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Fuß- und Fahrradverkehr in AlsfeldFragen und Antworten zum Alsfelder Nahmobilitäts-Check

ALSFELD (ls). In Alsfeld soll sich einiges verändern, jedenfalls was den Fuß- und Fahrradverkehr angeht. Der nämlich soll sich verbessern und nachdem schon vor einiger Zeit ein Nahmobilitäts-Check in Auftrag gegeben wurde, liegen nun die Ergebnisse vor. Worum geht es dabei und was genau war das eigentlich nochmal, ein Nahmobilitäts-Check? Fragen und Antworten gibt es hier.

Was ist der Nahmobilitäts-Check?

Was mit dem Begriff „Nahmobilität“ doch ein wenig sperrig klingt, ist im Grunde genommen der Fuß- und Radverkehr, auf den bei der modernen Stadt- und Verkehrsplanung mehr Rücksicht genommen werden soll. Um Fußgänger und Fahrradfahrer im öffentlichen Verkehrsraum zu stärken, werden Nahmobilitätspläne aufgestellt, die die geplanten Maßnahmen zusammenfassen.

Vorab wird dazu ein Nahmobilitäts-Check gebraucht, der praktisch den Ist-Zustand zusammenfasst und schaut, wie sich eine Stadt oder Gemeinde zukunftsfähig aufstellen möchte. Entsprechende Ideen und Maßnahmen wurden Workshops gesammelt und anschließend in dem Nahmobilitäts-Check geprüft. Die Handlungsempfehlungen und die gesamte Bestandsaufnahme können dann in den Nahmobilitätsplan aufgenommen werden.

Schon im vergangenen Jahr haben in Alsfeld die dazugehörigen Workshops stattgefunden, wo der Ist-Zustand in der Stadt in den Fokus gerückt wurde. Neben deR Stadtverwaltung und Bürgermeister Stephan Paule haben Vertreter der Schulen, Lokalpolitiker aus dem Stadtparlament und städtische Vertreter der Umwelt-, Naur- und Verkehrsverbände ADFC, BUND und VCD teilgenommen.

Welche Inhalte betrachte der Check?

Im Großen und Ganzen geht es um den Fuß- und Radverkehr, wobei allerdings auch nicht-motorisierte Fortbewegungsmittel wie Inlineskates, Skateboards, E-Bikes, E-Scooter und ähnliches dazu zählen. Ein Fokus wird insbesondere auch auf die Schulwege, den ÖPNV, die Barrierefreiheit, die Stadtraumgestaltung und die Verkehrssicherheit gelegt. Je nach Kommunen können aber noch auch andere Bereiche einfließen, jedenfalls wenn das gewünscht wird.

In Alsfeld steht vor allem der Radverkehr im Fokus, gefolgt vom Fußverkehr und den Schulwegen, sowie Informationsangebote, die genau dafür werben sollen.

Warum wurde der Nahmobilitäts-Check überhaupt in Auftrag gegeben?

Schon seit 2017 ist die Stadt Alsfeld Mitglied in der AG Nahmobilität des Landes Hessen, deren Ziel es ist, gute Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen, Lebensqualität in den Städten zu steigern, gleichzeitig die Lärm- und Schadstoffbelastung zu vermindern und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Die Situation – insbesondere für die Radfahrer in der Stadt – ist allerdings immer wieder ein Diskussionsthema: Beim 8. Fahrradklima-Test des Fahrradclubs ADFC aus 2018 hat die Stadt nicht unbedingt gut abgeschnitten. Die Note lautete damals 4,0. Zwar war das Ergebnis besser als 2016, doch Alsfeld landete trotzdem lediglich auf Rang 137 von insgesamt 186 Städten im Bundesgebiet. Hessenweit reichte es gerade einmal für Platz 20 von 25. Außerdem – und auch das ist keine Neuigkeit – hat Alsfeld seit einigen Jahren ein Problem mit schlechter Luft.

Angeregt durch die städtischen Umwelt-, Naur- und Verkehrsverbände hat die Stadt also mit der Umsetzung eines Nahmobilitäts-Checks begonnen und dazu das Planungsbüro Planersocietät beauftragt.

Wie liefen die Workshops ab?

