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Mehr Ankünfte, mehr Übernachtungen und mehr TagesausflügeAufwind für den Vogelsberger Tourismus

VOGELSBERG (ls). Wer in den letzte Wochen durch die Vogelsberger Innenstädte gelaufen ist, der könnte meinen, dass wieder alles so ist wie vor der Pandemie – jedenfalls, was die Zahlen der Touristen angeht, die man dort sieht. Wie vor Corona ist es aber trotzdem noch nicht.

Übernachtungsverbot, Reiseeinschränkungen, keine maximale Auslastung in den Hotels, geschlossene Freizeiteinrichtungen, Restaurants und Museen, Hygienevorschriften, Abstandsregelungen und kleine Gruppengrößen: Der Tourismus hat in den letzten beiden Corona-Jahren zurückstecken und dadurch einiges an Einbußen hinnehmen müssen, auch merklich im Vogelsberg.

Vor der Pandemie in 2019 waren es – so führt es das statistische Landesamt Hessen auf -aufs Jahr gerechnet noch insgesamt 219.678 Ankünfte und 534.979 Übernachtungen im Vogelsbergkreis, im ersten Coronajahr sackten die Zahlen komplett ab. Zu diesem Zeitpunkt war sogar der inländische Tourismus verboten. In 2021 nahm der Tourismus im Vogelsberg wieder langsam Fahrt auf, was auf den fast coronafreien Sommer und die Lockerungen der Corona-Regeln zurückzuführen sein dürfte. 122.437 Ankünfte und 323.688 Übernachtungen wurden in dieser Zeit für den Vogelsbergkreis gezählt, ein leichtes Plus in beiden Bereichen, doch vom Normalzustand dennoch weit entfernt.

Ein Blick auf den Alsfelder Marktplatz zum Festwochenende im Mai. Viele Besucher waren gekommen und zogen durch die Altstadtgassen. So mancher Besucher dürfte da auch über Nacht geblieben sein. Foto: archiv/akr

Auch die Altstadtgassen von Alsfeld waren in den letzten beiden Jahren nahezu leer, so langsam aber sicher kehrt Leben zurück. „Der Tourismus nimmt wieder Fahrt auf, aber noch nicht auf dem Niveau wie vor Corona“, erklärte Alsfelds Wirtschaftsförderer Uwe Eifert gemeinsam mit Marco Leweke vom Touristik Center Alsfeld in einem Gespräch vor ein paar Wochen. Die Talsohle sei zwar gut überschritten und insbesondere der inländische Tourismus komme wieder zur Normalität, doch die Busreisen mit größeren ausländischen Touristen-Gruppen seien eher Ausnahme statt Regel.

Neue Angebote und den Fokus auf Familien und Individualreisen

2021 gab es in der Fachwerkstatt 37.227 Ankünfte und 66.123 Übernachtungen. Zum Vergleich: In 2019 – also vor der Pandemie – lag die Anzahl der Ankünfte noch bei 55.841 und die der Übernachtungen bei 95.306. Die vom Statistischen Landesamt zuletzt veröffentlichten Zahlen aus April zeigen schon jetzt für Alsfeld eine leicht steigende Tendenz: Allein im Zeitraum von Januar bis April gab es 10.841 Ankünfte in der Stadt und 19.454 Übernachtungen.

Aufwind spüren Eifert und Leweke auch im Bereich der Stadtführungen. „Normalerweise haben wir so um die 10.000 Teilnehmer im Jahr, während Corona ist die Teilnehmerzahl auf etwa 2.500 Teilnehmer gesunken“, erklärte Leweke. Während es auch hier zwischenzeitlich keinerlei Führungen gab, stellte sich in den Sommermonaten leichte Entspannung ein – unter angepassten Bedingungen. Im Tourist Center wurden die Führungen angepasst und neu ausgerichtet, insbesondere auf den Einzel- und Familientourismus gedreht.

Auch der Pfingstmarkt sorgte für viele Besucher aus Nah und Fern – da dürfte auch das 9-Euro-Ticket samt verlängertem Wochenende in die Karten gespielt haben.

„Wir haben Angebote für Familien ins Leben gerufen und für Kinder die Innenstadt-Ralley entworfen, die sie individuell und mit der Familie machen können“, sagte Leweke. Auch die Gruppengrößen der Stadtführungen wurden auf die jeweils geltenden Vorgaben angepasst und entsprechend verkleinert. „Ein paar Führungen haben wir auch digital angeboten und die Führung praktisch gefilmt und die Videos dann online gestellt“, ergänzte Eifert. Damit wollte man sich über die Zeit hinweg ein bisschen in Erinnerung halten.

Im kommenden Jahr, nach dem Stadtjubiläum, soll das Angebot der Führungen erweitert werden – um geführte Wanderungen beispielsweise oder Radfahrstrecken, die Individualtouristen und auch Familien ansprechen sollen. Trotz der verheerenden Einbrüche kann man der Pandemie im Alsfelder Tourismus doch noch etwas Positives abgewinnen: „Wir haben den Blick geweitet und andere Zielgruppen ins Auge gefasst. Dadurch sind wir breiter aufgestellt und hatten neue Ideen. Das möchten wir beibehalten“, sagte Eifert.

