieg zu schaffen. Also nimmt man – eventuell nur pro forma [?] – ein Studium auf oder vergnügt sich/jobt an Orten mit „gehobener Kundschaft“. Sätze wie „Für die 20-Jährige Celine aus Altenburg hat Alsfeld momentan nichts mehr zu bieten.“ oder „Jedoch sei das Studium die Möglichkeit, endlich etwas anderes sehen zu können und sich ein Leben in der Großstadt aufzubauen“ scheinen das zu bestätigen. „Neues erleben“ und „großartige neue Erfahrungen sammeln“ weisen in die Richtung von Jungmädchenträumen und Gebrüder Grimm. Bei denen kommt am Ende immer irgendein „Prinz“, der das arme Mädchen am Ende wegen seines besonderen Liebreizes zur Frau nimmt, es wach küsst (!!!) oder durch das Mädchen von irgendeinem bösen Fluch erlöst und in die Heldengestalt zurück verwandelt wird. Tja, armes kleines Alsfeld… Die Prinzendichte ist hier einfach zu gering. Von Einhörnern ganz zu schweigen.
Die ganzen Blindgänger/OSSIS/Hinterweltler etc. kommen nach Alsfeld die Alsfelder selbst wanderen aus, wird deswegen auch immer mehr zum AFD Nest wie im braunen Osten.
Da ist es ja gut, dass das Alsfelder Urgestein Kasimir die Stellung hält. Aber vielleicht ist auch das die Ursache der Alsfelder Aus- und ossi-braunen Zuwanderung. Wo ein Kasimir nistet, finden auch andere Extreme ein Plätzchen.