Im Großen und Ganzen herrschte beim ersten Workshop Einigkeit, jedenfalls was die Bestandsaufnahme anging, denn dass die Stadt nicht fahrradfreundlich ist ließ, sich kaum von der Hand weisen. Weniger einig zeigte man sich dann bei der anschließenden Diskussion darum, was nun Priorität hat. Paule erinnere daran, dass die Maßnahmen auch realisierbar sein müssten.

Dem schloss sich auch Alsfelds Wirtschaftsförderer Uwe Eifert an: „Deshalb sollte es unser Ziel sein, dass wir den bestehenden Rad- und Fußverkehr erst einmal sichern und ihn attraktiv gestalten. Danach können wir weitere Schritte gehen und damit Verbesserungen machen, um den Radverkehr zu steigern.“

Handlungsbedarf bei Alsfeld Rad- und Fußverkehr

Im zweiten Workshop hat man dann Maßnahmenpakete für die priorisierten Schwerpunktbereiche Radverkehr in der Kernstadt, Anbindung an die Stadtteile und die Verbesserung der Schulwege entwickelt.

Welches Zwischenfazit zogen die beteiligten Mobilitätsverbände?

Nachdem der erste Workshop zum Nahmobilitätscheck stattgefunden hat, zeigten sich die Mobilitätsverbände enttäuscht und forderten ein deutliches Bekenntnis der Stadt zum Ausbau der Nahmobilität. Stadt und Verwaltung hatten in dem Workshop darauf hingewiesen, dass ein Eingriff, mit Blick auf den Ausbau der Radwege, durch die Beschaffenheit der beiden Hauptverkehrsadern der Stadt nicht in ihrer Zuständigkeit liege. Die B62 und die B49 sind Bundesstraßen und damit in Zuständigkeit des Bundes. 

„Es ist ein Umdenken nötig. Zufußgehen und Radfahren, insbesondere mit modernen E-Bikes, lassen sich hier bestens vereinbaren. Immer mehr Alsfelder sind auch schon auf diesem Weg. Mit deutlich stärkerer Orientierung der Stadtpolitik und -verwaltung in diese Richtung werden es schnell noch mehr werden“, hieß es damals in einer Stellungnahme.

„Es ist ein Umdenken nötig“

Warum ist der Nahmobilitäts-Check jetzt wieder Thema im Stadtparlament?

Nachdem das Planungsbüro beauftragt, eine Umfrage gestartet wurde und auch beide Workshops stattgefunden haben, bei denen die größten Probleme und künftige Wünsche festgelegt wurden, sollte das Planungsbüro die Ergebnisse zusammenfassen und in einem Bericht auswerten – und eigentlich sollte das bis zum Herbst 2020 geschehen, doch der Nahmobilitäts-Check ließ auf sich warten, jedenfalls bei den Beteiligten.

Der Stadtverwaltung selbst lagen die Ergebnisse nämlich im November des vergangenen Jahres bereits vor. Von dort hieß es, dass verschiedene Verwaltungs-Abteilungen die Ergebnisse prüfen. Von der ALA-Fraktion im Alsfelder Stadtparlament wurde das immer wieder kritisiert.

ALA fordert: Nahmobilitätscheck soll veröffentlicht werden

Mittlerweile scheint die Verwaltung fertig zu sein und auch das neue Stadtparlament hat sich nach der Kommunalwahl konstituiert. Zeit, dass auch der Nahmobilitäts-Check seinen Weg ins Parlament findet.

Was sind die größten Defizite in Alsfelds Nahmobilität?

Im Vorfeld zu den Workshops wurde eine Umfrage gestartet, bei der Alsfelds Rad- und Fußverkehr insgesamt als „ausreichend“ und „mangelhaft“ bewertet wurde. Versperrte Wege durch parkende Autos, kein durchgängiges Radwegenetz, fehlende Beschilderungen, uneinsehbare Stelle, zu viel Verkehr, zu hohe Geschwindigkeiten und im allgemeinen große Unsicherheiten beim Fahren für Radfahrer lauteten hier die größten Kritikpunkte.

Auch an den Schulen gibt es Probleme im Radverkehr, die oftmals mit einem extremen Verkehrsaufkommen durch den Hol- und Bring-Service der Eltern zusammenhängen würden. Oft werde auf dem Zebrastreifen vor der Schule geparkt oder gehalten, um die Kinder direkt vor der Schultür raus zu lassen, an den weiterführenden Schulen sei vor allem unangepasste Geschwindigkeit das Problem.