Und auch auf den Veranstaltungen zum Jubiläumswochenende war deutlich sichtbar, dass Alsfelds Altstadt wieder Leben eingehaucht wurde: Volle Gassen, Landunter an den Hotspots rund um Marktplatz, Kirchplatz und Klostergarten und volle Restaurantterrassen bei bestem Sommerwetter. Genau darauf hatten die Veranstalter vor dem Festjubiläum gehofft – und wurden nicht enttäuscht.

Eine ganze Stadt feiert Jubiläum

Wiedereröffnung der Jugendherberge bringt mehr Touristen nach Lauterbach

Auch in Lauterbach ist seit dem Saisonbeginn im April die Nachfrage nach Übernachtungen und Stadtführungen deutlich gestiegen, wie Alisa Wohlfahrt vom Fachbereich Tourismus erklärt. „Erfreulich ist die Wiedereröffnung der Jugendherberge für die Beherbergung der Schulklassen“, erklärte Wohlfahrt. Das mache sich in den Buchungen der Stadtführungen bemerkbar. Allein im Zeitraum von Mai bis Juli seien 23 Stadtführungen, zahlreiche GPS-Touren und historische Schulstunden im Hohhaus Museum gebucht worden. Weiterhin seien auch die Themenführungen, wie Nachtwächter-, Schauspiel- und kulinarische Stadtführung beliebt.

Während es in 2019 noch etwa 50.000 Übernachtungen in Lauterbach gab, hat sich diese Zahl durch den Lockdown und die Schließung der Jugendherberge nahezu halbiert. Ankünfte gab es in 2021 10.615, die Übernachtungen lagen bei 27.041. „Im Frühjahr 2022 ist die verstärkte Reiselust wieder erkennbar“, erklärte Wohlfahrt. Bis zum April 2022 waren es laut den aktuellsten Zahlen des Statistischen Landesamts 3.790 Ankünfte und 8.301 Übernachtungen.

„In den letzten Wochen haben auffällig viele Rad- und Wanderreisende die Tourist-Information aufgesucht, um sich über das breite Angebot an Möglichkeiten zu informieren oder waren spontan auf der Suche nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit“, erklärt Wohlfahrt.

Während Corona habe sich der Tourismusbereich in Lauterbach verstärkt auf die Digitalisierung konzentriert und dabei ebenfalls eine Online-Stadtführung angeboten – nebenher wurde außerdem das Angebot erweitert, eine Kinder-Stadtralley ins Leben gerufen und verstärkt der Fokus auf regionale und nachhaltige Souvenirs gelegt. Dazu zählt auch die neue Schauspielführung „Historische Momente“, bei der die Stadtgeschichte an den originalen Schauplätzen lebendig wird.

„Aus unserer Sicht konnte während dieser Zeit ein noch besseres Bewusstsein und eine größere Wahrnehmung der eigenen Region und die Einbindung heimischer Produkte erreicht werden“, erklärte Wohlfahrt. Die Gäste würden durchaus auf Qualität und nachhaltigen Tourismus achten.

Andere Stadt, andere Situation: Mehr Besucher in Homberg

Eine ganz andere Situation gab es hingegen in Homberg Ohm: Statt weniger Touristen gab es dort deutlich mehr Frequenz als sonst – wenn auch ohne konkrete Zählungen. Der Zustrom dürfte an vielen Wanderwegen rund um die Stadt gelegen haben.

„Deutlich feststellbar war gerade während der ersten Corona-Welle 2020 ein sprunghafter Anstieg der Besucherzahlen auf unserem Premiumwanderweg ‚Sagenhaftes Schächerbachtal'“, heißt es aus Homberg. Alleine oder mit seiner Familie an der frischen Luft zu wandern war eine beliebte Freizeitbeschäftigung, die auch in Zeiten möglich war, in denen es kaum andere Veranstaltungen oder Freizeitmöglichkeiten gab.

Während der Corona-Zeit war es vor allem der Premiumwanderweg „Sagenhaftes Schächerbachtal“, der viele Touristen für einen Tagesausflug in die Ohmstadt lockte.

Die hohen Besucherzahlen habe man nicht nur auf den Wanderwegen gesehen, sondern auch auf den Wanderparkplätzen. Schon im Sommer 2020 hat die Stadt darauf reagiert und provisorisch einen Zusatzparkplatz für die Schächerbachtour neben der Speedwaybahn an der Ohm eingerichtet. Da die Zahl der Wanderer seitdem gleichbleibend hoch war, wurde der Platz im Herbst als dauerhafter Parkplatz angelegt. Auch die Gästeführungen, die allerdings nur in kleinen Gruppen stattfanden, waren weiterhin gefragt.

Verglichen mit den anderen beiden Vogelsberger Städten sind die Zahlen der Ankünfte und Übernachtungen bis April diesen Jahres mit 864 und 1.769 deutlich geringer. Homberg ist also offenbar ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge. Auch nach Corona will die Stadt am Tourismus-Konzept, nämlich aktiv die Natur zu genießen, festhalten und neue Konzepte entwickeln. So wie die Wanderwochen mit der Nachbarkommune Amöneburg, die seit ein paar Jahren im Winter angeboten und von den Gästen extrem gut angenommen werden.

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