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Erster Workshop zum Nahmobilitäts-CheckHandlungsbedarf bei Alsfeld Rad- und Fußverkehr

ALSFELD (ls). Keine durchgängigen Radwege durch die Stadt, kaum Abstellmöglichkeiten für Räder und zu schneller Autoverkehr: Alsfeld ist nicht unbedingt fahrradfreundlich. Das soll sich jetzt ändern. Bei einem ersten Workshop zu dem Thema ging es nun an die genaue Bestandsaufnahme. Vom Bürgermeister gab es Optimismus und zugleich relativierende Worte.

Der Rad- und Fußverkehr in Alsfeld ist seit einigen Jahren immer wieder Thema, jetzt soll gehandelt werden. Der erste Workshop zum „Nahmobilitäts-Check“ stand an und verdeutlichte erneut: Die Stadt ist nicht fahrradfreundlich. Es gibt keine durchgängigen Radwege, kaum Abstellmöglichkeiten, zu wenig Querungsmöglichkeiten für Fußgänger, zu lange Rot-Phasen an Ampeln und einen zu schnellen Autoverkehr.

Eigentlich ist das keine Neuigkeit, denn bereits beim 8. Fahrradklima-Test des Fahrradclubs ADFC aus 2018 hat die Stadt nicht unbedingt gut abgeschnitten. Die Note lautete damals 4,0. Zwar war das Ergebnis besser als 2016, doch Alsfeld landete trotzdem lediglich auf Rang 137 von insgesamt 186 Städten im Bundesgebiet. Hessenweit reichte es für Platz 20 von 25.

Trotz leichter Verbesserungen und auch ersten Schritten der Stadtverwaltung wie beispielsweise die vermehrte Öffnung von Einbahnstraßen für Fahrradfahrer, entschloss die Stadtverordnetenversammlung, neue Ideen zu sammeln – in einem offenen, als Workshop gestalteten Prozess.

Nach den Grußworten von Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule übernahmen die beiden Raum- und Verkehrsplanerinnen Annika Worch und Inga Wolf vom Planungsbüro „Planersocietät Mobilität Stadt Dialog“. Fotos: ls

„Wir wollen das Thema Verkehr in der Stadt stärker in den Fokus nehmen als vorher und die Nahmobilität ist der Auftakt, denn die Diskussion darüber besteht schon länger“, leitete Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule in den Workshop ein und betonte, dass das Thema einer Diskussion Aller bedürfe. Neben Vertretern aus der Stadtverwaltung waren also auch Vertreter der Fraktionen, der Polizei, der Alsfelder Schulen und Vertreter von Verkehrs- und Umweltverbänden, des Stadtjugendparlaments und des Vereins Barrierefreie Stadt Alsfeld dabei, die gemeinsam mit dem beauftragten Planungsbüro „Planersocietät Mobilität Stadt Dialog“ über die Zukunft der Stadt sprachen – jedenfalls mit Blick auf den Rad- und Fußverkehr.

„Ein Viertel aller Wege legen die Menschen in Hessen zu Fuß zurück, 39 Prozent fahren regelmäßig Fahrrad“, erklärten die beiden Raum- und Verkehrsplanerinnen Annika Worch und Inga Wolf eingangs der zunächst allgemein gehaltenen Präsentation. Auch Vorteile gegenüber dem Auto gebe es genügend: Ein besseres Klima, eine bessere Luft, mehr Verkehrssicherheit. Und gesünder sei Fahrradfahren auch noch.

Alsfelds Rad- und Fußverkehr als „ausreichend“ oder „Mangelhaft“ abgeschnitten

Wie aber steht es um Alsfelds Nahmobilität? Dazu wurde im Vorfeld des Workshops schon einmal eine kleine Umfrage über die Qualität und die Wegeanbindung in der Stadt gestartet. Das Ergebnis: Mangelhaft und ausreichend wurde die Nahmobilität bewertet. Das zeigte sich auch in der folgenden Diskussion, in der die Teilnehmer die Probleme im Radverkehr in Alsfelds Kernstadt, den Ortsteilen und an der Schulmobilität bewerten sollten, wobei man den größten Handlungsbedarf im Radverkehr an den Schule sah.

