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Beschluss des Bauplans zurückgestelltSPD sieht Nachbesserungsbedarf im Theseusstraßen-Bebauungsplan

ALSFELD (ls). Viele Menschen wollen in Alsfeld bauen, doch es fehlt an Bauplätzen. Vier weitere soll es in der Theseusstraße geben, doch der Beschluss des Bebauungsplans verzögert sich. Die SPD-Fraktion sieht in vier wesentlichen Punkten noch Nachbesserungsbedarf.

Wer in Alsfeld auf der Suche nach einem Bauplatz ist, der hat es schwer, denn freie Plätze stehen kaum mehr zur Verfügung. Seit vielen Jahren ist die Nachfrage ungebrochen groß, das Angebot schnell vergriffen. Während im vergangenen Jahr schon viel darüber gesprochen wurde, wo neue Bauplätze entstehen könnten, wird es in der Nähe der Rambach schon konkreter: Vier Bauplätze sollen in der Theseusstraße/Amstettener Straße entstehen.

Wo neue Bauflächen in Alsfeld entstehen könnten

Beschlossen wurde die Aufstellung des Bebauungsplanes bereits im Juni 2020, wobei die Stadt nicht der Eigentümer ist, sondern eine Privatperson. Der Entwurf des Bebauungsplans jedenfalls lag nun wie üblich öffentlich aus und sollte in dieser Woche durch den Beschluss der Stadtpolitik eigentlich Satzungsrecht erlangen, doch daraus wurde erst einmal noch nichts, denn vorher gab es von der SPD-Fraktion Einwände – vier Stück, um genau zu sein.

„Mit der Beschlussvorlage sind wir nicht ganz einverstanden und würden sie gerne nochmal zurück an das Planungsbüro verweisen“, erklärte SPD-Chef Achim Quehl. Insgesamt, so sagte er, begrüße man die Idee, Baulücken für neue Bauplätze zu verwenden, das sei mit Blick auf eine ressourcenschonende Innenstadtentwicklung von besonderer Bedeutung. Auch Stadtplanerin und SPD-Stadtverordnete Ute Koch bestätigte das: „Ich finde es toll, dass in der Innenentwicklung etwas passiert und, dass danach geschaut wird. Aber aus meiner Sicht sind bestimmte Punkte dabei nicht mehr zeitgemäß.“

Das Problem: Die bestehende Planung entspreche aus SPD-Sicht nicht den klimagerechten Zielen und einem ressourcenschonenden Umgang mit Grund und Boden – das, was der Fraktion so wichtig ist. Außerdem würde den Einwänden der öffentlichen Träger zu wenig Beachtung geschenkt werden – insbesondere sei dabei das Amt für Bauen und Umwelt des Vogelsbergkreises genannt.

Die vier Kritikpunkte der SPD im Wortlaut

  1. Die Art der Festsetzung der max. Traufhöhe von 5,5 m ab OK Rohfußboden im EG in Verbindung mit der max. Vollgeschosszahl von 1 passen nicht zusammen. Möchte jemand, wie gesetzlich präferiert, ebenerdig — barrierefrei — bauen, kann er die max. Traufhöhe gar nicht ausnutzen, da ihm die Regel zur Vollgeschossigkeit (3/4 des darunter liegenden Geschosses in 2,30 Höhenmetern ab OK Fußboden) zum Verhängnis wird. Dieser Bauherr erreicht bei einem Standardbau eine Traufhöhe von max. ca. 4,50 m. Der nur über den Mindestgrenzabstand geregelte Nachbar in 6 Metern Entfernung nutzt alle Möglichkeiten aus und kann eine Traufhöhe zu diesem von 6,90 m erreichen. Insofern beträgt das Konfliktpotenzial nicht nur die 1,40 m (Stellungnahme des Amtes für Bauen und Umwelt), sondern gar ca. 2,40m! In der Firsthöhe wird die Differenz noch wesentlich größer (Differenz von 4m und mehr!). Hier ist zwingend eine Überprüfung der getroffenen Festsetzungen in ihrer Summenwirkung vorzunehmen und zu überarbeiten. D.h. Rücküberweisung ans Planungsbüro geeignete Alternativen in den Festsetzungen zu finden, um das erklärte Planungsziel zu erreichen. Die Festsetzung der Geschossigkeit nach HBO ist im Zusammenhang mit den Planungszielen zu überprüfen, ggf. hier nicht zielführend.
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  2. Im Bebauungsplan wird solare Energienutzung erlaubt. Wir stehen kurz vor einer gesetzlichen Verpflichtung zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten; und wir lassen es nur zu. Auch aus Gründen der Klimaschonung, sollte statt der Erlaubnis eine generelle Verpflichtung festgesetzt sein.
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  3. Unter den Hinweisen findet man die Nutzung von regenerativen Energien – keine Festsetzung! Wenn wir für Alsfeld langfristig Klimaneutralität wünschen, müssen wir bei unseren Neubauten in der Stadt anfangen und verpflichtende Regeln schaffen. Bei neuen Bebauungsplänen gehört grundsätzlich eine Verpflichtung hinzu, regenerative Energien zu nutzen. Auch für die Beheizung. Dies können Wärmepumpen jedweder Form sein, die Nutzung von Solarthermie, die Nutzung von Biomasse (z.B. Beheizung über Holzabfälle/Pellets) oder Block-Heizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung o.a. Hier bedarf es einer Festsetzung und keines Hinweises. Das Planungsbüro soll hierzu zeitgemäße Regelungen vorschlagen und zur Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung stellen.
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  4. Die vorgeschlagenen Grundstücksgrenzen im Bebauungsplan sind nicht verbindlich. Die vorgeschlagenen Grundstücksgrößen jedoch überschreiten die Grundstücksflächen der gewachsenen Umgebung deutlich, was nicht mit einem ressourcenschonenden Umgang mit Grund und Boden vereinbar ist. Leider sind im Entwurf keine Angaben zu Grundstücksgrößen der Umgebung und der Neuausweisung angegeben. Aber es reicht bereits die Übersicht der Baustruktur, um festzustellen, dass hier übergroßer Baugrund für besonders begüterte Interessenten geschaffen werden soll. Weitere innere Erschließungen wären z.B. auch in einem Streifen über öffentliche T-Stücke denkbar, welche mehr Grundstücke in adäquater Größe ermöglichen würden. In einer zweiten / erneuten Vorlage wird die Darstellung der Grundstücksgrößen, geplant und in der Umgebung vorhanden, erwartet.

