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Drittes IKEK-Forum im Dorfgemeinschaftshaus in Angenrod45 Projekte für die Zukunft der Alsfelder Stadtteile

ANGENROD (akr). So langsam wird er eingeläutet, der Endspurt in Sachen Dorferneuerung. Seit einigen Monaten setzen sich die Stadt, das zuständige Planungsbüro Quaas und einige Bürger intensiv mit der Zukunft der Alsfelder Stadtteile auseinander – die sollen nämlich gestärkt, attraktiver und lebensfähiger gemacht werden. Über 90 Projektideen kamen dabei zustande, die von der Steuerungsgruppe begutachtet und auf 45 Projekte reduziert wurden – und diese 45 – teils noch ziemlich abstrakten Projektideen – standen am Donnerstagabend beim dritten IKEK-Forum im Mittelpunkt.

In den kommenden Jahren werden die Alsfelder Stadtteile verstärkt in den Mittelpunkt rücken: Die Stadt Alsfeld ist vor einiger Zeit als Förderschwerpunkt in das Programm „Dorfentwicklung in Hessen“ aufgenommen worden. Konkret bedeutet das: in allen 16 Stadtteilen können in den Folgejahren bis 2025 kommunale und private Maßnahmen mit finanzieller Unterstützung der Dorfentwicklung vorbereitet und umgesetzt werden. Ziel ist es, die ländlichen Stadtteile nachhaltig zu stärken. Grundlage für die Umsetzung ist ein integriertes kommunales Entwicklungskonzept, kurz IKEK. Das wird in Zusammenarbeit mit den Bürgern in einer Art Bürger-Forum entwickelt. Zwei dieser sogenannten IKEK-Foren fanden bereits statt – am Donnerstag stand Nummer drei auf dem Programm.

Nachdem im April das erste IKEK-Forum recht holprig startete und konkrete Ziele ausblieben, fand im Juni das zweite Forum statt. Im Mittelpunkt dieser zweiten Bürgerwerkstatt stand die Diskussion von konkreten Zielen für die zukünftige Entwicklung der Ortsteile und die Erarbeitung erster Maßnahmenvorschläge und Projektideen. Innerhalb kürzester Zeit kamen zahlreiche erste Projektideen zu den vier Handlungsfeldern zustande. Darüber hinaus gab es auch konkretere Informationen in Sachen Fördermittel.

Über 90 Projektideen kamen zustande

Die Projektideen, die beim zweiten Forum entstanden sind, sollten bis zum dritten Forum weiter ausgereift werden, denn „je konkreter die Projekte sind, desto größer ist auch die Chance, in die Maßnahmenliste aufgenommen zu werden“, sagte Ulrike Jurrack vom Planungsbüro Quaas im Juni. Am Donnerstagabend war es dann endlich so weit: Die Projekte sollten vorgestellt, diskutiert und nach ihrer Wichtigkeit beurteilt werden, damit der nächste Schritt der Konzepterstellung angegangen werden kann – dafür kamen wieder die Klebe-Punkte zum Einsatz. Damit konnten die Teilnehmer die Projekte bewerten.

Zum dritten Forum versammelten sich wieder einige Menschen im Dorfgemeinschaftshaus in Angenrod. Fotos: akr

Insgesamt 94 Projektideen wurden in Sachen Dorferneuerung eingereicht. Sieben davon waren ohne Förderbedarf beziehungsweise ohne Finanzierungsoption, neun waren nicht von kommunaler sondern eher privater Bedeutung. Übrig blieben 78 Projektideen, die von der Steuerungsgruppe auf 45 Stück zusammengefasst wurden, neun davon wurden als Leitprojekte definiert. Leitprojekte sind „Projekte mit besonderer Strahlkraft und Bedeutung“, erklärte Stadtplaner Ingo Quaas. Also einfach Projekte, die für die gesamte Stadt, sprich für alle Stadtteile, eine besondere Bedeutung haben.

Die Leitprojekte im Überblick:

Das Hofgut Angenrod – Umbaukonzeption: Wohnen im Alter

Multifunktionshalle Leusel – Versammlungsraum für über 200 Personen

Kinder- und Jugendbeteiligung – Etablierung, Ausbau und Verstätigung

Verkehr und Mobiliät – integrierter Verkehrsentwicklungsplan Alsfeld

Wohnmobilstellplatz Alsfeld – Aufwertung, Ausbau und Marketing

Rad- und Wanderwege – Kommunales Rad- und Wanderwegekonzept

Gewässerausbau und Hochwasserschutz – Analyse und Umsetzungsstrategie

Biodiversität und Dorfökologie – Leitfaden für ökologische Freiraumgestaltung

Erneuerbare Energien -Potenzialanalyse und Konzept

Das sind die neun Projektideen, die die Steuerungsgruppe (Vertreter der Bürgerschaft und Verwaltung und vom Planungsbüro) als Leitprojekte definiert hat. Wer jetzt denkt, dass diese Projekte nicht sehr konkret sind, der hat Recht. „Wir befinden uns immer noch auf der theoretischen beziehungsweise kreativen Ebene“, erklärt Martin Schultheis vom Amt für Bauen und Liegenschaften. Nächstes Jahr gehe es nämlich erst in die Förderphase. Auch dem Stadtplaner Ingo Quaas ist bewusst, dass es sich bei den Leitprojekten größtenteils um Konzepte handelt. „Man muss aber auch erst Schritt eins gehen bevor man den zweiten Schritt wagt“, erklärt er. Die genauen Konzepte würden noch in diesem Jahr ausgearbeitet werden – auch für die Projekte, die nicht als Leitprojekte definiert wurden.