„Die Wege sind oftmals versperrt oder aber zugeparkt. Dann fehlt es an einem durchgängigen Wegenetz durch die Stadt für Radfahrer und an vielen Stellen fahren die Autos viel zu schnell, sodass bei Radfahrern Unsicherheiten im Straßenverkehr entstehen“, erklärte Philipp Balles als Vertreter der Alsfelder Fahrradinitiative. Auch mangelnde Abstellmöglichkeiten wurden bemängelt, sowie spezielle Gefahrenquellen wie beispielsweise die Einfahrt zum Parkplatz der Villa Raab, die den Radweg zwischen Altenburg und Alsfeld kreuzt.

„Ortsunkundige Besucher wissen nicht, dass dort ein Radweg ist, den sie überfahren und die Stelle ist außerdem schlecht einsehbar. Hier fehlt vielleicht nochmal ein genauerer Hinweis“, erklärten die Teilnehmer. Sowieso fehle es an Radwegen zu den umliegenden Ortsteilen von Alsfeld. Dadurch müssten die Fahrradfahrer oftmals auf die Straßen ausweichen, was zu mangelnder Sicherheit im Straßenverkehr führe.

Mit einigen Vertretern wurde über die Situation im Rad- und Fußverkehr in der Stadt gesprochen.

Erhöhte Geschwindigkeiten und Hol- und Bring-Service als Problem an den Schulen

Auch an den Schulen gebe es Probleme im Radverkehr, die oftmals mit einem extremen Verkehrsaufkommen durch den Hol- und Bring-Service der Eltern zusammenhängen würden. „Das erhöhte Verkehrsaufkommen durch die Eltern besonders in den Stoßzeiten ist ein großes Problem, mit dem wir immer wieder zu tun haben“, erklärte Thomas Weidemann von der Albert-Schweitzer-Schule (ASS). So würde oftmals auf dem Zebrastreifen vor der Schule geparkt oder gehalten, um die Kinder direkt vor der Schultür raus zu lassen.

Aber auch die erhöhte Geschwindigkeit der Autofahrer an der Max-Eyth-Schule (MES) und der Oberstufe der ASS in der Krebsbach seien immer wieder ein Problem, erklärte MES-Schulleiter Friedhelm Walther. „Es herrscht zwar bereits Tempo 30, aber daran halten sich wenige“, erklärte er. Gleiches bemängelte auch Peter Schwärzel, der Schulleiter der Stadtschule. Ein Vorschlag über Fahrbahnschwellen und ein weiter herabgesetztes Tempolimit im Bereich der Schuleingänge fand Anklang bei den Vertretern der Schulen.

Am Ende sollte es in dem ersten Workshop allerdings noch nicht um konkrete Ideen oder Pläne gehen, sondern vielmehr darum, wo sich Alsfeld in Sachen Nahmobilität sieht. Bestandsaufnahme, sozusagen. Daraus will das Planungsbüro dann eine Art Maßnahmenkatalog erstellen, aus dem ein Plan nur für den Fuß- und Radverkehr entwickelt wird.

Paule: „Was ist am Ende wirklich realisierbar?“

Entsprechend sollte im zweiten Teil des Workshops eine Art Prioritätenzielsetzung erfolgen, aufgeteilt für die Bereiche Radverkehr in der Kernstadt, Radverkehr in den Ortsteilen und Schulmobilität – das allerdings wurde nicht ganz so konkret. Lieber den bestehenden Radverkehr sichern oder aber den Radverkehrsanteil steigern? Lieber eigene Führungsformen oder Mischverkehr? Lieber Parkplätze und fließender Verkehr oder breite Schulwege und mehr Querungen?