Besonders Punkt 1 und Punkt 2 gaben Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule zu denken. Er schlug vor, den Bebauungsplan nochmal mit ins Stadtplanungsamt zu nehmen und den Tagesordnungspunkt vorerst zu streichen. Möglicherweise wird der Beschlussvorschlag dann in der Dezembersitzung nochmal auf den Tischen der Stadtverordneten liegen.

4 Gedanken zu “SPD sieht Nachbesserungsbedarf im Theseusstraßen-Bebauungsplan

  1. ….und damit wird der letzte Bauer mit Tieren aus Alsfeld verbannt. Verdammt schade, vor allem für die Kinder, die sich jeden Tag auf ihrem Schulweg an den Pferden, Schweinen, Gänsen und Hühnern erfreuen! Warum erweitert man nicht Richtung Altenburg, Eudorf, Leusel oder Münch-Leusel und lässt das Kleinod so wie es ist?

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    1. war dieser „Gedanke“ nun aber auch nicht gerade. Stichwort: Bebauungsplan für ein privates Grundstück im Kernstadtbereich von Alsfeld. Blödeste Frage des Tages? „Warum erweitert man nicht Richtung Altenburg, Eudorf, Leusel oder Münch-Leusel und lässt das Kleinod so wie es ist?“ Warum wohl nicht? Weil die in Rede stehende Fläche nicht „Richtung Altenburg, Eudorf, Leusel oder Münch-Leusel“ gelegen ist!

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  2. Die historische Anekdote, nach der eine gewisse Marie-Antoinette dem hungernden Volke bei Brotmangel zum Kuchenverzehr riet, scheint auch auf den Bausektor übertragbar zu sein. Kein Wunder, dass vielen eine Neubesinnung auch bei der Aufstellung von Bebauungsplänen notwendig erscheint. Aber man sollte Nachfrage und Bedarf unter sozialen Gesichtspunkten auseinander halten. Innerstädtische Baulücken sollten nur noch mit kleinen Wohneinheiten für Singles, Kleinfamilien und Senioren geschlossen werden, denn hier herrscht objektiv der größte Mangel. Zusätzlich kann man die Bewohner bestehender Großwohnungen, die dort oft mutterseelenallein wohnen, durch Anreizprogramme zum Wohnungstausch mit größeren Familien einladen. Villen kann man auch auf dem Dorf bauen und stiftet damit zugleich Sinn für den Betrieb von 2-Tonnen-SUVs.

    1. Auf dem hier vorgestellten Areal könnte eine ganze Tinyhouse-Siedlung Platz finden. Und längst hat die Tinyhouse-Bewegung unter ökologischen Gesichtspunkten eine große Dynamik entwickelt. Beispiel: https://www.haz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Deutschland-Welt/Tiny-Houses-Mittel-gegen-Wohnungsnot
      Das Internet bzw. die Presse wimmeln geradezu von ähnlichen Artikeln. Nur in den tumben Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen und Magistraten nistet noch die Baupolitik aus der Mottenkiste.

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