Stadtplaner Ingo Quaas.

Rad- und Wanderwegekonzept hoch im Kurs

Die meisten Klebe-Punkte hat das Rad- und Wanderwegekonzept „rund um Alsfeld“ bekommen. In dem Konzept geht grob gesagt darum, direkte Wegeverbindungen zwischen den Ortsteilen und Alsfeld zu schaffen, sei es für Alltagswege oder für die touristische Nutzung, inklusive der Ausstattung mit Rastplätzen, Infotafeln oder Blühstreifen. Den „zweiten Platz“ belegte das Hofgut, das potentielle „LuWiA“ in Angenrod. Aber auch das Konzept zum Gewässerausbau/Hochwasserschutz und den Aspekt Kinder- und Jugendbeteiligung empfand man als wichtig, wenn man nach den Klebe-Punkten geht.

Aber nicht nur die Leitprojekte sollten nach ihrer Priorität beurteilt werden, sondern auch die 36 weiteren Ideen. Diese weiteren Projekte drehten sich zum Großteil um die Dorfgemeinschaftshäuser, Grillhütten oder Ortsmitten der einzelnen Stadtteile. Modernisierung, Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Erneuerung, Aufwertung, Treffpunkt, Umnutzung – das sind nur einige Stichpunkte, die die übrigen Projektideen beschreiben.

Rund 50 Minuten hatten die Interessierten zeigt, Fragen zu stellen, zu diskutieren und ihre Prioritäten zu setzen.

Die meisten Stimmen hat das Projekt „Multifunktionshalle in Eifa“ bekommen. In dem Projekt geht es darum, ein Multifunktionsgebäude zu schaffen, das sich zum bestehenden Back- und Kelterhaus sowie der Sporthalle mit Sportplatz gesellen soll. Hauptnutzer soll die Freiwillige Feuerwehr Eifa sein. Das alte Feuerwehrgerätehaus entspreche nicht mehr den feuerwehrtechnischen Anforderungen und auch der Versammlungsraum in der „neuen“ Schule ist nicht barrierefrei, Wasser-, Heizungs- und Stromanschluss veraltet und marode. Deshalb soll eine Multifunktionshalle geschaffen werden, in dem das Feuerwehrgerätehaus integriert ist und die für diverse Veranstaltungen genutzt werden kann.

Fragwürdiges Bewertungssystem

Platz zwei belegte die Dorfmitte und das Haus der Generationen in Berfa, Platz drei die kommunale Mitfahrzentrale, eine digitale Plattform zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Kernstadt. Diese Platzierungen haben allerdings keinen Einfluss auf die grundsätzliche Entscheidung, erklärte Ulrike Jurrack vom Planungsbüro. Ein Mann merkte nämlich an, dass diese Bewertung ziemlich fragwürdig sei. Die Chancen stünden für größere Ortsteile, die mit vielen Leuten vor Ort sind, besser. „Wir sind aus Billertshausen nur zu dritt da, wir haben nur wenig Chancen“, sagte der Mann. Jurrack verstand den Einwand des Billertshäusers, stimmte zu, dass bei dem Bewertungssystem natürlich keine repräsentative Aussage heraus komme.

Es gehe an diesem Abend auch einfach darum, ein „Stimmungsbild“, eine „Handreiche“ für die weitere Auseinandersetzung mit den Projekten zu schaffen – um die kümmert sich jetzt nämlich das Planungsbüro Quaas. Die Aufgabe des Büros besteht jetzt darin, die Projekte in einem Zeit,- Kosten, – und Finanzierungsplan zu integrieren, damit anschließend die Stadtverordnetenversammlung über das IKEK als Grundlage für die Förderung der Dorfentwicklung abstimmen kann. Im Anschluss daran geht das Konzept an die Bewilligungsbehörde, die dann über die Förderung der Projekte entscheiden wird. Mit der Antragsstellung könne man voraussichtlich im Frühjahr 2020 beginnen. Bis zum 31. Dezember 2025 habe man dafür Zeit.

Förderung privater Maßnahmen

Nach der Vorstellung der Ergebnisse war der Abend aber noch nicht vorbei. Ein wichtiges Thema stand noch auf dem Programm – und zwar die Förderung und Umsetzung privater Maßnahmen, schließlich drehte sich bislang alles um kommunale Projekte. Die Förderung privater Maßnahmen stellten Jana Brittner und Michael Semmler vom Vogelsbergkreis vor. Nicht jede private Maßnahme könne eine Förderung bekommen.

Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Eine davon ist, dass das zu fördernde Objekt im Fördergebiet des jeweiligen Ortsteils liegen muss. Diese Fördergebiete wurden bereits erfasst. Im Großen und Ganzen handelt es sich dabei um die alten Ortskerne mit Gebäuden, die vor 1950 erbaut wurden. Eine Ausnahme bilden dabei Kulturdenkmäler. Darüber hinaus muss der Eigentümer mindestens 10.000 Euro Eigenanteil investieren. Besonders wichtig sei auch, dass die Arbeiten nicht vor der Bewilligung begonnen werden dürfen, denn sonst werde man von der Förderung ausgeschlossen.

Was die Förderkonditionen angeht, gebe es generell 35 Prozent bei einer maximalen Fördersumme von 45. 000 Euro. Für Kulturdenkmäler gebe es maximal 60.000 Euro und beim Umbau von Wirtschaftsgebäuden zu Wohnzwecken liege die Maximale Fördersumme von 200.000 Euro. Der Zuwendungsanteil werde anhand von Nettobeträgen ermittelt. Ausgezahlt werde die Förderung nach dem Abschluss und der Abrechnung der Maßnahme.

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