„Hier eine Unterscheidung zu ziehen ist schwierig, wenn man nicht weiß, was wirklich realisierbar ist. Die einen Vorschläge sind Vorschläge zu Verbesserungen, die anderen sind Steigerungsformen der Verbesserungen. Das eine schließt also da andere nicht aus, die Frage ist aber: Was ist am Ende wirklich realisierbar?“, sagte Paule.

Einig zeigte man sich allerdings darüber, dass man in Alsfeld in einer Situation sei, in der viele Menschen auf das Auto angewiesen sind und dass sich der Verkehr nicht beruhigen würde, auch wenn alle Alsfelder nur noch Fahrrad fahren würde. Denn der Durchgangsverkehr, den die Stadt durch die Kreuzung zweier Bundesstraßen in der Stadtmitte hat, bliebe dadurch ja bestehen. Schlechte Bus- und Bahnanbindungen tragen weiter dazu bei.

Inga Wolf erklärte die Maßnahmen, die in Münster für ein besseres Fahrradklima getroffen wurden und von welchen Bedingungen das abhängig war.

Dass aus Alsfeld beispielsweise Münster werde, sei aufgrund der Gegebenheiten eher unwahrscheinlich. Münster nämlich ist eine der vom ADFC gewählten fahrradfreundlichsten Städte in Deutschland – und tut dafür auch einiges. Dort kommen laut Auskunft der Stadt auf etwa 310.000 Einwohner über 500.000 Fahrräder.

„Deshalb sollte es unser Ziel sein, dass wir den bestehenden Rad- und Fußverkehr erst einmal sichern und ihn attraktiv gestalten. Danach können wir weitere Schritte gehen und damit Verbesserungen machen, um den Radverkehr zu steigern“, sagte Alsfelds Wirtschaftsförderer Uwe Eifert. Geschehen könne das durch Radwege in der Stadt, die für den Autoverkehr deutlich ersichtlich sind und durch den Unsicherheiten abgebaut werden können, mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder oder aber Tempolimits vor Schulen, bunte Schulwege, durch die Schüler mehr Spaß am Schulweg zu Fuß haben oder aber durch zeitoptimierte Fußgängerampeln zu Stoßzeiten.

Generelle Lösungsansätze und die Abstimmung von ersten Maßnahmen sollen dann im nächsten Workshop besprochen werden – bis dahin könne man auch eher einsehen, welche Maßnahmen mit welchem Budget realisierbar seien.

4 Gedanken zu “Handlungsbedarf bei Alsfeld Rad- und Fußverkehr

  1. Schönes Bild der Radfahrer, kreuz und quer, kann man in in der historische Altstadt nicht mal zu fuss gehen, zumal das Fahren nicht unbedingt erforderlich ist. (kurze Wege)
    Fahrradführerschein hilft eventuel, es kann auch nicht jeder der zur Arbeit muss, Wallgasse, mit dem Fehrrad fahren.

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  2. Eine mittlere Katastrophe ist zu Stoßzeiten die Wallgasse.
    Wenn man hier mit Kindern unterwegs ist, funktioniert das nur wenn die kinder schon sicher im Straßenverkehr sind.
    Mit kleineren Kindern ist es es leider nicht möglich, dann heißt es, sich irgendwie anders durchzuwurschteln um z.b von der Villa zur Post zu gelangen.

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  3. 1. Erneuerung Schwabenröder Straße ohne Radweg = Chance verpasst
    2. Erneuerung Am Lieden ohne Radweg = Chance verpasst
    Bitte mal zukunftsorientiert planen und handeln
    Empfehle den Bedenkenträgern mal eine Exkursion nach Freiburg und Münster.

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  4. Viel häufiger fahre ich mit dem fahrrad, seitdem ich ein Ebike habe. Die Berge und Steigungen komme ich jetzt ohne große anstrengung hich. In Alafeld selbst sind die Straßenbeläge und der Zustand der Straßen sehr störend. Freuen würde ich mich auch wenn die Einbahnstraßen für die Fahrradfahrer geöffnet würden.

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