Welche Verbesserungen schlägt der Nahmobilitäts-Check vor?

Im Kern befasst sich der Ergebnisbericht des Nahmobilitäts-Checks mit den drei in den Workshops festgelegen Bereichen: Die Fahrradsituation in der Kernstadt, die Anbindung an die Stadtteile und die Schulwege. Bewertet wurden sie in dem Bericht nun nach Priorität, Kosten und dem Umsetzungshorizont, also ob es kurzfristig umzusetzen ist oder ob es länger dauert. Beispielsweise wurde die fahrradfreundlichere Gestaltung von Knotenpunkten und Querungen in der höchsten Stufe priorisiert. Dabei werden verschiedene Knotenpunkte in der ganzen Stadt ausgewertet.

Ein weiterer wichtiger höchst priorisierte Maßnahme ist die bessere Führung durch die Altstadt, wobei vorgeschlagen wird, dass Radfahrer in einem Ring durch die Stadt geführt werden. „Dafür müsste eine Freigabe der Einbahnstraße der Hersfelder Straße für den Radverkehr geprüft werden“, heißt es.

Foto: Screenshot/Planersocietät; Kartengrundlage: © MapOSMatic/OCitySMap-Entwickler. Kartendaten © OpenStreetMap.org und Mitwirkende.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch seien Fahrradstraßen in der Altstadt denkbar, sowie mehr Abstellmöglichkeiten für Räder. Aus Nahmobilitätssicht und zur Steigerung der Aufenthaltsqualität sollte der Marktplatz dem Fußverkehr vorbehalten werden, heißt es außerdem. Jede einzelne Anbindung zwischen den Ortsteilen und der Kernstadt wird einzeln ausgewertet.

Für die Schulwege wird es unterdessen als wichtig angesehen, dass sie attraktiv gestaltet werden, es müssten mehre Fußgängerüberwege geschaffen werden. Weniger wichtig wird die Lenkung der Verkehrsströme in die Krebsbach, eine Aufwertung des Stadtparks und eine attraktive Verbindung zwischen Bahnhof und den weiterführenden Schulen angesehen. Außerdem sei es wichtig, dass ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz geschaffen wird.

Auch ein Fahrradverleihsystem sei denkbar und höher priorisiert, allerdings auch kostspielig. Die Barrierefreiheit müsse in der ganzen Stadt verbessert werden und auch die öffentlichen Toiletten sollten attraktiver gestaltet werden. Insgesamt könnten Aktionen für Nahmobilität ins Leben gerufen werden und auch eine Internetpräsenz geschaffen werden. All das sind allerdings zunächst nur Vorschläge, bevor davon irgendetwas umgesetzt wird, durchlaufen die Maßnahmen nochmal die Stadtpolitik.

2 Gedanken zu “Fragen und Antworten zum Alsfelder Nahmobilitäts-Check

  1. Ich frage mich wer sich die Strecken ausgedacht hat? Sicherlich besteht Handlungsbedarf…. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass nicht Pragmatismus sondern Ideologie vorherrschen wird.

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  2. Der Marktplatz soll dem Fussverkehr vorbehalten bleiben… Autos ja, Räder nein… Autoparkplätze auf dem Marktpltz, Räder werden drumrumgeleitet…

    Städte wie Tübingen, Regensburg etc haben schon Hauptstrassen (BUNDESstrassen) auf 30KM/h ganztags für Kraftverkehr begrenzt.. aussersem schafft es Baden-Würtemberg auch überall Blitzen aufzustellen… dass dazu erst nen „Unfallschwerpunkt“ vorliegen muss, kann ich an der Menge der Blitzen beim besten Willen nicht erkennen.

    Ich möchte hier auch anmerken, dass Paris nun flächendeckend 30KM/h eingeführt hat… aber in Alsfeld darf man fleissig weiter rasen auf den Bundesstrassen durch den Ort. Blitzen gibts nicht wegen angeblicher Notwendigkeit von Unfallschwerpunkten… ich lass mal unerwähnt, wieviel Leute in der Alicestrasse schon in parkende Autos gerast sind. Muss wohl erst Tote geben. Macht sich gut für die nächste Wahl…

    Damit ist alles gesagt…

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